Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
Eindruck, du hättest nicht existiert – du wärst niemals in unser Leben getreten.«
Davon wollte Susannah nichts mehr hören. Sie trat vor, um sich an ihrer Schwester vorbeizuschieben und die Sachen zu holen, die sie brauchte.
Aber Paige versperrte ihr den Weg. »Du darfst nicht reinkommen. Das hat Daddy verboten.«
»Unsinn! Ich will nur ein bisschen was zusammenpacken. Dann verschwinde ich sofort wieder.«
In Paiges Augen glitzerte boshafter Triumph. »Vielleicht hättest du dir’s zwei Mal überlegen sollen, bevor du mit deinem Deckhengst durchgebrannt bist.«
»Sprich nicht so über ihn!«
»Und ich hielt dich für eine Jungfrau! Ist das nicht zum Schreien? Wenn du dich schon mit einem Spielgefährten amüsieren musstest, wär’s klüger gewesen, du hättest ihn Daddy nicht präsentiert.«
Mühsam rang Susannah nach Fassung. »Ich wollte niemanden verletzen. Aber ich konnte nicht anders handeln.«
»Das soll ich dir abkaufen?« Paiges selbstgefälliges Lächeln erlosch. Plötzlich glich sie wieder einem verwirrten Kind. »Ich dachte, ich würde dich kennen. Welch ein Irrtum... Die Schwester, mir der ich früher hier wohnte, wäre niemals weggelaufen – einfach so! O Gott, Susannah ...« Dann kehrte die Feindseligkeit zurück und schien wie ein Türschloss zu klicken. »Nicht, dass es mir was ausmachen würde.«
Verzweifelt versuchte Susannah, ihr zu erklären, was geschehen war. »Ich ertrug es nicht länger. So sehr ich Vater auch liebe – ich hatte Angst, er würde mich ersticken. Und Cal war gewissermaßen sein verlängerter Arm. Wenn ich mit den beiden zusammen war, kam ich mir wie eine alte Frau vor – obwohl ich erst fünfundzwanzig bin. So etwas können sie sicher nicht begreifen. Aber ich hoffe, du wirst es verstehen.«
»Gar nichts verstehe ich. Nur eins habe ich erkannt – die perfekte Susannah ist gar nicht perfekt. Zum ersten Mal in meinem Leben reibt mir Daddy nicht mehr all deine grenzenlosen Tugenden unter die Nase. Weißt du, wie lange ich darauf gewartet habe? Jetzt redet er beim Dinner endlich mit mir und erzählt, was er tagsüber erlebt hat. Er vermisst dich kein bisschen!«
Angesichts dieser unverhohlenen Abneigung fühlte sich Susannah zutiefst elend. Eine bittersüße Erinnerung kehrte zurück – an ein Bild, das Paige im Kindergarten mit Buntstiften gezeichnet hatte. Darauf standen sie beide Hand in Hand unter einem Regenbogen. Was war aus diesen kleinen Mädchen geworden? »Wir sind Schwestern. Immer habe ich versucht, für dich zu sorgen.«
»Halbschwestern. Und ich bin nicht die Einzige, die weiß, wie man die vornehme Hausherrin spielt. Warte hier, ich suche ein paar von deinen Sachen heraus und bring sie dir.«
Ehe Susannah protestieren konnte, fiel die Tür krachend ins Schloss.
Paige drückte ihr wenig später zwei volle Gump’s-Einkaufstüten in die Hand. Darin steckten die Lesebrille, der Führerschein und eine bunt zusammengewürfelte Mischung von Kleidern. Von Susannahs edleren Sachen war nichts dabei. Kein Schmuck, nichts Wertvolles.
Ins Gamble-Haus zurückgekehrt, verstaute sie ihre ärmliehe
Garderobe sorgfältig in Sams Schrank und versuchte angestrengt, Paiges Rachsucht zu vergessen.
Während die Leiterplatten mit den gedruckten Schaltungen hergestellt wurden, bemühte sich Sam, Geld für die Einzelteile aufzutreiben, die sie kaufen mussten. Er lud seine ehemaligen Arbeitskollegen in seine Garage ein, überschüttete sie mit seinen Vorträgen und schwärmte von einer neuen Gesellschaft, in der gewöhnliche Menschen die Macht des Universums in ihren Händen halten würden. Was sie mit dieser Macht anfangen sollten, verschwieg er. Bald merkte Susannah, dass er sich überhaupt nicht vorstellen konnte, was die »gewöhnlichen Menschen« mit einem Computer tun würden.
Selbst wenn sie wie hypnotisiert an seiner Seite stand, wuchs ihr Unbehagen. Erstens hatten sie keinen definierbaren Markt für ihr Produkt – zweitens konnten sie den Kunden nicht einmal sagen, wie und wozu sie es benutzen sollten. Bis zum Wochenende hatte Sam knapp achthundert Dollar beisammen – nur einen Bruchteil der benötigten Summe.
Susannah verbrachte ihre gesamte Freizeit in der ortsansässigen Bibliothek und las alles, was sie über die Gründung eines kleinen Unternehmens fand. So viel wie möglich wollte sie lernen, um Sam ihre Kenntnisse als Liebesbeweise anzubieten. Aber wie sie schon bald feststellte, funktionierte absolut überhaupt nichts. Sie hatten kein
Weitere Kostenlose Bücher