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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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meinem Traum verfolgt. Von Takhuru hörte ich auch nichts. Doch meine Stimmung hatte sich verändert, ich war nicht mehr erregt, sondern geduldig und zuversichtlich. Hilflos fühlte ich mich auch nicht mehr. Ich betete weiterhin zu meinem Schutzgott und überlegte kurz, ob ich meine tote Mutter einfach ansprechen sollte, wenn ich schweißnaß und keuchend aufwachte, doch ich hatte Angst, ausgerechnet über diesen Abgrund zu springen. Es wurde behauptet, daß die Toten einem nichts antun konnten, es sei denn die Lebenden forderten sie dazu auf, indem sie ihren Namen riefen oder mit ihnen redeten, und ich wußte nicht, ob die Besitzerin der Hand es gut oder schlecht mit mir meinte.
    Am fünften Tag traf eine knappe Botschaft vom Seher ein. „An Kamen, Offizier des Königs“, lautete sie. „Stelle dich morgen eine Stunde vor Sonnenuntergang vor meiner Tür ein.“ Unterzeichnet war sie nicht. Der Papyrus, auf dem sie geschrieben stand, war einfach, aber fachkundig zubereitet, die Oberfläche fühlte sich glatt an, und der Schreiber hatte eine vorzügliche Handschrift.
    Ich versteckte die Rolle unter den Schurzen in meiner Truhe und sah mein Geschmeide durch, überlegte, was davon ein angemessenes Geschenk für den Seher sein mochte. Was bekam er von Prinzen und Edelleuten, für die er in die Zukunft blickte? Er mußte Truhen voller kostbarer Schmuckstücke besitzen. Ich wollte ihm etwas schenken, was niemand je gesehen hatte. Dann berührten meine Hände einen Ebenholzkasten, ich zog ihn ehrfürchtig hervor und klappte den Deckel auf. Da lag der Dolch, den mir mein Vater geschenkt hatte, als ich in die Militärakademie aufgenommen wurde. Das Geschenk war Ausdruck seiner selbstlosen Liebe, wenn man bedachte, daß er so viel gegen den Soldatenberuf hatte, und mir stieg ein Kloß in die Kehle, als ich den Dolch herausnahm. Zum Gebrauch war er nicht bestimmt, denn es war ein Zierdolch, etwas für einen Kenner, und er hatte ihn einem libyschen Stammesangehörigen abgekauft. Die geschwungene, gezackte Klinge war gefährlich anzusehen, der Griff aus ziseliertem Silber und mit milchiggrünen Mondsteinen besetzt. Er ging mir über alles, war das Schönste, was mein Vater mir je geschenkt hatte, aber im tiefsten Herzensgrund wußte ich, daß gerade er dem geheimnisvollen Mann gefallen würde, der mir von meiner Herkunft erzählen konnte. Ich legte ihn vor Wepwawet und packte das andere Geschmeide wieder ein.
    In dieser Nacht träumte ich nicht und wachte mit einer gewissen Vorfreude auf. Auf dem Weg zum Haus des Generals durchquerte ich unsere noch dunkle Eingangshalle, und da wartete der Karawanenführer meines Vaters und bot mir einen knappen Morgengruß. Er hockte vor dem Arbeitszimmer seines Arbeitgebers, ein schwarzes Gesicht über einem Bündel aus grobem, braunem Leinen, und bei seinem Weg über die Fliesen hatte er kleine Häufchen feinen Sand hinterlassen. Ich erwiderte seinen Gruß, hörte hinter der geschlossenen Tür zum Arbeitszimmer Stimmengemurmel, meinen Vater und noch jemanden, und mutmaßte, daß entweder eine Karawane gerade zurückgekehrt war oder aufbrechen wollte. Ob mein Vater sie wohl begleiten würde, da die übrige Familie noch in Fayum war? Bei dem Gedanken atmete ich etwas auf. Ich war so vollauf vertieft in die Rätsel meines Lebens, daß es mich störte, wenn ich mich mit Menschen und Haushaltsereignissen befassen mußte.
    Nicht anders erging es mir mit meinen täglichen Pflichten. Ich langweilte mich, wenn ich stundenlang vor der Tür des Generals stand, und seine Besucher fand ich auch nicht mehr interessant. Ich zog die Nachtwachen vor, denn dann konnte ich seine Gemächer in aller Ruhe patrouillieren, doch ich hatte kürzlich die Nachtschicht beendet und war nun untertags mit Wacheschieben an der Reihe. Als ich an diesem Tag das Gewicht von einem Fuß auf den anderen verlagerte und sich das Schwert an meiner Seite schwerer als üblich anfühlte, fragte ich mich, ob der Traum mich auch heimgesucht hätte, wenn ich am helllichten Tag hätte schlafen können.
    Doch auch diese Zeit verging, und endlich lief ich durch meinen Garten und wollte baden und etwas essen, ehe ich mich zum Haus des Sehers aufmachte. Als ich die Treppe hochrannte, ging die Tür zum Arbeitszimmer meines Vaters auf, und er rief nach mir.
    „Kamen, warte einen Augenblick.“ Ich drehte mich um. Da stand er und blickte zu mir hoch, trug weiter nichts als einen schenkellangen Schurz und ein ärmelloses Hemd, seine Füße waren

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