Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
Salat zusammen. Während sie einen Salatkopf zerpflückte, kam Angela herein. »Wahrscheinlich müssen wir beide allein essen, Suzie. An deiner Stelle würde ich nicht damit rechnen, dass Sammy zum Dinner kommt«, fügte sie hinzu, spritzte Spülmittel auf ihre Hände und wusch sie über dem Spülbecken. »Nun werde ich Salami und Käse schneiden, und wir machen uns einen üppigen Chef-Salat, nur für uns Mädchen.«
»Okay.«
Klirrend stießen Angelas Armreifen gegen die Kühlschranktür, und sie nahm eine Einkaufstüte aus dem Delikatessenladen heraus. »Magst du Oliven?«
»O ja.« Susannah nahm ein Schälmesser aus einer Schublade. »Tut mir Leid wegen dieser schrecklichen Szene mit meinem Vater ... Seit Wochen liege ich euch auf der Tasche. Und nun musstet ihr das auch noch erleben.«
Mit einem lässigen Achselzucken tat Angela die Entschuldigung ab. »Für deinen Vater bist du nicht verantwortlich. Und mich freut’s, dass du bei uns wohnst. Du bist eine echte Lady. Und du hast einen guten Einfluss auf Sammy. Sicher ist’s dir schon aufgefallen – mein Sohn und ich, wir verstehen uns nicht allzu gut. Weil er sich für mich schämt.«
Aus gewohnter Höflichkeit wollte Susannah widersprechen. Dann besann sie sich eines Besseren. Wenn Angela den Mut zu rückhaltloser Ehrlichkeit aufbrachte, würde ein Protest beleidigend wirken. »Er ist noch jung.««
»Ja.« Angelas Gesicht nahm weichere Züge an. »Jung und rebellisch. So schwer hatte ich’s mit ihm!«
Susannahs Kummer über den Streit mit Joel hatte die Neugier auf Angelas Enthüllung verdrängt. Jetzt erinnerte sie sich wieder daran. »Sein Vater ...?«
»Sicher war Frank Gamble ein anständiger Mann – zumindest in den ersten Jahren. Aber er hatte keine Fantasie.«
In Susannahs Hand erstarrte das Messer, mit dem sie eine Salatgurke schälte. Eigentlich hatte sie nicht erwartet, irgendetwas über Frank Gamble zu erfahren. Und Elvis?
Angela begann die Einkaufstüte auszupacken. »Weil ich ein braves italienisches Mädchen war und mich in Schwierigkeiten gebracht hatte, musste ich ihn heiraten – falls du erraten kannst, was das bedeutet. Leider hatten wir nicht viel gemeinsam. Sobald Sammy ins Teenageralter kam, brüllte Frank ihn dauernd an und warf ihm vor, er sei ein Hippie, ein Rumtreiber. Oh, es war schrecklich, denn ich liebte Sammy, wie ich meinen Mann nie geliebt hatte. Vor ein paar Jahren verließ mich Frank wegen einer anderen Frau. Da war ich erleichtert, obwohl ich bei den Versammlungen der Altar Society so tat, als wäre mein Herz gebrochen. Immerhin bin ich eine Katholikin.«
»Oh – ich verstehe.« Susannah schnitt die Gurke in Scheiben und versuchte, das alles auf die Reihe zu kriegen.
»Natürlich war’s ziemlich hart für mich, dass Frank mit einer Zwanzigjährigen weglief, als meine Titten zu hängen anfingen und mein Gesicht nicht mehr so aussah wie früher. Mit zwanzig war ich bildhübsch«, fuhr Angela träumerisch fort. Plötzlich lachte sie verlegen. »Jetzt hör dir das an! Man könnte glauben, ich würde schon mit einem Fuß im
Grab stehen, statt die Blüte meiner Jahre zu genießen. Vermutlich willst du wissen, was mit Elvis los war.«
»Nur wenn’s dir nichts ausmacht, mir davon zu erzählen.«
»Gar nichts. Es ist nur – Sammy hasst es, wenn ich drüber rede. Klar, heute Nachmittag hätte ich in der Garage den Mund halten sollen. Aber dein Vater – nimm’s mir nicht übel – war wirklich ein Ekel.«
»Auf diese Art benimmt er sich nicht immer. Ich fürchte, ich habe ihm sehr wehgetan.«
»Die ganze Zeit tut Sammy mir weh. Trotzdem führe ich mich nicht auf wie dein Dad.«
In Susannahs Augen brannten Tränen, die sie hastig hinunterschluckte. »Und wann hast du Mister – eh – Elvis getroffen?«
»In den fünfziger Jahren. Immer wieder. Ich fuhr nach L. A. und arbeitete als Statistin. Dann wurde ich für ›Love Me Tender‹ engagiert. Da wollten alle Statistinnen der Welt mitmachen, weil’s Elvis’ erste Starrolle war. Glücklicherweise hatte ich einen Freund, und der hatte einen Freund in der Branche. Und so bekam ich den Job.« Geistesabwesend knabberte Angela an einem Stück Schweizer Käse. »Ich muss nur die Augen schließen, schon sehe ich ihn, wie er den Titelsong singt.« Sie seufzte leise und begann »Love Me Tender« zu summen.
Da stimmt was nicht, überlegte Susannah. Sam war vierundzwanzig, also 1952 geboren. In den frühen fünfziger Jahren hatte Elvis Presley noch keine
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