Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
schön begrünten Hinterhof gewählt. Ein Tisch mit sechs Stühlen stand unter einem Kronleuchter und an der Seitenwand ein schöner Schrank, eine Anrichte, unten drei Türen mit wertvollen Schnitzereien, oben Glastüren - ein Schmuckstück. Balthasar setzte sich auf einen Stuhl an der Stirnseite des Tisches und wies Luzia daneben auf den Stuhl vor dem Schrank. »Magdalene, bring uns Bier.«
Sie knickste. »Euer Gnaden, ich werde das Mädchen …«
»Magdalene, du machst es selbst.«
Ohne Widerspruch knickste sie nochmals und verließ den Raum. Sie schloss sorgfältig die Tür. Balthasar lehnte sich in seinem Stuhl zurück und deutete auf den Schrank. »Diese Tür ist verschlossen. Es befindet sich Schmuck darin und über dem ist ein Fach, in dem ein Aktendeckel mit Papieren liegt. Damals gewährte man mir Zutritt, heute müsste ich bitten. Ich will, dass du die Papiere nimmst.«
Luzia war verblüfft. Damit hatte sie nicht gerechnet und starrte ihn an. »Nanu, Kleines, kannst du es auf einmal nicht mehr? Du weißt, dass wir einen Handel haben.«
Von einem Handel wusste sie nichts. Sie wusste nur, dass sie tun musste, was er ihr sagte. Also drehte sie sich dem Schrank zu, hockte sich vor die Tür und nahm die Dietriche aus ihrer Schürzentasche. Schnell hatte sie den Schrank offen und es war genauso, wie der Zentgraf gesagt hatte. Nur einen Blick warf sie dem Schmuck zu, der lange nicht so wertvoll war, wie das Haus vermuten ließ. Sie nahm die Papiere und hielt sie ihm hin. Abwehrend streckte er die Hände aus. »Nimm du sie.« Sie steckte den Pappendeckel unter ihre Schürze und verschloss mit den Dietrichen sorgfältig die Tür. Dann stand sie auf und knickste. »Es ist alles genauso wie vorher, Euer Gnaden.«
Kaum sagte sie das, kam Magdalene herein. Sie trug ein Tablett mit bunten Gläsern. Sie klirrten aneinander, so sehr zitterte sie. Luzia konnte ihr das nicht verdenken, wer Zentgraf Noß kannte, der tat gut daran, vor ihm zu zittern. Es musste ein wohlhabender Haushalt sein, wenn es so kostbare Pokale hier gab. Magdalene deckte die Gläser auf, verschwand kurz und kam mit einem Bierkrug wieder. Sie schenkte dem Zentgrafen zuerst ein, dann Luzia und sich selbst, bevor sie ihr gegenüber auf dem vorderen Rand des Stuhls Platz nahm. Balthasar kostete. »Luz, Liebes, du wirst dich wundern, warum ich dich hierher gebracht habe. In diesem Haus will ich dir zeigen, dass es ein ehrbares Leben auch für eine unverheiratete Frau gibt. Magdalene hier hat beschlossen, ledig zu bleiben. Sie führt den Haushalt für ihren Bruder, der sich einen Namen als Gelehrter machte. Er ist so ambitioniert, dass er keinen Sinn für die Welt um sich herum hat und keine Zeit zum Heiraten. So braucht er jemanden, der sich um ihn kümmert. Er forscht über das Sternenzelt. Ist das nicht interessant? Nun, Magdalene, du führst doch ein tugendhaftes Leben?«
»Jawohl, Euer Gnaden.«
»Ich wusste es. Das freut mich. Magdalene, beschreibe doch bitte meiner lieben Freundin Luzia, wie tugendhaft du bist. Fange am Anfang an. Wie wäre es mit dem Taufschein? Zeige ihn einfach.«
Magdalene zögerte merklich, dann stand sie auf und ging hinter Luzia zum Schrank. Sie öffnete mit dem Schlüssel von ihrer Hüfte die bezeichnete Tür und steckte den Kopf tief hinein. Das Fach über dem Schmuck war leer. Magdalene stutzte. Fahrig strich sie mit der Hand über den Regalboden und hatte nicht einmal Staub an den Fingern. Sie blickte hoch zum Zentgrafen. »Es tut mir leid, Euer Gnaden, mein Bruder muss meine Papiere herausgenommen haben. Er sagte nichts davon, aber vielleicht gab es eine Besorgung beim Amtmann. Obwohl sonst immer ich …«
Wegwerfend bewegte Balthasar die Hand. »Macht ja nichts. Meine liebe Freundin Luzia kommt von weit her und hat die Art noch nie gesehen, wie wir dieses wichtigste Dokument in unserem Leben gestalten. Es ist eine beglaubigte Kopie des Taufbuches, das jede Gemeinde zu führen verpflichtet ist. Magdalene ließ sie damals ausstellen, während sie von einem schlimmen Verdacht befreit wurde. Kurz darauf brannte die Kirche mitsamt den Aufzeichnungen ab. Jetzt ist dieser Schein alles, was beweist, dass sie im Namen Christi getauft wurde. Jeder, der solcherlei besitzt, sollte es in Ehren halten. Kleines, der Taufschein prangt mit Goldbordüren und rot glänzendem Siegelwachs, eine Augenweide. Und warum, Magdalene, haben wir das so eingerichtet?«
»Weil es das wichtigste Dokument unseres Lebens ist, Euer Gnaden, das
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