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Die Herzen aller Mädchen

Titel: Die Herzen aller Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Geier
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Auch das Personal.«
    »Okay«, sagte Bettina.
    »Und, Frau Boll?«
    »Ja?«
    »Achten Sie besonders auf Herrn Krampe.« Bailiers Augen waren nun sehr dunkel.
    »Selbstverständlich«, sagte Bettina und wand sich aus Bailiers Griff. Besonders auf Krampe achten, das hätte sie in jedem Fall getan.
     
    * * *
    In einem leeren Büro des Polizeipräsidiums Unterfranken in Würzburg wanderte Kriminalkommissar Jaecklein vom BKA mit seinem Handy am Ohr auf und ab und erstattete seiner Vorgesetzten Syra Bericht. »Die Postkarte gibt sie zu«, sagte er. »Sie gibt hundert Postkarten zu. Diese Frau hat ein Zimmer voller Krampe-Romane und drei Ordner Zeitungsausschnitte und alle möglichen sonstigen Devotionalien von ihm. Die Arme ist besessen.« Er schwieg und lauschte eine Zeit lang, dann sagte er: »Ja. Nur wo sie diesen Ovid-Spruch herhat, das will sie nicht sagen. Nicht von dem Kodex, jedenfalls –«
    Er fuhr sich mit der freien Hand übers Gesicht.
    »Schon. Ich weiß, da besteht irgendeine Verbindung. Aber dieses Ovid-Manuskript hatte nicht sie. Da springt sie nicht drauf an. Kein bisschen. Und diese Frau ist echt sensationsgeil, die würde – ja. Eben. Mit der Bombe ist es anders, über die weiß sie Bescheid, aber da bleibt sie stur, das war sie nicht, aber fei niemals net. Tja, und leider haben die Hunde auf ihrem Anwesen wirklich nichts gefunden. Da ist nichts, und wenn da was war, hat sie gut geputzt. Nur, so sauber sieht es da gar nicht aus. Außerdem hat die Oberhuber Alibis für die ganze letzte Woche. Klar, irgendwann nachts kann sie in Darmstadt gewesen sein. Mit dem Auto, sogar mit der Bahn. Kann sie. Aber –«
    Wieder lauschte er.
    »Ich würde nicht ausschließen, dass sie die Wahrheit sagt«, sagte er dann. »Im Gegenteil. Weil – ihre Aussagen sind schlüssig. Zumindest können wir ihr rein gar nichts nachweisen, und ich weiß, das hören Sie nicht gern, aber bei allem, was wir über Krampe und unseren – hm, Mitarbeiter wissen, könnte ich mir zehn Organisationen vorstellen, die vielleicht Interesse hätten, seinen Schreibtisch zu sprengen.«
    Pause.
    »Ich weiß, die Krampe hat es selbst aufgemacht«, sagte Jaecklein dann seufzend. »Ja. Natürlich. Bewegungsinduziert. Kein Zeitzünder. Ja, klar, diesen Bericht kenne ich. Natürlich. Darüber reden wir seit Stunden mit ihr. Die Mutter hatte eine Affäre mit Krampe und die Schwester ist ertrunken. Aber wenn Sie mich fragen, ist die Hellseherin trotzdem nur der willkommene Sündenbock. Ihre Adresse draufschreiben, das kann schließlich jeder.«
    Lauschen.
    »Okay, ich werde sie drauf ansprechen. Ja, ich bin vorsichtig. Nein, den werde ich nicht erwähnen. In Ordnung. Ja. Eine Runde noch, dann lasse ich sie gehen. Nein. Nein, sie muss heim zu ihren Kühen.«
     
    * * *
    Gregor kam aus Frankfurt, und jedes Mal, wenn er dort abgeflogen war, erschien ihm der Pisaer Flughafen wie ein besserer Dorfbahnhof. Souvenirshops und Autovermietungen waren geschlossen, riposo pomeridiano, Mittagsruhe, das sollte man sich in der riesigen Frankfurter Abfertigungsmaschinerie nur mal vorstellen! Er kaufte sich in der einzig geöffneten Cafeteria eine Cola und ein eingeschweißtes Panino mit Mozzarella, setzte sich raus in die Halle und wartete auf die Rückkunft der Autovermieter. Und auf die Maßstabsanpassung in seinem Kopf. In Pisa war nicht nur der Flughafen klein. Dennoch überragte die geschichtsträchtige alte Stadt in Gregors Vorstellung Frankfurt um das Vielfache. Allein der überlaufene Campo Santo wog so viel wie zehn Paulskirchen. Daher empfand er bei jeder Ankunft die niedrige Stadtsilhouette und die überschaubare Abfertigungshalle des Flughafens als schmerzlich unangemessen.
    Später dann, in seinem geliehenen Fiat auf dem Weg ins Hinterland, wurde er vom umgekehrten Phänomen genarrt: Die Ausfallstraßen waren zu viele, zu groß und vor allem zu breit, um in seiner Vorstellung als italienische durchzugehen, es waren Rennbahnen mit verwickelten Abfahrten, einem hässlichen Schilderwald und großen Einkaufszentren. Mediterran, wie er es kannte und wollte, wurde es erst wieder in den Apuanischen Alpen. Etwa zwei Stunden fuhr Gregor vorbei an Marmorsteinbrüchen durch kleine Städtchen und staubige Dörfer, dann hatte er sein Ziel erreicht. Der Ort lag lang gedehnt über der Kuppe eines kleinen Hügels. Gärten und Bäume waren bereits grün, Verschiedenes blühte, rundherum vibrierte das Summen von Insekten. Der Duft von Fenchel und Thymianblüten hing über

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