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Die Herrin der Pyramiden

Die Herrin der Pyramiden

Titel: Die Herrin der Pyramiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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verzichte ich auf Perücken.«
    »Das ist völlig unmöglich.« Damit hatte sie ihr Urteil gefällt.
    Obwohl sie zwei weitere Versuche machte, mich davon zu überzeugen, mir den Kopf zu rasieren, damit das Tragen der falschen Haare für mich angenehmer würde, lehnte ich ihren Vorschlag ab. Ich war stolz auf meine langen Haare und gab keinen Fingerbreit davon her.
    Erst beim Frühstück sah ich Rahotep wieder. Ich hatte bereits begonnen, das gegrillte Lamm und das Fladenbrot zu verspeisen, das mir gereicht wurde, als Rahotep und sein Adjutant Ti auftauchten. Ich hatte nicht gewusst, dass Ti an Bord der
Udjat
war!
     
     
    Nach dem Frühstück ging die königliche Familie an Land, um die Morgenriten im Tempel von Iunu zu feiern. Seneferu, der im Königsornat dem Sonnengott huldigte, führte zusammen mit dem Hohepriester Api die Riten durch, assistiert von Rahotep, der den Vierten Priestergrad des Re erreicht hatte.
    Nach den Morgenriten fragte ich Thotmes, wie lange der Aufenthalt der Herrscherfamilie in Iunu geplant war. Der Zeremonienmeister teilte mir mit, dass der Herrscher die Stadt besuchen wollte, um dem Zweck der jährlichen Horusfahrt, der Steuerfestsetzung und Rechtsprechung, nachzukommen. Der Aufenthalt in Iunu würde sich jedoch auf einen oder zwei Tage beschränken.
    Da ich keinen offiziellen Rang innerhalb der königlichen Familie innehatte und daher auch keine Aufgaben, die ich erfüllen musste, erbat ich mir vom Kommandanten der Leibwache des Königs zwei Bewaffnete, die mich auf meinem Rundgang durch die Tempel von Iunu begleiten sollten. Eingedenk der Worte der Königinmutter Meresankh vermied ich es, mich ohne Begleitung zu bewegen.
    Nachdem der Herrscher, die Königin und die Prinzen Rahotep, Aserkaf und Khufu den Tempel verlassen hatten, streifte ich mit meiner Begleitung durch den Tempelbezirk. Ich war überrascht, wie groß die Anlage war.
    Die Stadt Iunu hatte zehn Tempel, die aber alle untereinander verbunden waren. Alle waren für den Sonnengott Re und seine falkenköpfige Inkarnation Re-Horakhet errichtet worden, aber jeder der Tempel hatte auch Kapellen für die anderen Götter.
    Die Tempelschule von Iunu war die größte in Kemet. Über vierhundert Schüler wurden in jedem Jahrgang unterrichtet und der Abschluss von Iunu galt als die höchste Auszeichnung und eine Garantie für eine Beschäftigung in den oberen Hierarchien des Staates: Iunu war das geistige und geistliche Zentrum des Landes Kemet.
    Es gab so viel zu sehen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wie schnell der Tag vergangen war, als einer meiner Begleiter meldete: »Der König ist zurückgekehrt!«
    Rahotep war bereits in seiner Kabine verschwunden, um sich für das Abendessen umzukleiden, als ich die
Udjat
erreichte. Auch Khufu und Aserkaf waren mit ihrem Vater aus der Stadt zurückgekehrt. Aserkaf wohnte mit der Königinmutter Meresankh, die ihren Sohn Seneferu auf seiner Horusfahrt begleitete, auf der
Ankh
.
    Zum Abendessen an Bord der Sonnenbarke erschien Rahotep in Begleitung von Ti, dessen Rolle in diesem Mysterienspiel mir langsam merkwürdig vorkam, während ich entgegen dem Zeremoniell allein von der
Udjat
zur
Re
hinüberging. Nur der Königinmutter Meresankh schien aufzufallen, dass Rahotep und ich getrennt zum Abendessen erschienen.
    Die Nacht verbrachte ich wieder allein in meiner Kabine. Die Geräusche in der Nachbarkabine und meine eigenen Tränen wiegten mich in den Schlaf.
     
     
    Am nächsten Morgen kehrten Seneferu und seine Söhne in die Stadt Iunu zurück, und ich wollte meinen Verlobten begleiten. Rahotep hatte seinen Wagen bereits bestiegen und die Zügel ergriffen, als ich Ti herannahen sah. Mit einigen schnellen Schritten kam ich ihm zuvor. »Ich begleite Rahotep heute.«
    Ti sah mich erstaunt an und wusste offensichtlich nicht, wie er reagieren sollte. Als Rahoteps Adjutant wäre es seine Aufgabe gewesen, den Wagen des Prinzen in die Stadt zu lenken.
    »Ist schon gut, Ti. Nefrit begleitet mich. Bitte Aserkaf, dass er dich mitnimmt.« Rahoteps Klärung der Situation hätte nicht kürzer sein können. Und nicht unhöflicher mir gegenüber. Er würdigte mich keines Blickes, als er seinen Wagen hinter den seines Vaters steuerte und die Pferde zu einer schnellen Gangart antrieb.
    »Ist es dir nicht recht, wenn ich dich begleite?«, fragte ich.
    »Du hättest das mit mir besprechen können!«
    »Wann hätte ich das tun sollen, Rahotep? Du bist für mich nicht zu sprechen. Weder gestern Abend noch heute

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