Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
Bestes, und sie glitten am Lenkrad hinab. Alles drehte sich, sie brauchte so dringend ein wenig Ruhe, musste der Qual entrinnen. Nur für einen kurzen Moment.
Ihre Finger stießen gegen den Schalthebel. Doch sie konnte sich nicht entsinnen, warum es so wichtig war, ihn zu erreichen.
Wach auf!, rief Joel. Wach sofort auf!
Susannah versuchte sich zu erinnern, was sie tun musste. Keuchend zerrte sie am Schaltknüppel, stieß irgendwie mit einem Fuß gegen die Kupplung. Unbeholfen manövrierte sie das Auto in den Rückwärtsgang.
Danach hatte sie ihre letzten Energien verbraucht, nichts blieb übrig.
Deine Füße!, rief er. Heb deine Füße!
Viel zu viel erwartete er von ihr. Genau wie früher. Ihre bleischweren Füße ließen sich nicht heben.
Jetzt! Jetzt!
Und da stießen ihre kraftlosen Füße gegen das Gaspedal. Gellend heulte der Motor auf, der so viel Sauerstoff fraß. Als das Auto nach hinten schoss, fiel Susannahs Kopf nach vorn. Mit einem ohrenbetäubenden Krach durchbrach es das Garagentor und katapultierte sich auf die Zufahrt. Durch das offene Fenster wehte frischer reiner Sauerstoff herein und wirkte wie ein Adrenalinschub. Gierig sog Susannah die lebensspendende Luft in die Lungen. Mehrere Minuten verstrichen, und sie spürte, wie die Kraft in ihren Körper zurückkehrte, wie sie ihr den brennenden Schmerz ihrer Handgelenke bewusst machte.
Gequält begann sie zu schluchzen. Das ganze Lenkrad war mit Blut beschmiert, und sie konnte die Fessel nicht lösen. Wie lange mochte es dauern, bis Cal sie entdecken und vollenden würde, was er begonnen hatte? Durch das Fenster wehten die schwachen Klänge des Orchesters herein, und die Musik erschien ihr schöner als alles, was sie jemals gehört hatte. Sie biss auf ihre Lippen, um den Schmerz zu bezwingen, schaltete in den Vorwärtsgang und stieg wieder auf das Gaspedal.
Der Chevy schlitterte eine kleine Böschung hinab und auf den Rasen an der Seite des Gebäudes. Wegen ihrer festgebunden Handgelenke konnte sie das Auto kaum steuern. Trotzdem gelang es ihr, das Lenkrad nach rechts zu drücken und hinter das Haus zu fahren.
Am anderen Ende des Geländes, wo die Party stattfand, sah sie einen gestreiften Baldachin, in den Bäumen baumelten weiße Lampions. Der Wagen ruckelte heftig, während er bergauf jaulte und die Reifen zur Rechten über den terrassenförmig angelegten Teil des Hangs rumpelten. Einen
Augenblick lang fürchtete Susannah, das alte Vehikel würde sich überschlagen, und sie wagte erst wieder zu atmen, nachdem die Räder ebenen Grund erreicht hatten.
Etwas weiter vorn erhob sich eine niedrige Hecke. Als das Auto hindurchpreschte, geriet es gefährlich ins Schleudern. Jetzt sah sie die Gäste, die sich zu ihr wandten, viel deutlicher. Ein großer, steinerner, mit kunstvoll gestutztem Buschwerk bepflanzter Topf rasierte einen Wagenschlag, und der Chevy erzitterte, blieb aber nicht stehen. Auf der rechten Seite tauchte eine Marmorstatue auf. Hastig riss Susannah die Arme nach links und verfehlte die Figur um Haaresbreite. Sichtlich entsetzt beobachteten Männer in Smokings und Frauen in schimmernden Kleidern, wie sie immer näher heranraste.
Sie hob die Beine, um auf die Bremse zu treten. Aber ein Fuß verfing sich unter dem Gaspedal. Der Brunnen rückte viel zu schnell näher, zwischen alarmierten Gästen, die auseinander stoben. Schluchzend befreite Susannah ihren Fuß und stieg auf die Bremse.
Unter den Reifen flogen Steine hoch, der Chevy holperte über den Kiesweg und prallte gegen die Seite des Brunnens. Als der Motor abstarb, fuhr ein heftiger Ruck durch Susannahs Körper.
Sie hörte eine Frau schreien, hörte schnelle Schritte.
Dann erklang die laute Stimme eines Mannes. »O Gott, das ist Susannah Faulconer!«
Jemand kämpfte mit der Beifahrertür und kroch zu Susannah, um ihr zu helfen, ein anderer berührte ihre Handgelenke, zerrte an dem verknoteten Schal. Von neuen Schmerzen gepeinigt, stöhnte sie.
Noch mehr Stimmen.
»Warum ist sie gefesselt?«
»Ich rufe einen Krankenwagen.«
»Seht doch, sie blutet!«
»Bewegt sie nicht! Auf keinen Fall darf sie bewegt werden!«
Endlich waren Susannahs Arme und Beine befreit, und sie wurde aus dem Wagen gehoben, lag auf den Armen eines Mannes. Mitch ... Er war gekommen, um sie zu retten ...
Dafür musste sie ihm danken. Und sie wollte ihm sagen, wie sehr sie ihn liebte ... Ihre Lider flatterten. Mühsam zwang sie sich, die Augen zu öffnen, und sah eine weiße Strähne in
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