Die Herrin von Rosecliffe
können, Rosecliffe würde schon belagert, aber es war keine feindliche Armee, sondern nur der Winter, der die Festung in den Würgegriff genommen hatte.
Isolde saß mit einer Näharbeit in der großen Halle und versuchte, nicht an ihren Vater und Onkel zu denken, die wahrscheinlich trotz der Unwetter alles daransetzten, um Rosecliffe möglichst schnell zu erreichen. Sie machte sich große Sorgen, konnte ihnen aber natürlich in keiner Weise helfen. Hingegen stand es in ihrer Macht dafür zu sorgen, dass es den Menschen in Rosecliffe an nichts fehlte, dass sie es warm hatten und gut verpflegt wurden. Isolde wusste genau, dass sie damit im Sinne ihrer Eltern handelte, denen das Wohl aller Dienstboten, Handwerker, Arbeiter und Soldaten immer genauso am Herzen gelegen hatte wie das Wohl der eigenen Familie - ganz egal, ob es sich um Engländer oder Waliser handelte.
Seit Rhys sie aus dem Turmzimmer geholt hatte, übte Isolde wieder gewissenhaft alle Pflichten einer Burgherrin aus, so wie sie es von ihrer Mutter gelernt hatte. Weil Arbeiten im Freien wegen der Stürme fast unmöglich waren, galt es, andere Beschäftigungen für die vielen Leute zu finden. Zum Glück gab es in einer so großen Burg wie Rosecliffe immer genug zu tun: Möbel und Werkzeuge mussten repariert, Bettwäsche, Vorhänge und Kleider geflickt werden. Die große Halle glich einem geschäftigen Bienenstock, denn sie war der einzige wirklich warme Ort in der ganzen Festung und verwandelte sich deshalb tagsüber in eine Werkstatt nachts in einen Schlafsaal. Sogar Rhys' Soldaten waren aus der Kaserne hierher umgezogen.
Isolde erteilte Anweisungen, beantwortete Fragen und rührte selbst fleißig die Hände. Natürlich blieben Streitigkeiten in dem überfüllten Raum nicht aus, aber Rhys sorgte dafür, dass sie nicht in Prügeleien ausarteten. Seine Männer vertrieben sich die Zeit hauptsächlich mit Würfeln und Trinken, was sie sehr aggressiv machte, doch sie hatten großen Respekt vor ihrem Anführer und gehorchten ihm aufs Wort. Einerseits war Isolde heilfroh, dass Rhys sich ständig in der Halle aufhielt und für Disziplin sorgte, andererseits lenkte seine Gegenwart sie jedoch in beängstigendem Ausmaß von ihren Aufgaben ab. Er war immer irgendwo in Sichtweite, und sobald sie einen Blick in seine Richtung riskierte, schien er es zu spüren und schaute zu ihr herüber, was unweigerlich rasendes Herzklopfen bei Isolde auslöste.
Trotzdem konnte sie auch jetzt während sie den eingerissenen Saum an einer ihrer Schürzen annähte, der Versuchung nicht widerstehen, ihn mit den Augen zu suchen. Rhys stand in der Nähe des Eingangs, hatte den dunklen Kopf ein wenig zur Seite gelegt und hörte Gandy aufmerksam zu, der ihm wild gestikulierend etwas berichtete.
Warum musste ich mich ausgerechnet in diesen einen Mann verlieben? Was hat er so Besonderes an sich, dass ich es inzwischen sogar ganz normal finde, wenn er bei den Mahlzeiten am Kopfende des Tisches sitzt - auf dem Platz meines Vaters?
In diesem Moment blickte Rhys zu ihr herüber, ohne sein Gespräch mit dem Zwerg zu unterbrechen. Sofort schnellte Isoldes Puls in die Höhe, und ihr Atem ging .schneller, so als wäre sie gerannt.
Nicht mehr lange, und wir ziehen uns für die Nacht zurück, schienen die schwarzen Augen zu sagen. Oder waren das ihre eigenen Gedanken?
Errötend beugte sie sich wieder über ihre Näharbeit. Tagsüber wahrten sie Distanz und gingen ihren vielen Pflichten nach. Doch nachts ... nachts waren sie ein. Liebespaar! Jeden Abend ging sie als Erste die Treppe hinauf, in ihr Zimmer, das sie nun wieder bewohnen durfte. Rhys ließ ihr gerade so viel Zeit, dass sie sich waschen und ihre langen Haare bürsten konnte. Dann kam er in ihr Zimmer, ohne vorher auch nur anzuklopfen - und sie protestierte nicht dagegen!
Jeden Tag sagte sie sich unzählige Male, dass sie diese sündhafte Beziehung beenden müsse. Jeden Tag nahm sie sich vor, nie wieder schwach zu werden. Doch sobald Rhys am Abend ihr Zimmer betrat war es um ihre guten Vorsätze geschehen. Sie brachte einfach nicht die Kraft auf, ihn wegzuschicken, denn ihr Verlangen nach diesem Mann war stärker als alle Vernunft. Er bescherte ihr so viel Lust so viel Seligkeit ...
Ein flüchtiger Blick von ihm genügte, um ihre Haut zum Prickeln zu bringen und eine Glut in ihrem Bauch zu entfachen. Verspürte auch er diese verzehrende Leidenschaft, wann immer sie sich in die Augen schauten? Wurde auch er tagsüber von sexuellen
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