Die Hexe aus Burgund: Historischer Roman (German Edition)
Segimund vor, „König Alarichs Soldaten stehen doch ständig gegen Chlodwig bereit.“
„Richtig, Alarichs Goten.“
Darauf setzten sie eilends verschlüsselte Botschaften auf, und bereits eine Stunde später sausten zwei Geheimkuriere los, der eine zu Gundobad, dem Oberkönig von Burgund, und der andere zu König Alarich.
A lles war sodann verlaufen, wie von Waldur und Segimund eingefädelt. Drei Wochen später war Chlodwig mit seinen Mannen an den Grenzen Burgunds von einer Übermacht burgundischer und gotischer Heere überrascht worden. Verrat, hatte er wutschnaubend erkannt, eindeutig Verrat! Und er hatte unverrichteter Dinge wieder abziehen müssen.
Doch damit nicht genug, Chlodwigs Fiasko ging anschließend von Mund zu Mund, in allen keltischen Ländern tauchten Spottlieder über den listreichen Loki auf, der sich nun selbst hatte überlisten lassen. Wobei niemand ahnte, wem er diese Blamage zu verdanken hatte.
Chlodwig kostete diese öffentliche Verspottung fast vollends den Verstand. Er raste und toste furioser denn je durch die Büros seiner Hofräte, stundenlang, weshalb jeder seine Nähe floh. Nur eine überwand ihre Furcht und stand ihm zur Seite - seine bisweilen ja hilfsbereite Gemahlin. Immer wieder redete sie beschwichtigend auf ihn ein, und schließlich gelang es ihr, ihn mit ablenkenden Worten und sanftem Druck in sein Gemach zu führen, das sie sogleich von innen verschloss.
Dort beruhigte er sich zunächst ein wenig. Bald aber lief er wieder feuerrot an, begann zu keuchen und fegte dann wie ein Irrwisch umher - alles zerschmeißend, wild aufkreischend und sich wieder und wieder mit zuckenden Krämpfen auf dem Boden wälzend. Die halbe Nacht hindurch. Es war sein bisher heftigster Hysterieanfall.
Trotzdem konnte die Hofärztin gemeinsam mit Chrodegilde auch diesmal sein Furienfeuer allmählich wieder eindämmen.
Danach noch einige Tage intensiver Ruhe, und sein Verstand war wieder zurechtgerückt. Um ihn auch weiterhin beieinander zu halten, musste Chlodwig nun strikt alle ärztliche Anweisungen befolgen, was ihn fast überforderte, denn die erlittene Schlappe wütete nach wie vor in ihm, stets danach drängend, sich als neuerliches Blitzgewitter zu entladen. Ein harter, ein echter Drachenkampf für ihn.
Bis ihn Chrodegilde davon befreite. Allerdings auf ihre jetzt wieder gewohnt infame Weise. Mit Sirenengezwitscher lenkte sie seine innere Lohe in eine andere Richtung - nach Frowang. Diesmal mit promptem Erfolg.
„Oui“, strahlte er sein Chrodegildchen an, „das Alemannenschloss. Dass ich darauf nicht selbst gekommen bin.“
H ätten Waldur und Segimund, wenn sie diese Konsequenz bedacht hätten, wohl auch die Kuriere ausgesandt?
Jedenfalls schritt Chlodwig umgehend zur Tat. Und er wählte diesmal eine römisch-rabiate Strategie. Dazu schickte er bereits im Herbst zweitausend besonders scharf geschulte Soldaten, angeführt von zwei Dutzend Offizieren und einem bretonischen Ritter an der Spitze, nach Frowang.
„E rgebt Euch, Alemannenfürst!“, befahl der bretonische Ritter, als er, lederne Fesseln bereit haltend, auf dem Schlossplatz vor Waldur stand.
W aldur fragte möglichst ungerührt aus seinem Rollstuhl zu ihm hoch: „Wie bitte? Neue Rittersitten?“
„Keineswegs, Hoheit, auf Befehl seines Gebieters ist ein Ritter befugt, einem Fremdregenten Fesseln anzulegen.“
„Keinem Fremd- sondern einem Feindregenten“, verbesserte ihn Waldur. „Ich aber bin nach wie vor mit Eurem Regenten, dem Bretonenfürsten, befreundet. Also?“
Der Ritter schwieg. Waldur sah ihm jedoch seinen inneren Kampf an, den er noch verstärken wollte: „Ich verstehe, Ihr hört jetzt auf König Chlodwigs Wort.“
Darauf wurde das Gesicht des Bretonen fahl, und sein Rechtfertigungsversuch entbehrte jedweder Überzeugung: „Er hat unseren Fürsten besiegt und ist somit mein neuer Gebieter. Laut Rittereid muss ich seine Befehle ausführen.“
Waldur nickte ernst: „Euer neuer Gebieter hat Euch in Zwiespalt versetzt, da er nur diesen Teil der Rittergelübde kennt. Und Ihr? Brächtet Ihr es wirklich fertig, Hand an einen Befreundeten und noch dazu Wehrlosen zu legen?“
Eine lange Pause entstand, während der Waldur sein Gegenüber beobachtend im Auge behielt. Dann brachte der Bretone fast abwesend hervor: „Ich kann das nicht mehr verantworten, Hoheit, ich fordere einen neuen Kommandeur aus Soissons an. Mag er die hiesigen Aufträge durchführen.“
„Ihr sagt Euch also los von dem Loki-König,
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