Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
würde verstummen. Weil das starke Sedativum immer noch seine Wirkung ausübte, dauerte es eine Weile, bis sie Mitchs Stimme erkannte. Durch das Fenster drang schwaches Licht herein. Warum war er so früh hierher gekommen?
»Wie konnte sie so etwas Verrücktes tun?« Im ersten Morgengrauen klang die Frage wie ein Vorschlaghammer. »Das meine ich ernst, Paige. Sobald sie aufwacht, bringe ich sie um!«
»Pst!«, zischte Paige. »Führ dich nicht wie ein Berserker auf. Yank, bring ihn endlich zum Schweigen.«
Nach Mitchs wütendem Gebrüll glich Yanks Gemurmel einer sanften Brise, und Susannah schlief wieder ein.
Ein paar Stunden später erwachte sie. Helles Sonnenlicht erfüllte das Zimmer. Trotz ihrer steifen gepeinigten Muskeln empfand sie reine Freude. Ein neuer Tag brach an. Und sie lebte. Als sich die Matratze bewegte, wandte sie den Kopf zur Seite und sah Yank auf dem Bettrand sitzen. Seine Kleidung war zerknittert, das Haar zerzaust, die Stirn sorgenvoll gerunzelt. Beim Anblick seines lieben, gütigen Gesichts schien ein Damm in ihr zu bersten. »O Yank ...«
Sobald Mitch ihr Stöhnen hörte, umfasste er die Türklinke. Seine Augen waren blutunterlaufen, sein Haar stand zu Berge. Die ganze Nacht hatte er neben Susannahs Bett verbracht. Nur einmal war er kurz hinausgegangen und hatte Paige geholfen, einen aggressiven Reporter abzuwehren.
Jetzt riss er die Tür auf, von der irrationalen Vermutung getrieben, das leise Stöhnen wäre ein Todesröcheln. Keine Sekunde lang hätte er sie allein lassen dürfen. Weil er sie nicht sorgsam genug bewacht hatte, würde sie sterben ... Er stürmte ins Zimmer, und die Szene, die ihn erwartete, drang nur langsam in sein Bewusstsein. Susannah schmiegte sich an Yanks Brust, als wäre er der einzige Mann auf der Welt. Und Mitch hatte das Gefühl, ein Fausthieb hätte seinen Magen getroffen.
Yank hob den Kopf, entdeckte ihn und schenkte ihm sein mildes Lächeln. »Gerade ist Susannah erwacht.«
»Ja.« Beinahe brach Mitchs Stimme. »Das sehe ich.« Susannah versteifte sich in Yanks Armen, und er ließ sie ins Kissen zurückgleiten.
»Hi, Hot Shot«, grüßte Mitch. In möglichst beiläufigem Ton versuchte er, ihr die Situation zu erleichtern.
»Hallo, Mitch«, antwortete sie und streckte ihre Hand aus.
Er ging zu ihr, setzte sich auf die andere Seite des Betts und schlang seine Finger in ihre. Beinahe trieb ihm der Anblick ihrer Bandagen Tränen in die Augen.
»O Mitch, ich dachte, ich würde dich nie wedersehen«, flüsterte sie.
Da umfasste er ihre Hand noch fester und schluckte mühsam. »Nicht mehr Detektiv spielen, Schätzchen! Versprich mir das.«
Nun kam Paige ins Schlafzimmer, verfolgt von der Haushälterin und einem Dienstmädchen. Alle drei trugen schwer beladene Frühstückstabletts herein. »Vor einer Stunde hat die Polizei den verdammten Cal auf einem privaten Flugplatz festgenommen. Drei weitere TV-Teams umringen das Haus. Bevor wir nicht alle gegessen haben, wird niemand mit diesen Schmeißfliegen reden.«
Weder Susannah noch Mitch oder Yank verspürten auch
nur den geringsten Appetit. Aber keiner wagte, Paige zu widersprechen, schon gar nicht, wenn sich die Instinkte der Nährmutter in ihr regten.
Nach dem Skandal litt FBT unter einem albtraumhaften PR-Skandal, und Susannah übernahm die Rolle der heiligen Johanna vom Silicon Valley. Noch ehe der Monat zu Ende ging, erschien ihr Gesicht auf den Titelseiten von drei überregionalen Zeitschriften. In »Nightline« lieferte sie sich ein lebhaftes Wortgefecht mit Ted Koppel, und ihr Name wurde ständig in den morgendlichen Nachrichtensendungen erwähnt.
Würden Sie dieser Frau einen neuen Computer abkaufen?
Darauf können Sie wetten.
Dank der Publicity rollten die Bestellungen für den Blaze III geradezu lawinenartig an, und SysVal stellte die entlassenen Arbeiter und Ingenieure wieder ein. Außerdem wurde neues Personal engagiert.
Inzwischen bemühte sich FBT, die Schäden des Skandals zu beheben. Dass der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende im Gefängnis saß und auf einen Prozess wegen Industriesabotage und versuchten Mordes wartete, wirkte sich nicht besonders günstig auf das Image der Firma aus. Bald sank die Aktie auf den Preis eines Haarschnitts herab. Der Staat Kalifornien trat von dem Vertrag für den Falcon 101 zurück und entschied sich für den Blaze III. In Strömen flossen neue Investmentgelder in SysVal. Dazu kam die erste Zahlung einer hohen Entschädigungssumme von FBT.
Trotz
Weitere Kostenlose Bücher