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Die Herrin von Avalon

Die Herrin von Avalon

Titel: Die Herrin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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sich sah, auf dem seine Eltern verbrannt waren. Tränen traten in seine Augen, denn er hatte bis jetzt das Ausmaß dieses Schicksalsschlags nicht erkannt. Caillean dagegen mußte von Anfang an die ganze Last des Wissens tragen.
    Auch diesmal verloren sie durch die Wut des Feuers alles.
    Der Ton war verklungen. Cailleans und Gawens Blicke trafen sich. Einen Augenblick lang schien sie nicht zu begreifen, warum er sich hier befand. Dann sah er am Ausdruck ihrer Augen, daß sie langsam in die Gegenwart zurückfand. In seiner Erinnerung blieb das, was dann geschah, ein Wunder, denn Caillean richtete sich plötzlich auf und gewann die überirdische Majestät der Hohepriesterin von Avalon zurück.
    »Herrin ... « Eilned ergriff das Wort für alle, die sich um Caillean drängten. »Was soll aus uns werden? Müssen wir nach Vernemeton zurückkehren?«
    Caillean drehte sich langsam nach allen Seiten. Auch die Druiden, sogar Cunomaglos, der auf die Insel gekommen war, um in der Einsamkeit ein beschauliches Lebensende zu finden, sahen sie erwartungsvoll an.
    »Wie immer ist jeder von euch frei, die Entscheidung selbst zu treffen. Deshalb frage ich euch, was wollt ihr tun?« Die Frage der Hohepriesterin klang wie eine Herausforderung.
    Über Eilneds Gesicht liefen Tränen. Sie sank schluchzend zu Boden. Zum ersten Mal hatte Gawen Mitleid mit ihr. »Herrin, sag uns, was wir tun sollen ... « flehte sie mit erstickter Stimme.
    »Ich kann euch nur sagen, was ich tun werde«, antwortete Caillean etwas sanfter. Sie holte tief Luft und blickte gefaßt auf das wütende Feuer. »Ich habe geschworen, auf dieser heiligen Insel einen Platz zu schaffen, der dem alten Wissen und der Göttin geweiht sein soll. Feuer kann nur das verbrennen, was dem menschlichen Auge sichtbar ist und was von Menschenhand geschaffen wurde. Die Kraft von Avalon, die Seele der Insel, ist unzerstörbar und bleibt durch alle Zeiten hinweg am Leben!« Sie sah Gawen direkt in die Augen. »Sie ist so unzerstörbar wie der Geist, der sich von einem Körper trennt, der auf dem Scheiterhaufen liegt. Ich sage euch, das wahre Avalon wird von der Welt der Menschen nicht berührt.« Sie machte eine Pause, als seien die Worte für sie ebenso überraschend wie für jene, zu denen sie sprach. »Hört auf euer Herz und entscheidet euch! Ich werde bleiben und so lange ich lebe an diesem heiligen Ort der Göttin dienen.«
    Gawen sah sich um. In den Augen aller erwachte neue Hoffnung. Die Priester und Priesterinnen faßten wieder Mut. Als Gawen Cailleans Blick auf sich gerichtet fühlte, stand er auf.
    »Ich bleibe«, erklärte er mit klarer Stimme.
    »Und ich auch ... « hörte er jemanden neben sich sagen.
    Gawen drehte sich um und sah, daß es Sianna war. Andere meldeten sich zu Wort und versprachen, die Häuser wieder aufzubauen. Doch Gawen reichte Sianna die Hand und drückte sie fest.

    Später stellte sich heraus, daß die Katastrophe nicht so unheilvoll war, wie es zunächst den Anschein hatte. Die Gebäude waren zwar verbrannt, aber die Flammen hatten die Vorräte in den Gruben unversehrt gelassen. Vater Joseph bot den älteren Druiden Unterkunft in seiner Kirche an. Die anderen wurden vorübergehend vom kleinen Volk aufgenommen. Ein paar kehrten zu ihren Familien zurück. Auch wenn nicht alle wiederkamen, als die neuen Gebäude am Fuß des Tors standen, so erschien der Verlust eher wie ein Gewinn.
    Cunomaglos gehörte zu denen, die nicht blieben. Er baute sich in den Hügeln eine Hütte. Und so geschah es, daß die Druiden, die den Untergang von Vernemeton überlebt hatten, keine Einwände erhoben, als Caillean für alle die Hohepriesterin und Herrin von Avalon wurde.
    Auch in der Welt draußen hatte es große Veränderungen gegeben. Trajan behauptete sich als Sieger in den Bürgerkriegen des Reichs und wurde zum Kaiser gekrönt.
    Gawen durfte nach dem großen Feuer ernsthaft darangehen, ein Barde zu werden. Er bemerkte, daß die seltsame Unsicherheit, die er immer in Cailleans Nähe empfunden hatte, verschwunden war. Er erwartete nicht mehr, in ihr eine Mutter zu finden. Außerdem wuchs er heran und stellte fest, daß es auch nicht mehr sein Wunsch war.
    Nachdem die Gemeinschaft von Avalon wieder zusammengefunden hatte, wollten ihr viele angehören. Caillean mußte sich den Neuankömmlingen widmen und hatte wenig Zeit für Gawen.
    Die Jungen und Mädchen, die als Zöglinge auf Avalon lebten, wurden von den Priestern und Priesterinnen getrennt unterrichtet. Aber bei

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