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Die Herrin Thu

Die Herrin Thu

Titel: Die Herrin Thu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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beider Tod, falls dein Argwohn berechtigt ist. Du mußt mir vertrauen. Hör zu. Wenn du mir den Dolch gibst, schwöre ich bei meinem Schutzgott Wepwawet, daß ich ihn brav und willig zurückgebe, falls sich herausstellt, daß der Mann auf deinem Boot nichts weiter tun will, als mich festzunehmen. Vertraust du diesem Schwur?“
    Bei ihren Worten sah ich vor meinem inneren Auge plötzlich die kleine Holzstatuette neben meinem Lager daheim, und mir fielen all die verzweifelten Gebete ein, die ich im Laufe der letzten furchtbaren Tage an den Gott gerichtet hatte. Sie beobachtete mich besorgt und mit leicht geöffnetem Mund, mit hängenden Armen, doch geballten Fäusten, und da lächelte ich, denn die lastende Unschlüssigkeit fiel mir wie ein Stein von der Seele. Es war, als wäre der Name des Gottes in diesem Augenblick zu einem Losungswort geworden, das uns gegenseitig Sicherheit gab, und als Antwort hakte ich die Scheide vom Gürtel und reichte ihr meine Waffe. Sie benahm sich wie ein Soldat, zog die Klinge heraus und prüfte sie sorgfältig, untersuchte die Schneide, ob sie auch scharf war, dann steckte sie den Dolch zurück in die Scheide. „Danke“, sagte sie schlicht. „Was tun wir nun? Ich denke, du führst ihn hierher, und ich beschatte euch beide auf dem Weg, ohne gesehen zu werden. Du bist doch meiner Meinung, daß er versuchen wird, dich zu töten, sowie du ihm mein Haus gezeigt hast. Während er sich darauf vorbereitet, dich hinterrücks zu erdolchen, schreie ich laut, und dann drehst du dich um und tötest statt dessen ihn.“ Ich dachte anders.
    „So läuft das nicht“, sagte ich. „Er braucht mich, damit ich dich zuverlässig identifiziere. Angenommen, ich zeige auf dein Haus, und er tötet mich, aber du bist nicht daheim? Du könntest doch die Nacht bei einer Freundin oder Verwandten verbringen? Wie will er dich dann finden? So jedenfalls denkt er. In jedem Fall bin ich tot, ehe ich mich umdrehen kann, falls er sich auf sein Geschäft versteht. Dieser Mann kann sich leise bewegen, und flink. Und selbst wenn ich mich noch umdrehen kann, ehe sein Messer in meinem Rücken steckt, weiß ich nicht recht, ich glaube nicht, ich habe noch nie Blut vergossen.“ Jetzt legte sie mir die Hand auf den Arm, warm und tröstlich.
    „Ich habe getötet“, sagte sie leise und drückte fester. „Zweimal. Man kann morden und trotzdem heil und ganz bleiben, doch die Reue hinterher kann einen an den Rand des Wahnsinns treiben. Laß dir von der Aussicht, daß du sein Blut vergießen mußt, nicht den Mut rauben. Er ist ein Tier, mehr nicht. Und er verspürt mit Sicherheit keinerlei Gewissensbisse, nachdem er dich getötet hat.“ Sie zog die Hand zurück, und wo sie gelegen hatte, fühlte sich meine Haut kalt an. „Wenn du dir ohne irgendeinen Zweifel sicher bist, daß er dich zu meiner Identifizierung braucht, dann wird er sich uns beiden am selben Ort und zur selben Zeit stellen müssen“, fuhr sie knapp fort, „aber das wird ihm ganz und gar nicht gefallen, sieh dich also vor! Er wird alles versuchen, uns im letzten Augenblick noch zu trennen. Mir scheint, wir müssen unsere Verteidigung dem Zufall überlassen und beten, daß du seine Gedankengänge richtig gedeutet hast“, schloß sie, beugte sich zu mir und hauchte mir einen Kuß auf die Wange, „und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, daß deine Heldentat nicht die letzte in deinem oder meinem Leben ist. Halte dein Schwert bereit und bete!“ Sie zog die Decke höher, blickte zum Himmel hoch, und dabei wurde ich mir jäh der verstreichenden Zeit bewußt.
    „Ich muß zum Boot zurück“, sagte ich dringlich, denn der Mond war untergegangen, und in der Luft lag schon ein ganz leiser Hauch von Morgendämmerung. „Schlaf nicht wieder ein!“ Sie nickte, und ich verließ sie im Laufschritt, hastete über den Sand, doch sie rief hinter mir her: „Wie heißt du?“
    „Kamen, ich bin Kamen“, antwortete ich ohne einen Blick zurück und tauchte im Schatten der Tempelmauer unter.
    Noch war nichts vom Sonnenaufgang zu sehen, als ich zu dem vertäuten Boot watete, doch ringsum erkannte ich seine ersten Anzeichen in der aufkommenden Brise und dem erwachenden Leben im Uferbewuchs. Ich zwang mich zur Ruhe, denn am liebsten wäre ich an Bord gestürmt, blieb knietief im Wasser stehen, drückte die Hände an die Bordwand und lauschte, ob ich in der Dunkelheit etwas Ungewöhnliches hörte. Doch alles war ruhig. Vorsichtig ergriff ich die Reling und zog mich

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