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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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Augenhöhe mit einer Bordüre verziert hatte, dass auch hier alles keimfrei aufgeräumt und noch dazu voller Strohhasen und Osterhühnchen und Eier und Blumengestecken war. Doch das vergaß sie ganz schnell, als Erika einen Riesentopf Spaghetti auf den Tisch hievte (gebrochen natürlich, sonst essen die Kinder das nie) und Enno und Sammy mit Kevin und Chantal den Tisch deckten (Gabeln und Messer) und die Halbwüchsigen Michael, Jessica und Frank Getränke verteilten (Cola für alle) und Witze machten und ein anderes Radioprogramm forderten (nicht immer diesen gruftigen Hardrock). Im Hintergrund flimmerte ein Fernseher und der Hausherr lehnte dick und stumm und bezopft am Fenster und rauchte in den Abend hinaus. Nicht jeder hätte das als Ideal eines gesunden Familienlebens empfunden. Doch Bettina sah, dass ihre Kinder sich wohlfühlten, und war gerührt. Und hungrig und traurig und glücklich und müde und total durchgedreht.
    »Ich hab mich verliebt«, teilte sie Erika über den gebrochenen Spaghetti mit, die nur mithilfe einer Bindung aus dicken Schichten geriebenem Käse (Emmentaler natürlich) überhaupt in den Mund zu kriegen waren, ob man nun ein Messer benutzte oder nicht.
    »Das sieht man«, sagte Erika missbilligend, aber nachsichtig.
    Und die kleine Jessica neigte ihr hübsches, vierzehnjähriges, sorgfältig geschminktes Gesicht in ihre Hand und himmelte Bettina an. »Hast du einen neuen Freund?«, fragte sie. Ihr eigener Freund Frank flüsterte ihr was zu, und sie kicherten ein bisschen.
    »Ja«, sagte Bettina.
    Dann aßen sie alle auf und Bettina fuhr mit ihren Kindern nach Hause. Dort ließen Enno und Sammy sich widerstandslos zu Bett bringen und schliefen schnell ein. Und Bettina dachte, dass sie völlig unabsichtlich und unbewusst irgendetwas völlig richtig gemacht haben musste.
    Das gute Gefühl hielt für ein halbes Glas Rotwein, so lange, bis Bettina anfing zu frieren und feststellte, dass ihre Schwester Barbara trotz breiten Musikgeschmacks nie eine Tom-Waits-CD besessen hatte. Draußen war es schon dunkel, drinnen in ihrer Wohnung kühl und eng. Nach Dr. Ritters ausgesuchtem Riesling schmeckte ihr Aldi-Wein billig. Sie nahm das Telefon und rief Gregor an.
    »Ah«, sagte der, teils erfreut, teils vorwurfsvoll. »Bettina.« »Gregor«, sagte sie warm und hörte schlagartig auf zu frieren. Sie warf ihre Wolljacke von den Schultern und setzte sich gerader hin.
    »Hast du mir diese Leute geschickt?«, fragte Gregor.
    »Welche Leute?«
    »Spurensicherung. Nehme ich an. Als ich nach Hause kam, war meine Wohnung völlig verwüstet, ein paar Astronauten stapften durch die Trümmer und drückten mir zum Abschied eine Quittung in die Hand. Ich kam mir vor wie in diesem Film, wie heißt er noch gleich –«
    »Brazil «, sagte Bettina. Einen Moment würdigten sie schweigend, dass sie sofort an dasselbe gedacht hatten. Dann sagte Bettina bedauernd: »Das war das BKA. Routine. Ich sag ja, ich leite diese Ermittlung nicht. Es hätte noch viel schlimmer kommen können. Sie wollten dich verhaften. Heute Morgen gegen sechs hat ein Mann, der aussieht wie du, das Kloster verlassen und kam nicht wieder.«
    »Ich weiß. Aber irgendwo gab es da noch eine Frau, die bezeugen kann, dass ich das nicht gewesen bin.«
    Nur glaubt man dieser Frau nicht mehr, dachte Bettina. Das sagte sie aber nicht. Sie wurde nur traurig, denn sie erinnerte sich an Balliers Worte und die schöne Marny.
    »Haben – hast du mich etwa verleugnet?«, fragte Gregor düster.
    Hatte er sie eben siezen wollen? »Nein«, sagte Bettina und stellte ihr Weinglas weg. »Nein. – Bist du in Schwierigkeiten?«
    Bettina hörte, wie es klickte und Gregor tief einatmete. »Ritter hat mich rausgeschmissen«, sagte er dann flach. »Er hat mein Verhör zum Teil mitbekommen, und jetzt habe ich Urlaub. Bis auf weiteres.«
    »Oh nein«, sagte Bettina.
    »Oh ja«, schnarrte Gregor.
    »Das tut mir leid. – Warte. Ich komme.«
    Gregor seufzte wenig auffordernd zum Abschied und legte auf. Bettina hängte sich wieder die Jacke um die Schultern. Dann kramte sie in ihrem Küchenschrank nach dem Babyfon, installierte ein Gerät im Zimmer ihrer Kinder und trug das andere hoch zu Rasta, ihrem Nachbarn.
    Er war im Examensstress.
    »Wenn sie aufwachen, geh runter«, bat Bettina und hielt ihm das Babyfon hin.
    »Tina, du bist ein Vampir«, sagte Rasta, der aussah, als bräuchte er mindestens ein Woche Schlaf. »Du saugst mich aus.«
    »Sie werden nicht aufwachen«, sagte

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