Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
verwirrendsten Gefühle in ihr hoch.
    »Was . . . was führt dich nach Rom?«
    »Eine Familienangelegenheit«, sagte er nur.
    Sie hatte gehört, dass seine Gemahlin vor wenigen Wochen verstorben war, und vermutlich ließ er in einer der bedeutenden Kirchen vom Papst eine Messe für sie lesen. Aber es schien ihr nicht angebracht, darauf einzugehen, und so standen sie einander gegenüber und brachten kein Wort heraus. Marocia spielte mit den Armringen, Lando mit dem Knauf des Schwertes. Verlegen senkte er schließlich den Kopf.
    »Ja, also dann, Euer Gnaden. Ich wollte Euch nur meine Aufwartung machen.«
    Sie wollte nicht, dass er schon ging. »Bitte, lass diese Anrede weg. Wir sind doch unter uns.«
    Dieses Angebot ließ seine Hemmungen im Nu schwinden. Er lockerte seine Haltung und sagte: »Wollen wir einen Spaziergang machen?«
    Seine Augen schweiften zum Palatin, und ihre folgten.
    »Gerne«, antwortete sie und ergriff die dargebotene Hand.

    Seit Marocia als Kind hier spazieren geführt wurde, hatte der Palatin sich nicht verändert. Noch immer bedeckte eine weite Blumenwiese den Hügel, nur unterbrochen von gelegentlichen Mauerresten der untergegangenen antiken Welt. Weiße und gelbe Schmetterlinge zappelten zu Hunderten in der Luft. Marocia atmete den Duft der wilden Blüten ein, und am liebsten wäre sie über die Wiese gehüpft, wie sie es als Mädchen an Sergius’ und Egidias Seite getan hatte. Für einen Moment war sie in Versuchung, genau das zu tun. Sie sah Lando mit glitzernden Augen an und raffte den Saum ihres dunkelroten, feierlichen Gewandes ein Stück hoch, aber im letzten Augenblick hinderte sie sich selbst daran. Es mochte das Alter sein, dachte sie enttäuscht von sich selbst, oder auch das Gefühl, unangemessen zu handeln, wenn sie ihren Neigungen hier freien Lauf ließe. Also beschränkte sie sich darauf, dann und wann eine der Kornblumen zu pflücken und in ihrer Hand einen kleinen bunten Strauß zu gestalten.
    »Äh«, spie Lando angeekelt aus und schleuderte seinen Hut ins hohe Gras. »Bin ich froh, dass ich den hier oben nicht mehr brauche. Die Dinger kratzen nur, und man sieht damit aus wie ein Wiedehopf.«
    Marocia lachte und blickte Lando vergnügt und musternd zugleich an. Seine schwarzen Locken fielen ihm nun locker in die Stirn und tanzten dort bei jedem Schritt und jedem Lufthauch hin und her. Er hatte Recht: Äußerliche Würden passten tatsächlich nicht zu ihm. Sergius hatte Lando einmal als Rebell bezeichnet, und das traf im Grunde auch heute noch auf ihn zu. Je länger Marocia ihn betrachtete, desto mehr erinnerte er sie an den Mann, den sie früher gekannt hatte – und geliebt.
    »Als wir jung waren«, fügte Lando hinzu, »haben wir solches Zeug nicht gebraucht. Warum heute?«
    »Wir sind reifer geworden.«
    »Wir sind steifer geworden«, parierte er. »Und damit meine ich nicht unseren Rücken. Der ist noch vollkommen jung und biegsam.«
    Sie waren an einer Ruine im Schatten der Bäume angekommen. Die Mauer war brusthoch und an den meisten Stellen von Efeu überwachsen. Dunkelgrünes Moos wuchs in den Ritzen und verbreitete einen angenehmen, erdigen Geruch. Lando genügte ein kleiner Sprung, und schon saß er mit schwingenden Beinen auf der Mauerkante. Marocia wollte es ihm gleichtun, aber sie hatte weniger Glück, und so stieg Lando wieder ab, griff sie fest an den Hüften und hievte sie hinauf.
    »Danke sehr«, nickte sie ihm artig wie ein Hoffräulein zu.
    »Immer zu Diensten, edle Dame«, antwortete er mit einer übertrieben eleganten Verbeugung und kletterte mit Hilfe von Marocias Hand ein zweites Mal auf die Mauer.
    Marocia fühlte den warmen Stein unter sich, blickte über die Wiese und gab sich für einen Moment ganz dem Gesumm der Sommerfliegen hin. Ein zufriedenes Lächeln huschte über ihre Mundwinkel. Einen Atemzug lang wünschte sie sich, diese Gegenwart möge niemals vergehen, möge sie immer ausfüllen, immer gleich bleiben. Das Leben mit all seinen Schwierigkeiten müsste vor dem Palatin enden, wünschte sie sich, die Titel, Kronen und vor allem das, was die Menschen »die Umstände« nannten, dürften hier keine Geltung haben. Doch sie wusste, dass es einen solchen Ort auf Erden nicht gab, ja dass nicht einmal die antiken Götter auf dem Olymp diese Seligkeit besessen hatten.
    »Du hörst wieder den Zikaden zu, nicht wahr?«, fragte Lando. »Ich habe deine Vorliebe für dieses Geräusch nicht vergessen.«
    Sie musste nur in seine Augen blicken, um zu

Weitere Kostenlose Bücher