Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
manchmal ärgerte sie sich, weil immer nur sie in die Küche rennen musste.
»SysVal. Kann ich Ihnen helfen?«
»Ja, ich hätte eine Frage wegen der Voltzahl in der Input-Output-Schnittstelle.«
Wenigstens ein Kunde und niemand aus Angelas Freundeskreis... »Oh, dieses Problem lässt sich sicher lösen. Warten Sie bitte, ich verbinde sie mit unserer Service-Abteilung.« Hastig stellte sie das kleine, auf einen Rock’n’Roll-Sender eingestellte Transistorradio neben den Hörer, dann stürmte sie hinaus und winkte Sam hektisch zu sich, der durchs Garagenfenster spähte. Mit langen Schritten eilte er über den Hof und nahm den Anruf entgegen.
Auf den äußeren Schein kommt es an, sagte sich Susannah wie ein Mantra vor.
An diesem Abend genossen sie den Luxus, in Sams Bett zu schlafen, weil Angela eine Freundin in Sacramento besuchte und bei ihr übernachten würde. Aber nicht einmal die Liebesspiele verdrängten die geschäftlichen Schwierigkeiten.
»Ich habe nachgedacht«, erklärte Sam, die Lippen an ihrer Stirn. »Weißt du, was wir brauchen? Noch einen Partner – jemanden, der was von Elektrotechnik und Vermarktung versteht. Dieser Typ sollte einen scharfen Verstand besitzen. Und er dürfte sich nicht ans Establishment verkauft haben.« Er drehte sich auf den Rücken. »Kein Arschloch, sondern ein kreativer Spitzenmann. Am besten wäre eine Kanone wie Nolan Bushnell von Atari.«
»Leider hat er schon einen Job«, bemerkte Susannah und wickelte eine seiner Haarsträhnen um ihre Finger.
»Oder – das wäre großartig – eins von den Supergehirnen von Hewlett-Packard.«
Susannah seufzte. Anscheinend war Hewlett-Packard mit seinem progressiven Management-Stil der einzige amerikanische Konzern, den Sam bewunderte. »Warum sollte irgendjemand H-P verlassen, um mit uns in einer Garage zu arbeiten – ohne Bezahlung?«
»Wenn er eine Vision hätte, würde er’s tun. Ja, zum Teufel! Wenn er keine hätte, würden wir ihn gar nicht engagieren.«
Genau das liebte sie an ihm – und gleichzeitig trieb es sie zur Verzweiflung. »Glaub mir, es wäre unmöglich, einen bekannten, erfolgreichen Mann für SysVal zu gewinnen.«
»Würdest du aufhören, mir zu erzählen, was unmöglich ist? Dauernd nervst du mich damit. Sag mir doch zur Abwechslung, was möglich ist.«
»Ich versuche, realistisch zu denken.«
»Nein, du bist einfach nur negativ. Das habe ich satt. So kann ich nicht arbeiten.« Abrupt sprang er aus dem Bett und ging in die Küche.
Obwohl sich ihr Herz zusammenkrampfte, zwang sie sich, ihm nicht zu folgen. Nein, sie würde nicht in ihre alte Nachgiebigkeit zurückfallen. Sams Zorn loderte jedes Mal blitzartig und heiß, verflog jedoch genauso schnell. Trotzdem schlief sie erst ein, als er einige Stunden später wieder ins Bett kroch.
Kurz nach dieser Unterhaltung begann er die Hewlett-Packard-Vizepräsidenten auf dem Parkplatz der Firma abzupassen. Einem nach dem anderen versuchte er eine Partnerschaft an SysVal einzureden. Die meisten dachten, er wollte sie ausrauben, und sperrten sich in ihren Autos ein. Aber ein paar lockte er tatsächlich in die Garage, wo sie den Betrieb inspizierten und Ratschläge erteilten. Mehr kam dabei nicht heraus. An einem regnerischen Abend machte sich Sam sogar an Bill Hewlett persönlich heran.
Hewlett war freundlich, aber unerschütterlich. Warum sollte er den Milliarden-Dollar-Konzern verlassen, den er mitbegründet hatte, und Sams Engelszunge in ein kleines Computer-Nirwana folgen?
Danach verlor Sam allen Respekt vor Hewlett-Packard.
Am Wochenende vor dem Tag der Arbeit fand die erste kleine Computermesse in Atlantic City statt, und Sam verkündete, sie würden hinfliegen. »Wir müssen uns als landesweit
bekanntes Unternehmen etablieren, nicht nur als regionales.«
Schicksalsergeben stimmte Susannah zu, obwohl sie der Meinung war, eine Firma, die nicht einmal alle ihre ersten vierzig Single-Board-Computer verkauft hatte, dürfte sich den teuren Trip nicht leisten. Ihre vorsichtigen Einwände wies er diktatorisch zurück. Als sie merkte, dass er sich nicht von seinem Plan abbringen ließ, stellte sie eine Bedingung – wenn sie ihre Computer auf der Messe ausstellten, würden sie es auf ihre Weise tun.
Im Sommer 1976 glich Atlantic City einer abgetakelten Hure, die an verschiedenen Geschlechtskrankheiten litt. Einem neuen Gesetz zufolge, über das gerade in Trenton beraten wurde, sollte das Glücksspiel wieder erlaubt werden. Bis man dieses Ziel
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