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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Konferenz hoher Ratgeber im Palast zurückkehrten. Ich konnte das leise Plätschern des Wassers hören, wo sich der dunkelgoldene Schein auf dem gekräuselten Wasser neben vertäuten Booten spiegelte, und die gedämpften Stimmen der Ruderer, mit denen sie bemannt waren.
    Nichts hatte sich verändert. Es war, als stünde ich hier vor siebzehn Jahren, prächtig angetan in gelbem Leinen und Gold, das Haar mit Silberfäden durchflochten, die hennarote Hand herrisch erhoben, um meine Sänfte anzufordern, während Disenk hinter mir stand, meinen bestickten Umhang über einem Arm und einen Kosmetikkasten unter den anderen geklemmt, damit sie das Khol um meine Augen oder den blauen Lidschatten erneuern konnte, falls ich während des Abends wenig vornehm schwitzen sollte. Da überfiel mich eine Sehnsucht, die fast Heimweh war, genau in dem Augenblick, als mich der Soldat beim Handgelenk packte und ich mir vorstellte, wie sich mein anderes Ich, diese geisterhafte Vision von Jugend und Macht und Schönheit, umdrehte und mich abfällig und hochfahrend anlächelte. Ich ließ mich von dem Soldaten abführen.
    Ich wußte schon, wohin es ging. Ein breiter gepflasterter Weg führte zu den aufragenden, angestrahlten Säulen, unter denen es von königlichen Soldaten und Dienern wimmelte, doch ehe wir sie erreichten, teilte sich der Weg. Die rechte Abzweigung lief auf die Pforte zu, die sich zu den Palastgärten und den Säulen des Bankettsaals hin öffnete und zum etwas entfernter gelegenen Arbeitszimmer des Pharaos führte.
    Mein Häscher zog mich den linken Weg entlang. Der wand sich durch weitere, üppig grüne Rasenflächen, und ich erhaschte einen Blick auf den Teich, in dem Hunro und ich jeden Morgen geschwommen hatten, nachdem ich die Leibesübungen gemacht hatte, während Hunro neben mir tanzte. Erhitzt und zerzaust, lachend und neu belebt rannten wir dann um die Wette durch das Haremstor, über das Gras und sprangen mit einem Kopfsprung in das saubere, kühle Wasser. An ebendiesem Tor ließ mein Häscher mein Handgelenk los, klopfte zweimal und ließ mich stehen. Doch ehe ich mich gefaßt und die heimtückischen Trugbilder, die mich ungebeten umgaukelten, verscheucht hatte, öffnete sich das Tor und ich wurde hineingezogen.
    Der Mann, der jetzt das Tor hinter mir schloß, war in die knöchellange, fließende Robe eines Haushofmeisters gekleidet. Neben ihm stand ein Junge, der mich mit unverhohlener Neugier musterte und eine Fackel hochhielt, so daß deren Schein auf den goldenen Armbändern des Haushofmeisters glitzerte, während er mich anblickte und mir winkte. Er stellte sich nicht vor. Warum auch? dachte ich bei mir, während ich hinter ihm und dem Sklaven hertrabte. Ich bin weniger als ein Nichts, eine Bäuerin, die in die Küche oder Wäscherei gebracht wird, wo sie einen Schurz und einen Strohsack bekommt, ehe man sie dem Vergessen anheim gibt.
    Beim Gehen konnte ich nur wenig erkennen, doch ich wußte, woran wir vorbeigingen. Rechter Hand kamen weitere Bäume und ein mit Büschen bestandener Rasen, ein Teich mit Seerosen und Lotos und dann im rechten Winkel zu dem schmalen Weg, den meine Füße bereits wiedererkannten, eine Mauer aus Lehmziegeln mit einer Außentreppe, die zum Dach der Königinnengemächer führte. Da begannen ja auch die beiden hohen Mauern, die mich einengten, mir die Brust zusammenschnürten, denn die Mauer zu meiner Linken zog sich sehr lang hin, ehe sie hinter der gesamten Breite der Haremsgebäude endete, die andere zu meiner Rechten schützte den Palast selbst. Ich rang nach Luft, obwohl ich wußte, es waren nur Erinnerungen, die mich zu ersticken drohten, und trabte unverdrossen hinter der auf- und abhüpfenden Fackel her.
    Der Harem war in vier riesengroßen Gevierten angelegt, zwischen denen schmale Gassen verliefen. Jedes Geviert hatte in der Mitte einen offenen Hof mit Rasen und Springbrunnen, und rings um jeden Hof zogen sich eingeschossige Gebäude mit Zellen für die Frauen. Ganz hinten kam das Geviert, das den königlichen Kindern vorbehalten war. Wir waren bereits am ersten Geviert vorbei, einem schwer bewachten und stillen Bezirk für die Königinnen. Das zweite und dritte war voller Nebenfrauen. Vor dem Eingang zum zweiten blieb der Haushofmeister stehen und rauschte hindurch. Ich zögerte, da ich nicht wußte, ob ich ihm nun folgen sollte oder nicht, denn gewißlich hatte man ihm befohlen, mich unverzüglich in den Dienstbotenquartieren hinter dem königlichen Kinderhaus

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