Die Herzen aller Mädchen
gemacht. Und schon gar keine Palimpseste.«
»Und ich noch keine Autobiografie«, erwiderte Gregor.
Freestone grinste in sich hinein und machte sich an seiner Küchenspüle zu schaffen. »Was würde nur Ihr Vater sagen! – Dreißigtausend.«
»Fünfzehn«, sagte Gregor.
Freestone blickte zu Boden und schüttelte den Kopf. »Es ist doch alles in diesem Koffer, nicht wahr? Alles hier bei mir. Zu Hause haben Sie sicher gut aufgeräumt.«
Gregor verschränkte die Arme und schwieg.
»Glauben Sie, ich lasse Sie damit wieder fort?«, fragte Freestone und lächelte den Boden an.
Gregor verschränkte die Arme. »Wollen wir das jetzt jedes Mal spielen?«
»Nur heute noch«, sagte Freestone, »aber diesmal richtig.« Er sah Gregor amüsiert an.
Den fröstelte. »Gut«, sagte er ruhig, »Sie möchten mehr Geld. „ Jetzt lassen Sie mich kurz überlegen, was passiert, wenn ich nicht zahle.«
»Sie wollen nur die Hälfte zahlen, also bekommen Sie nur die Hälfte der Ware.« Freestone grinste. »Ganz einfach.«
»Sie wollen mein Geschäft kaputtmachen«, sagte Gregor.
»Ich will nur meine Auslagen, old German death.«
»Dann muss ich umdisponieren und anderweitig Geld verdienen.«
»Blattgold«, sagte Freestone. »Und Lapislazuliblau. Wissen Sie, was das kostet? In der Güte und dem Alter?«
»Ich könnte Biografien verfassen. Ich kenne eine Menge interessante Menschen.«
Freestone warf ihm einen Blick zu. »Sie sind doch Wissenschaftler.«
»Die Hälfte der Ware bedeutet für Sie nur die Hälfte des Ruhms«, sagte Gregor rasch. »Ich habe eine Kopie Ihres Textes zu Hause. Und bessere Kontakte zur Buchbranche allemal.«
»Ruhm!«, sagte Freestone und lachte lauthals.
Gregor zuckte die Achseln. »Ihr Leben, Ihre Skandale – Sie sind eine interessante Persönlichkeit. Ihre Biografie wird vielleicht ein Bestseller. Aber wenn mein Name mit draufsteht, ist sie der Kracher. Mich verwechselt jedermann mit meinem Vater. Außerdem habe ich Ihre Geschichte aus erster Hand. Dafür finde ich zehn Verleger. Und mindestens einen, der das Risiko eines Urheberrechtsverfahrens eingeht. Wobei«, Gregor grinste falsch, »allein so eine Klage von Ihnen die abgefahrenste Werbung aller Zeiten wäre.«
»Krampe, dear. Sie drehen sich im Kreis. Sie sind doch der Typ mit der weißen Weste, der einen Ruf zu verlieren hat! Sie sind mir ausgeliefert! Ich muss Sie nur öffentlich – wie sagt man? – duzen! Ruhm! Excuse me!«
»Der Text ist schön geworden«, sprach Gregor. »Authentisch. Sie kommen klar rüber und haben Ihre Kanten. In Autobiografien verschwimmen die sonst oft, und das tut der Sache nie gut.«
Freestone blickte argwöhnisch. »Ihre Karriere ist vorbei, wenn nur rauskommt, dass wir uns kennen!«
»Meine tolle Karriere«, sagte Gregor bitter.
»Yes, dear«, versetzte Freestone, »Sie wollen forschen, nicht wahr? Sie wollen zu Ihren Symposien fahren und über Ihren alten Büchern schmoren und Kommentare dazu verfassen und der klügste Mann auf Erden sein! Der fade Sohn eines überschätzten Prolo-Intellektuellen. Sie kommen ja nicht mal an Ihren Vater heran!«
»Sie auch nicht«, sagte Gregor.
»Ha! Ha!« Freestone guckte böse und lachte laut und falsch. Mit der freien Hand machte er eine Bewegung, die den gesamten Raum umfasste. »Wissen Sie, wie lange ich das hier schon mache? Und wie gut?«
»Und doch«, sagte Gregor, »wollen Sie Ihr Buch lieber selbst geschrieben haben. Sie wollen Ihren Namen gedruckt sehen und einmal ganz vorn auf der Bühne stehen. Wie mein Vater.«
Freestones Gesicht wurde hart.
Gregor sah auf die Uhr. »Kommen Sie, Freestone. Sie haben eine Nacht. Fangen Sie an zu lesen.«
»Und wenn ich mir nicht gefalle?«
»Dann ändere ich Sie.«
Da lachte der Engländer wieder, echter diesmal, und bückte sich zu seinem Spülenschrank. »Das haben mir bisher nur Frauen gesagt.« Er holte eine Rotweinflasche ohne Etikett hervor, nahm ein schmutziges Glas aus der Spüle und schenkte sich ein. Erst nachdem er getrunken hatte, hielt er die Flasche hoch. »Wollen Sie auch?«
* * *
An diesem Nachmittag gab es keine Termine. Bettina saß mit ihren Kindern in der Küche, sie hatten sich Kuchen besorgt, und erst, als sie ihn ausgepackt und auf einem riesigen Teller arrangiert hatten, fiel ihr auf, dass sie das noch nie gemacht hatten: echten, teuren Kuchen in einer richtigen Konditorei kaufen, einfach so. Das Abendessen würde ausfallen, denn sie hatten viel zu viel, Holländer-Sahne-Kirsch,
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