Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
ausländischem Akzent. Wahrscheinlich ein Kellner.
»Einer der Gäste wird sofort in der Bibliothek gebraucht. Mr. Cal Theroux. Ein Notfall ...« Langsam wiederholte sie den Namen, damit der Mann ihn auch wirklich verstand,
und betonte, es sei dringend. Dann legte sie auf und holte ein paar Mal tief Atem.
Nervös zupfte sie an der Rheinkieselborte des langen roten Schals, der zu dem Kleid gehörte. Die Bibliothek lag an der Seite des Hauses, und so konnte sie den Garten an der Rückfront, wo die Party gefeiert wurde, nicht sehen. Aber sie hörte Orchesterklänge. Ihr Blick glitt zum antiken Humidor auf einer Ecke des Schreibtisches hinüber, und sie vergewisserte sich, dass man den kleinen Kassettenrekorder, den sie darin versteckt hatte, nicht entdecken würde.
Seit sie das SysVal-Bürogebäude verlassen hatte, waren knapp zwei Stunden verstrichen. In dieser Zeit hatte sie das kleine Gerät getestet, um seine Funktion zu überprüfen, und hatte in El Camino ihr Abendkleid übergeworfen. Anschließend war sie nach Falcon Hill gefahren. Um die Bibliothek zu erreichen, ohne ihrer Schwester oder sonst jemandem zu begegnen, hatte sie das Haus durch einen Seiteneingang betreten. Hier würde sie wohl kaum jemanden antreffen, denn das Personal arbeitete in der Küche des Gartenhauses. Nun musste sie nur noch warten.
Rastlos wanderte sie zu den Bücherregalen und wiederholte in Gedanken, was sie zu Cal sagen wollte. Sicher würde er nicht mit ihrer Anwesenheit rechnen, und sie musste den psychologisch wichtigen Moment der Überraschung nutzen. Wieder einmal würde sich das Partygirl in eine Bauernfängerin verwandeln. Sie wünschte, sie hätte Mitch erreicht, um ihn über ihren Plan zu informieren. Aber er war mit seinen Kindern unterwegs gewesen und hatte sich nicht am Telefon gemeldet.
Hinter ihr öffnete sich die Tür. Langsam drehte sie sich um. »Hallo, Cal!«
Verblüfft zog er die Brauen zusammen. »Was machst du hier?«
»Genießt du deine Party?«, konterte sie mit einer Gegenfrage.
Sonnengebräunt, sehr attraktiv in einem eleganten Smoking, stand er vor ihr. Sein Anblick widerte sie geradezu an. Wie hatte sie jemals erwägen können, ihr Leben mit diesem skrupellosen Mann zu verbringen? Würde er seiner Ehefrau mit seinen sterilen Liebeskünsten ebenso das Gefühl geben, sie wäre unweiblich – wie er es früher bei ihr, seiner Verlobten, getan hatte?
»Was willst du, Susannah?«
Ohne ihren Abscheu zu verbergen, trat sie einen Schritt vor. »Ich will dich schwitzen sehen, du verdammter Schuft.«
Einen solchen Frontalangriff hatte er nicht erwartet. Die Frau, an die er sich erinnerte, war fügsam und vornehm gewesen. Niemals hätte sie sich einfallen lassen, ihn dermaßen herauszufordern »Wovon redest du?«
»Erst vor ein paar Wochen fand ich heraus, dass du verantwortlich dafür bist«, erklärte sie bitter. »Ist das nicht komisch? Niemals wäre ich auf den Gedanken gekommen, du könntest etwas so Schreckliches tun.«
Inzwischen hatte er seine Fassung zurückgewonnen. »Keine Ahnung, wovon du redest ...«
»Von meinen Computern, du mieser Kerl.«
»Was ...?«
»Von Blaze III und einem absichtlich verseuchten ROM-Chip.«
»Sei nicht albern.«
»Ich rede von ein paar tausend Menschen, die ins Unglück gestürzt wurden. Von unschuldigen Leuten, die alles verloren haben. Von einem ehrlosen Mann, dem es völlig egal ist, wen er verletzt – wenn er sich nur an der Frau rächen kann, die ihm damals weggelaufen ist.«
Jetzt sah sie es – den Anflug einer gewissen Genugtuung in seinen Zügen, bevor er ihn hastig verbarg. »Ja, die Probleme von SysVal sind allgemein bekannt. Ich verstehe sogar,
dass du einen Sündenbock suchst. Immerhin ist es einfacher, deine Schwierigkeiten einem mysteriösen Saboteur vorzuwerfen als deiner unzulänglichen technischen Abteilung.«
Ihre Kehle verengte sich. »Macht es dir Spaß, auf unserem Grab zu tanzen, Cal? Wie kannst du Nacht für Nacht schlafen – nach allem, was du verbrochen hast?«
»Oh, ich schlafe ausgezeichnet. Vermutlich genauso gut wie du, nachdem du mich vor allen meinen Freunden und Geschäftspartnern zutiefst gedemütigt hast.«
»Damals bin ich nicht aus Bosheit vor unserer Hochzeit geflohen. Aber was du getan hast, ist geradezu obszön.«
Er schlenderte zu einer Kommode, auf der verschiedene Kristallkaraffen standen, und schenkte sich einen Cognac ein. Aus jeder seiner Gesten sprach unerschütterliches Selbstvertrauen. Er nahm einen
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