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Die Herrin der Kathedrale

Die Herrin der Kathedrale

Titel: Die Herrin der Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Beinert , Nadja
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recht!
    Inzwischen hatte auch Meister Tassilo die Burgherren entdeckt und kam auf sie zu. »Verehrter Markgraf, verehrter Graf Ekkehard«, grüßte er mit einer tiefen Verbeugung.
    »Meister Tassilo!« Ekkehard hatte seine Stimme wiedergefunden. »Wozu nur habt Ihr meine schutzlose Gattin verführt, während wir bei Bautzen unser Leben riskierten?« Verwundert hielt Tassilo inne.
    »Zu nichts, mein Gemahl«, kam Uta dem Meister zuvor. Ekkehard spuckte aus. »Sind Dreck und Männergewänder etwa nichts?«
    »Beruhige dich«, griff Hermann schlichtend ein, ritt dann einige Schritte in den Vorhof und rief von weitem begeistert:
    »Bruder, du musst dir unsere Baustelle ansehen. Die ersten Mauern des Ostchores stehen bereits fußhoch über der Erde! Sie haben viel geschafft.«
    Ekkehard rang sich ein müdes Lächeln ab.
    Hermann stieß wieder zur Gruppe. »Das enttäuschte Heer spricht von kaum etwas anderem, als endlich den heiligen Schleier und die ersten Mauern der Kathedrale zu sehen«, erklärte er. »Manche Kämpfer haben zuletzt von Träumen berichtet, in denen Plantilla ihnen erschienen war und mit ihrem Schleier die Augen der Gegner ausgebrannt und sie dadurch zurückgedrängt hat. Und jetzt, wo sich unsere Plantilla-Schwestern vor Ort der Verwundungen annehmen …«
    »Wenn ich einen Steinmetz hätte heiraten wollen«, unterbrach ihn Ekkehard, »hätte ich das getan, Hermann. Mich verlangt es nach einem Weib, das unserer Familie die Nachkommenschaft sichert!«
    Enttäuscht von seiner Reaktion, senkte Uta den Kopf.
    »Wir haben es geschafft, dass die Domherren die neu gebauten Steinhäuser bereits zu Himmelfahrt beziehen konnten. Seht dort«, versuchte nun auch Meister Tassilo zu besänftigen und zeigte zur Nordseite der Baustelle.
    Uta drehte sich ebenfalls um, spürte aber den missbilligenden Blick ihres Gatten auf sich gerichtet, der ihre Freude dämpfte.
    »Das ist eine sehr gute Nachricht, Meister«, verkündete Hermann. »Damit ist die Verlegung des Bischofssitzes nun auch in persona vollzogen.«
    »Ich möchte Euch in dieser Schürze nicht mehr sehen, Gattin«, begann Ekkehard in diesem Moment wieder und wandte sich an den Werkmeister. »Meister Tassilo, Ihr sorgt dafür, dass die Gräfin dem Bau zukünftig nicht mehr näher als dreißig Schritte kommt!«
    Tassilo stand regungslos da.
    »Aber …«, wollte Uta gerade aufbegehren, als Ekkehard ihr das Wort mit einer Handbewegung abschnitt. »Eure Unterstützung beschränkt sich von heute an auf organisatorische Tätigkeiten außerhalb der Baustelle!«
    »Bruder, überleg es dir noch einmal«, mahnte Hermann. »Wir wollen den Vater doch so schnell wie möglich umbetten.«
    »Hermann!«, fuhr Ekkehard auf, wie er es noch nie zuvor gegenüber seinem Bruder getan hatte. »Ich bin überzeugt, dass dem Vater mit einem Enkel mehr geholfen ist!«
    Uta erstarrte bei diesen Worten.
    »Und Ihr, Meister Tassilo, gebt dieses dreckige Teil hier einem der Steinmetze!«, sagte Ekkehard und zeigte auf Utas lederne Schürze. »Unter den Handwerkern gibt es sicherlich einen, der dafür eine angemessene Verwendung hat.«
    Ekkehard preschte über die Baustelle zur Hauptburg davon.
    »Unfruchtbares Weib!«, hörte ihn die Gruppe dabei noch sagen.
    Einem unermüdlichen Echo gleich trug der Wind seine Worte an Utas Ohren. Sie hatte Mühe, die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen. Mit zittrigen Händen löste sie die Schleife ihrer Schürze am Rücken.
    17  In Anlehnung an: Päpstliche Bulle von Johannes XIX., RI III,5,1 n. 108, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/regesten/3-5-1-papstregesten/nr/1028-12-00_1_0_3_5_1_108_108.html .
    18 Hier und im folgenden Text frei zitiert aus: I Kor. 11,29–32, in: Berger, Klaus (2002): Paulus, Verlag C. H. Beck, S. 107.
    19  260 Fuß entsprechen ca. 81 Metern, 13 Fuß entsprechen ca. 4 Metern.
    20  Frei zitiert aus: Marcus Vitruvius Pollio »Vitruv«: Zehn Bücher über Architektur, erschienen als Übersetzung 2009 im Marix Verlag, hier: 1. Buch, 1. Kapitel, S. 17.
    21  Frei zitiert aus: Marcus Vitruvius Pollio »Vitruv«: Zehn Bücher über Architektur, erschienen als Übersetzung 2009 im Marix Verlag, hier: 2. Buch, 9. Kapitel, S. 113.
    22  Frei zitiert mit Anpassungen aus: Marcus Vitruvius Pollio »Vitruv«: Zehn Bücher über Architektur, erschienen als Übersetzung 2009 im Marix Verlag, hier: 10. Buch, 2. Kapitel, S. 493.
    23  Ebda., zur besseren Lesbarkeit modifiziert, S. 493.

9. DER HEILIGE

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