Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
zwischen den Händen, starrte sie zum Meer hinab.
Nach der Mahlzeit verstärkte sich die unbehagliche Stimmung zwischen den Schwestern. Früher hätte Susannah die angespannte Atmosphäre mit sinnlosem Geschwätz gelockert. Doch sie sparte sich die Mühe, weil sie nicht mehr an einer besseren Beziehung zu Paige interessiert war. Mittlerweile war die Illusion von geschwisterlicher Liebe ebenso gestorben wie gewisse andere Gefühle.
Paige erzählte, wie sie den Bungalow gekauft hatte und wie er renoviert worden war. Dann holte sie eine San-Francisco-Giants-Baseballkappe für sich selbst und einen Strohhut für ihre Schwester. Sie würden zum Strand hinuntergehen, entschied sie, und Susannah folgte ihr, weil ihr einfach die Kraft fehlte, irgendetwas anderes zu unternehmen.
An der Seite des Hauses fielen die Klippen nicht so steil zum Meer hin ab wie von der Terrasse aus. Trotzdem fand Susannah den Abstieg beschwerlich. Paige wanderte über Felsen und heißen Sand hinweg zum Ufer und tauchte ihre nackten Zehen ins Wasser. »Beim Frühstück warst du ziemlich einsilbig. Wie hat dir mein selbst gebackenes Brot geschmeckt?«
»Ausgezeichnet«, antwortete Susannah höflich. Was habe ich falsch gemacht, klagte eine innere Stimme. Warum ist Sam zu anderen Frauen gegangen?
»Ich koche sehr gern«, erklärte Paige und ließ ihre Füße von einer Welle überspülen.
Nun entstand eine längere Pause, bis Susannah merkte, dass sie irgendetwas sagen müsste. »Wirklich? Offen gestanden, ich hasse es.«
Paige warf ihr einen seltsamen Blick zu. »Wenn unsere Köchin ihren freien Tag hatte, bist du immer für sie eingesprungen.«
»Wer sollte es denn damals sonst machen?«
»Vielleicht ich.« Paige bückte sich und hob einen kleinen Stein auf.
»Ja – vielleicht«, erwiderte Susannah bitter. »Oder du hättest mich zur Hölle geschickt, wenn ich auf solche Ideen gekommen wäre.«
Zum ersten Mal in ihrem Leben warf sie ihrer Schwester den Fehdehandschuh hin, statt einen Angriff abzuwehren. Aber Paige reagierte nicht darauf. Stattdessen nahm sie die Baseballkappe ab und ließ sie in den Sand fallen.
Susannah schaute zum Bungalow hinauf, der meilenweit entfernt schien. »Jetzt gehe ich wieder hinauf. Ich muss ein bisschen schlafen. Und danach werde ich meine Rückreise organisieren.«
»Noch nicht.« Paige öffnete den Reißverschluss ihrer abgeschnittenen Jeans. »Erst schwimmen wir.«
»Dafür bin ich viel zu müde.«
»Sicher wird’s dir gut tun«, meinte Paige, schlüpfte aus den Jeans und enthüllte ein weißes Spitzenhöschen, das sie mit den Daumen nach unten streifte. Dann löste sie den Knoten des Wickel-Tops. »Das ist mein eigener Nacktbadestrand. Hier kommt niemand her.«
Während sie sich auszog, musterte Susannah ihren Körper. Paiges Busen war größer als ihr eigener, die Taille schmal, der Bauch flach, die Haut nahtlos gebräunt. Sicher würde Sam Gefallen an ihrer Figur finden, denn er mochte üppige Brüste.
»Komm schon!«, rief Paige und tänzelte im Rückwärtsgang den Wellen entgegen. »Oder bist du zu feige?« Mit beiden Händen wirbelte sie kurz darauf das Wasser auf und sandte eine schimmernde Tropfenfontäne zu ihrer Schwester.
Plötzlich wurde Susannah von verzweifelter Sehnsucht erfasst. Sie wollte vergessen, was sie erlitten hatte, jung und sorglos sein, in den Wellen plantschen wie Paige. Wie gern würde sie die Kindheit nachholen, die ihr verwehrt worden war, und einen Ort aufsuchen, wo es keinen Betrug gab. Stattdessen schüttelte sie den Kopf und stieg den Hang zum Bungalow hinauf.
Am Nachmittag fuhr Paige auf einem klapprigen Moped zum Dorf, während Susannah im Schatten der Jasminbäume lag und sich mit bitteren Selbstvorwürfen bestrafte. Hätte sie bloß mehr Mahlzeiten für Sam gekocht und seine Begeisterung für das hässliche Haus geteilt ...
Nicht einmal die griechische Sonne konnte die Kälte aus ihrem Herzen vertreiben. Hatte sie in diesen letzten sechs Jahren denn gar nichts gelernt? Warum nahm sie die Schuld an den ehelichen Problemen automatisch auf sich? Sam hatte sie schon seit langer Zeit missachtet. Und das bewies er nicht nur durch seine Untreue. Alles, was sie tat, bemängelte er. Wann immer sie seinen überzogenen Ansprüchen nicht genügte, kritisierte er sie. Er spottete über ihren Kinderwunsch, ignorierte ihre Versuche, die Ehe zu retten. Wie ein kleiner Junge erwartete er von ihr, die Probleme zu lösen, die er selber heraufbeschwor. Seine schlechte Laune,
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