Die Herzogin, ihre Zofe, der Stallbursche und ihr Liebhaber
möglichen Arten parfümierter Öle und Balsame zusammen, die Laure in ihre Haut massiert hatte, während Tatienne und Solange ihre Beine und ihre Scham rasierten. Es war so schrecklich ermüdend. Sie war sich nie sicher gewesen, warum dies von Bedeutung war, denn niemand außer den Mägden und ihrem Mann sah sie je nackt. Manchmal fragte sie sich, ob die Rituale der Schönheitspflege bloß dazu dienten, Frauen die Zeit zu vertreiben, die weniger zu tun hatten als sie.
Jetzt war Camille dankbar, dass sie sich in einem der Salons und nicht in ihrem Schlafzimmer von dem Jungen hatte nehmen lassen. In dem betreffenden Salon hatte Sylvie eine nach Rose duftende Kerze entzündet, die jeden anderen Duft überdeckte. Sollten die Bademägde bemerkt haben, dass etwas anders war als sonst, so hatte keine von ihnen ein Wort darüber verloren.
Sie schloss für einen Moment die Augen und genoss die kühle Frühlingsluft, die das parfümierte Badewasser auf ihrem Körper trocknete. Ehe die Dunkelheit hereinbrach und ihr Mann nach ihr rufen ließ, musste sie in ihren Gedanken in die Wirklichkeit zurückkehren. Falls er nach ihr rufen ließ.
Nun war sie müde, und ihr Körper schmerzte. Sylvie scheuchte die letzten Bademägde aus dem Gemach und rief zwei Wachsoldaten herbei, damit sie den Badezuber wegtrugen. Dann kehrte sie zurück und baute sich neben Camille auf.
“Madame, Ihr müsst etwas essen.” Ihre Stimme war sehr viel sanfter, als wenn sie mit den ihr gleichgestellten Dienern redete. “Ich habe Euch Essen gebracht, während Ihr gebadet habt. Seht Ihr? Lauter Sachen, die Ihr gerne esst. Ich habe sie eigenhändig zubereitet.”
Auf einem der Tischchen stand ein silbernes Tablett. Es gab frisches, gewürfeltes Brot, dünne Scheiben eines scharfen Käses, ein Schälchen mit weichem Ziegenkäse, mehrere Baisers und eine saftige Birne, die fächerförmig aufgeschnitten war.
“Danke, Sylvie. Du kannst gehen.”
“Geht es Euch gut, Madame?”
Sylvie diente Camille seit zu vielen Jahren. Camille wusste, sie fragte in Wahrheit nach dem Jungen und danach, was sie mit ihm getan hatte. Camille widerstand dem Impuls, Sylvie nach ihrer Meinung zu fragen. “Es geht mir wunderbar”, erklärte sie. “Beim Essen brauche ich deine Hilfe nicht.”
“Ja, Madame.” Sylvie verneigte sich und ging. Lustlos nahm Camille ein Stück Birne und zwang sich, es zu essen. Sie würde alle Kraft brauchen, die sie aufbringen konnte. Sie wollte den Herzog nicht sehen. Nicht jetzt. Aber sie musste ihm gegenübertreten. Sie musste Dinge tun, die ihr nicht gefielen, die aber zu ihren Pflichten gehörten.
Auf ihrem mit Intarsien verzierten Schreibtisch, der in einer Ecke zwischen Regalen seinen Platz hatte, stapelten sich die Schriftstücke. In den Regalen standen schwere Folianten, die sie von ihrem Vater geerbt hatte, welcher sie wiederum von seinem Vater übernommen hatte. In ihrer Sorge wegen der wachsenden Ungeduld, die der Herzog ihr gegenüber an den Tag legte, hatte sie ihre täglichen Pflichten vernachlässigt. Bis vor Kurzem pflegte sie stets aufmerksam die Berichte über Finanzangelegenheiten und Gerichtsverfahren durchzusehen, die ihr täglich von Graf Stagiaires Sekretär gebracht wurden. Mehr als fünf Jahre waren vergangen, seit der Herzog ihr den Sitz bei Gericht entzogen und ihr verboten hatte, die Fälle zu überprüfen. Aber sie konnte einfach nicht damit aufhören. Wenigstens ganz für sich wollte sie die Geschäfte des Herzogtums verfolgen. Graf Stagiaire war einst ihr Lehrer gewesen und hatte auch jetzt noch eine Vertrauensposition im Umfeld des Königs inne. Selbst wenn der Herzog herausfand, welche Informationen der Graf noch immer an Camille weitergab, würde ihn sein Amt als Würdenträger schützen.
Früher war es Camille möglich gewesen, sich völlig in ihre Arbeit zu vertiefen. Sie recherchierte Präzedenzfälle und alternative Urteile. Es war nicht das, womit sie sich die Zeit vertrieben hätte, hätte man sie wählen lassen, aber es war eine wertvolle Arbeit, und sie war dafür ausgebildet worden. Seit es ihr jedoch verwehrt war, den Vorsitz bei den Verhandlungen zu führen oder auch nur anwesend zu sein, wenn die Fälle entschieden wurden, die sie so sorgfältig studiert hatte, wurde ihre Arbeit immer wertloser. Man konnte sie mit dekorativen Stickereien vergleichen, die nie jemand zu Gesicht bekam. Als man ihr dann auch noch ihre Pferde verbot, hatte sie sich in sich selbst zurückgezogen. Der Anblick ihres
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