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Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste

Titel: Die Herrin der Päpste - Walz, E: Herrin der Päpste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ich’s doch«, begrüßte Crescentius die beiden. »Auf die Gier einer kleinen römischen Ratte kann man sich immer noch verlassen. Ich habe das Gold allerdings schon für mich vorgesehen.«
    »Raus!«, schrie Octavian ihn an, aber das brachte Crescentius nur zum Lachen.
    »Du warst noch nie gut darin, Befehle zu geben, Kleiner. Das ist eher mein Metier. Bestimmt willst du dahin, wo auch mein Weg hinführt. Nach Byzanz. Dort sind wir willkommen und können in Ruhe die nächste Verschwörung gegen die Deutschen planen.«
    Octavian dachte nicht mehr daran, sich an irgendeinen sicheren Hof zu retten und sich weiterhin benutzen zu lassen. Ein kleines Landgut, wo er in Ruhe mit Ganymed leben konnte, das war alles, was er wollte. Wenn er dem Kaiser den Kirchenschatz ungeschmälert übergeben könnte, überlegte Octavian, fände er doch sicher Gnade.
    »Was du tust, ist mir gleichgültig«, warf er Crescentius entgegen. »Aber Ganymed, der Schatz und ich bleiben hier.«
    Crescentius packte ihn mit seinen kräftigen Armen an den Handgelenken, um ihn durch kräftiges Schütteln zur Räson zu bringen, aber der schmächtige Octavian konnte sich mit Hilfe Ganymeds losreißen und Crescentius einen Schlag ins Gesicht geben. »Du bist ein Versager«, rief Octavian, »und ich bin ein für allemal von dir frei.«
    Da zückte Crescentius einen Dolch und stach zu. Im letzten Moment jedoch warf sich Ganymed schützend vor seinen Geliebten und brach, tödlich getroffen, zusammen. Einen Moment lang starrten Octavian und Crescentius fassungslos auf den leblosen Körper zu ihren Füßen. Crescentius, aus seinem Jähzorn erwacht, fing sich jedoch schnell wieder. »Dieser Schwachkopf«, kommentierte er Ganymeds Tat. »Ich habe nicht gewollt, dass er . . .«
    Doch er konnte seinen Satz nicht vollenden, weil Octavian in rasendem Zorn auf ihn einschlug, derart ungebändigt, dass Crescentius sich nur durch einen weiteren Stoß mit seiner Waffe zu helfen wusste. Auch Octavian brach zusammen. Er hielt sich den Bauch, fiel auf die Knie und suchte, bleich und benommen, Ganymeds Körper. Als er ihn ein paar Schritte entfernt entdeckte, rutschte er mit letzter Kraft dorthin und ließ sich neben ihm fallen.

Neunter Teil
Der Garten der Erinnerung
Der 26. Dezember, Anno Domini 963
Die Kaiserin stand vor dem Feuer und schwieg noch lange, nachdem Marocia geendet hatte. Ihren Mantel und den Kragenpelz hatte sie in dem behaglichen Raum schon vor einer Weile abgelegt, nun reichte ihr das samtige silberfarbene Gewand aus, um sich warm zu fühlen. Ein Kelch besten gewürzten Glühweins tat ein Übriges. In kleinen Schlucken leerte sie das Gefäß und spielte anschließend damit in ihren Händen. Diese gedankenverlorene Geste stand in krassem Gegensatz zu ihrer scharfen Stimme, als sie endlich sagte: »Euer Enkel war unwürdig, ein Sodomit. Im Alten Testament steht geschrieben, dass diese Menschen dem Herrn ein Gräuel sind.«
    »Das ist wahr«, bestätigte Marocia. »Dort steht aber auch, dass Väter ihre Töchter in die Sklaverei verkaufen dürfen, dass bei Todesstrafe nicht an Samstagen gearbeitet werden darf und dass die Kleider der Frauen nicht aus zwei verschiedenen Stoffen bestehen dürfen. Nun, Majestät, gibt es im Reich nicht Gesetze gegen väterliche Willkür? Diktiert Ihr Euren Schreibern nicht auch an Samstagen Briefe, und besteht dieser Pelz dort nicht aus einem anderen Stoff als der Umhang?«
    Adelheid holte tief Luft, doch außer einem knappen Seufzer brachte sie nichts hervor.
    »Ich habe die Erfahrung gemacht«, fuhr Marocia fort, »dass es keine unabänderlichen Gesetze auf dieser Welt gibt. Was heute noch gilt, kann schon in wenigen Jahren vergessen sein.«
    »Liudprand hatte Recht«, sagte die Kaiserin. »Ihr seid eine gute Rhetorikerin.« Sie stellte ihren Kelch ab und sah Marocia dabei zu, wie sie damit zum Kamin ging, ihn mit einer Kelle wieder auffüllte und ihr reichte. Dankbar legte sie ihre Hände um das erwärmte, fast heiße Metall. Seit sie den Raum betreten hatte, war sie auf ihren Füßen geblieben, doch jetzt ließ sie sich fast erleichtert auf den Diwan fallen. »Aber der Hochverrat bleibt. Um den kommt Ihr nicht herum.«
    »Mir ging es nicht um eine Verteidigung, Majestät, sondern um eine Erklärung. Was ich tat, würde ich wieder tun, auch, wenn ich wüsste, dass es vergeblich wäre.«
    Adelheid blickte tief in die sämige rote Flüssigkeit des Kelches. »Und Crescentius? Rechtfertigt Ihr auch seine Taten?« Nachdem sie

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