Die Herzensbrecherin: Roman (German Edition)
Ansichten über Männer war sie ziemlich zynisch. Sie wusste, dass Cal in Joels Nähe bleiben wollte. Um das zu erreichen, würde ihm die eine Tochter genauso nützen wie die andere. Doch er begegnete ihr freundlich und einfühlsam, und sie brauchte jemanden, dem sie etwas bedeutete. »Und – Sex?«, fragte sie stockend. »Bist du nicht scharf darauf?«
Da streichelte er wieder ihr Knie. »Für Kerben in einem Bettpfosten habe ich mich nie interessiert. Missversteh mich nicht. Ich genieße Sex, aber er ist nicht das Wichtigste in meinem Leben. Im Augenblick brauche ich eher eine Freundin als eine Geliebte.« Er hielt ihr seine Hand hin. »Sind wir Freunde?«
Weil er so ehrlich war, gab sie ihre Reserve auf. »Freunde«, wiederholte sie und schüttelte seine Hand.
Auf der restlichen Fahrt nach Falcon Hill unterhielten sie sich ungezwungen. Allmählich entspannte sich Paige. Cal verstand, wie unfair Joel sie stets behandelt hatte. Zum ersten Mal seit dem Tod ihrer Mutter stand jemand wirklich,
auf ihrer Seite. Daheim angekommen, fühlte sie sich so gut wie seit Jahren nicht mehr – wie ein angeschlagenes Schiff, das endlich im Hafen gelandet war.
Pünktlich lieferte Sam die vierzig Computer bei Pinky im Z.B. Electronics ab. Jedes Gerät steckte in einer hölzernen Kassette mit der Aufschrift »SysVal I«. Die römische Zahl Eins hatte Susannah erst kurz vor dem Morgengrauen in der Gestalt vergoldeter Lettern aufgeklebt.
Zu ihrer Erleichterung bezahlte Pinky die Rechnung sofort, und sie konnte die Schulden bei Spectra begleichen. Doch sie blieben nur einen einzigen Tag schuldenfrei, bis Sam neues Material auf Kredit bestellte, und der Kreislauf begann von vorn. Unglücklicherweise hatten sie diesmal keinen Interessenten für weitere Computer.
Während der nächsten Wochen verkaufte Pinky etliche Ein-Platinen-Computer an befreundete Hardware-Freaks. Aber die Geräte wurden nicht gerade aus den Regalen gerissen, und das bereitete Susannah Sorgen. Sie hatten ein paar Anzeigen in Hobbyzeitschriften setzen lassen und erhielten einige Bestellungen. Allzu viele waren es nicht. Yank hatte schon begonnen, am Prototyp des selbständigen Computers zu arbeiten, den sie herstellen wollten.
Um lange genug zu überleben, bis sie mit der Produktion anfangen konnten, brauchten sie Zeit. Und Geld. Großes Geld. Schließlich schluckte Susannah ihren Stolz hinunter und überlegte, wie sie es auftreiben sollte. Eine Woche lang zog sie jeden Tag ihr altes Chanel-Kostüm an, lieh sich entweder Yanks Duster oder Angelas Toyota und besuchte Bekannte aus ihrem »früheren Leben«, wie sie es nannte. Mit Joels Freunden oder FBT-Mitarbeitern verschwendete sie keine Zeit. Stattdessen rief sie Mitglieder von Kays alter Clique und Leute an, die zusammen mit ihr im Aufsichtsrat verschiedener Wohltätigkeitsorganisationen gesessen hatten.
Fast alle stimmten einem Treffen zu. Aber wie sie bald herausfand, interessierten sie sich viel mehr für die Klatschgeschichten über ihre gescheiterte Hochzeit als für Investitionen bei SysVal. Wenn sie das Thema Geld anschnitt, rutschten sie unbehaglich in ihren Sesseln herum und erinnerten sich plötzlich an dringende Termine.
Jeden Abend kam sie müde und entmutigt nach Hause, und am Wochenende ging sie in die Garage und erzählte Sam niedergeschlagen, dass sie nun ihren gesamten Bekanntenkreis erfolglos abgeklappert hätte. Achselzuckend drückte er ihr eine halb leere Coladose in die Hand. »Wir müssen einen Risikokapitalgeber finden – jemanden, der ein paar Hunderttausend in die Firma pumpen würde. Dann könnten wir auf den Hobbymarkt verzichten und den Computer bauen, der uns vorschwebt.« Behutsam hob er ein Gerät aus der Burn-in-Box und packte es in eine Holzkassette.
Susannah drehte die lauwarme Coladose zwischen ihren Fingern hin und her. »Welcher respektable Risikokapitalgeber würde uns Beachtung schenken? Leider sehen wir nicht seriös genug aus.« In diesem Moment ertönte der Summer, den Yank über der Werkbank installiert hatte. Sie seufzte, stellte die Dose ab, und flitzte aus der Garage durch den Hof zur Küchentür.
Normalerweise schaffte sie es, das Telefon beim fünften Läuten zu erreichen. Aber an diesem Tag stolperte sie auf der Schwelle und verlor kostbare Zeit. Als sie den Hörer ans Ohr presste, sehnte sie sich nach dem Tag, an dem sie sich einen Telefonanschluss in der Garage leisten konnten. Wenn es auch professioneller klang, wenn sich eine Frau meldete –
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