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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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unfarbigen Worten, welches Schicksal Frauen am Ende ihrer Kindheit ereilt. Er nahm mir die Angst vor dem Verbluten. Was er mir nicht nehmen konnte, war der Hass auf meinen Vater, der mich auf diese Veränderung in meinem Leben nicht vorbereitet hatte.
     
     
    Im Frühsommer, zur Zeit der Getreideernte, gestand ich meinem Vater, dass ich mich bereits vier Jahre zuvor für die Aufnahme in der Tempelschule in Mempi beworben hatte, und zeigte ihm die Zusage des Priesters Sethi.
    Im zehnten Regierungsjahr des Seneferu, wenige Tage nachdem ich vierzehn Jahre alt geworden war, gab er endgültig auf.
     
     
    Macht entsteht aus Ohnmacht und dem unbeugsamen Willen, nicht aufzugeben. Für mich war die Barkenfahrt ein Triumphzug, für meinen Vater, der den Aufenthalt in Mempi mit einem Besuch auf der Baustelle des neuen Atum-Tempels verband, schien sie eine Niederlage zu sein. Die Fahrt stromabwärts dauerte bei leichtem Gegenwind weniger als einen Tag. Während ich ungeduldig am Bug saß, ging meinem Vater selbst das noch viel zu schnell. Wie für ihn meine ganze Kindheit zu schnell vergangen war.
    Ich kauerte auf meinem Sack, in dem ich alle meine Sachen verstaut hatte. Ich besaß einen Pinsel und einen Tintenstein, drei Kleider und einen Leinenschurz, ein paar alte Sandalen, einen Kamm und einige Kupferbarren. Mein Vater hatte mir noch heimlich drei Goldringe ins Gepäck gesteckt. Aber ich tat so, als hätte ich es nicht bemerkt. Denn dann hätte ich mich bei ihm bedanken müssen.
     
     
    Am frühen Abend kamen wir in der Alten Hauptstadt an. Wir gingen von Bord und mein Vater brachte mich zum Haus des Ptah. Ich wurde erwartet, weil ich meine Anreise durch einen Brief angekündigt hatte.
    Mein Vater stellte meinen Sack auf den Boden und siegelte den Ausbildungsvertrag mit dem Tempel.
    »Können wir den Abend zusammen verbringen, bevor ich morgen wieder nach Pihuni zurückkehre?«, fragte er. In seinen Augen sah ich den Wunsch nach Versöhnung.
    »Vater, wir haben seit Monden keinen einzigen Abend zusammen verbracht. Ich wüsste nicht, was wir heute Abend tun sollten.«
    »Wir könnten uns unterhalten.«
    »Worüber?« Meine Wortwahl war sicherlich nicht ermutigend.
    »Über uns.«
    »Ich wüsste nicht, was es da zu besprechen gäbe. Es ist alles gesagt.«
    Warum bloß hatte ich so heftig reagiert? Ich sah sein betretenes Gesicht: Er tat mir Leid. Als ich die Hand heben wollte, um ihm wie früher zärtlich über die Wange zu streichen und mich bei ihm zu entschuldigen, drehte er sich abrupt um und verschwand.
    Allein stand ich mit meinem Sack im Büro des Tempelschreibers.
    Mein Vater kehrte zu seiner Pyramide zurück.
     
     

Djedef
    Das Bildnis war ihm so ähnlich, dass ich für einen Augenblick vergaß, dass eine Figur aus Stein vor mir stand. Die Statue aus Diorit war nicht bemalt, aber das Gesicht war so lebendig, das Strahlen in seinen Augen durch den polierten schwarzen Stein so geschickt wiedergegeben und das feine Lächeln so gut getroffen, dass ich sein Ka in der Statue vermutete. Eine Weile stand ich und starrte ihn an. Dann küsste ich seine lächelnden Lippen.
    »Das Volk liebt den Gott Seneferu!« Ich fuhr herum. Hinter mir stand ein Priester des Ptah mit langem Leinenschurz. »Du aber scheinst dich in den Menschen Seneferu verliebt zu haben. Ich werde dir ein Geheimnis verraten: Es gibt keinen Menschen im Königsornat.« Der Priester deutete auf die Reihe der Königsstatuen in der Großen Halle des Tempels. »Sie alle waren keine Menschen. Meni hat das Undenkbare zu Ende gedacht und das Obere und Untere Land vereinigt. Djoser hat das Unsichtbare sichtbar gemacht, als er die Strahlen des Re in die Form einer Pyramide einschloss. Seneferu Nebmaat ist der Herr der Weltordnung. Er darf kein Mensch sein, selbst wenn er es wollte.«
    Der kahlgeschorene Priester, der sich mir als Sethi vorstellte, trug die traditionelle Amtstracht der Ptah-Diener mit aus Leinen gefaltetem Schurz und einem Pantherfell über der Schulter. Er hatte sich in die Würde seines Priesteramtes gewickelt wie in ein Leinentuch. Aber schützte sie ihn wirklich vor dem Gefühl der Einsamkeit?
    Der Tempel des Gottes Ptah war ein Abbild der Natur des Landes. Aus dem fruchtbaren Land wuchsen die bunt bemalten Säulen der Lotus- oder Papyrusstängel in den Himmel hinauf, der mit Sternen auf dunkelblauem Grund bemalt war. Die Mauern mit Reliefs in Form von Schilfmatten symbolisierten die Schilfhütten des Sumpfgebietes, das hier in Mempi

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