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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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List und Tücke. Meiner Krone unwürdig.«
    Marocia wusste: Klare Worte zwischen zwei Herrschern waren absolut üblich – im Gegensatz zum Umgang der untergeordneten Diplomaten miteinander. Einen anderen von Gottes Gnaden gesalbten König für unwürdig zu erklären war jedoch der stärkste und persönlichste Vorwurf, den man machen konnte. Eigentlich hätte Marocia darüber ebenso empört sein müssen wie Hugo, aber sie ertappte sich dabei, wie sie den Ostfrankenherrscher innerlich in Schutz nahm. Kniffe, Lügen, Morde, im Grunde konnte ein Außenstehender nicht anders über Hugo und sie denken als so, wie sie selbst damals über Johannes und Theodora gedacht hatte, und dieser Gedanke erschreckte sie zutiefst.
    »Gierig!«, wetterte Hugo weiter. »Und das von einem Mann, der sich erst kürzlich ganz Lothringen unterworfen hat. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Soldaten in seinen Kriegen auf Wiesen und Feldern verrottet sind.«
    Marocia schickte den Stallburschen weg, der Hugos Pferd am Zügel hielt. Dann sah sie sich um. Der quadratische Palasthof war auf drei Seiten eingerahmt von einer Arkade aus dünnen byzantinischen Säulen, und nahezu an jeder lehnte ein Bediensteter, der aufmerksam dem Gespräch lauschte. Und auch aus den Dutzenden kleiner Fenster lugten Köpfe hervor. Marocia dämpfte ihre Stimme. »Er würde es vermutlich die einzig ehrenhafte Art nennen, ein Land in Besitz zu nehmen«, versuchte sie das Verhalten des Ostfranken zu erklären.
    »Ehrenhaft«, spie Hugo aus.
    »Ich weiß«, sagte Marocia, »du hasst dieses Wort, und ich gebe dir Recht, dass es ebenso missbraucht wird wie ‹heilig› oder ‹ritterlich›. Eines aber steht fest: Heinrich hat mit seinen Kriegen eine unglaubliche Autorität errungen. Die Herzogtümer haben sich ihm untergeordnet, sein Titel ist jetzt reale Macht. Überall beginnt man vom
regnum teutonicum
zu sprechen, von der deutschen Königsherrschaft, und von Heinrich als dem Begründer eines neuen geeinten Reiches. Seit Karl dem Großen gab es das nicht mehr.«
    Hugo begann, vor ihr auf und ab zu schreiten, wie ein gefangenes Tier. »Und genau das will ich auch. Ich brauche Hochburgund, um meinen Herrschaftsbereich nach Norden auszudehnen.«
    Marocia legte zum Zeichen, dass Hugo leiser sprechen sollte, ihren Zeigefinger auf die Lippen, und ihre Augen deuteten nach links und rechts, wo sich immer mehr Diener im Schatten der Arkaden versammelten. Das war nicht gut, denn jeder bedeutende Fürstenhof pflegte sich Informanten an den anderen Höfen zu halten.
    »An die Arbeit, faules Pack!«, rief Hugo. »Wir sind hier nicht im Zirkus.« Sofort geriet alles in Bewegung, die Köpfe verschwanden von den Fenstern, und der Hof war nach wenigen Lidschlägen wie leer gefegt.
    »Noch eine Krone, noch ein Titel?«, fragte Marocia, als sie niemanden mehr entdeckte. »Ich meine, wir haben mit der Regierung von Rom, Italien und Niederburgund vorerst genug zu tun. Und die Sache mit dem Kaisertitel wird auch noch Kraft kosten. Heinrich und der Westfrankenkönig werden kaum begeistert sein von . . .«
    »Wenn ich Hochburgund halte, dann regiere ich kein Land mehr, sondern fast schon ein Reich. Dann bin ich stark genug, ihnen allen zu trotzen.« Hugo bohrte seine linke Faust in die rechte Hand, so fest, dass Marocia die Knöchel knacken hörte. »Ich will Burgund, verstehst du, ich
will
es.«
    Marocia sah ihn an wie einen völlig Fremden. Er schien sich gar nicht mehr unter Kontrolle zu haben, redete wie im Fieber, träumte vermutlich schon von viel mehr als nur Hochburgund. Was sie selbst anging, kannte sie diesen Traum vom neuen, abendländischen Reich natürlich ebenfalls, doch das Leben hatte sie auch gelehrt, die Dinge realistisch zu sehen. Pater Bernard hatte ihr einmal gesagt, dass ein altes Reich, so morsch es auch ist, erst dann zugrunde geht, wenn sich ein entstehendes in jeder Hinsicht als stärker erweist. Und Italien konnte, auch zusammen mit Burgund, dem Byzantinischen Imperium auf Dauer nicht erfolgreich die Stirn bieten. Da waren andere, ungewöhnliche Allianzen nötig . . .
    Sie legte Hugo beruhigend die Hand auf die Schulter, streichelte seine Wange. Doch obwohl ihr Geliebter sie ansah, schien es, als blicke er durch sie hindurch. Es war, als wolle er davonfliegen und sie auf dem Erdboden zurücklassen.
    »Lass uns hineingehen«, schlug Marocia vor, »und dort noch einmal in Ruhe über alles reden.«
    Hugo blickte sie erstaunt an. »Aber das geht nicht. Ich reite sofort

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