Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
erhob sie sich und schlug den Blick nieder. So hatte Magdalene sich verhalten und schien ganz gut damit zu fahren. »Bitte, Euer Gnaden«, flüsterte sie, »ich habe getan, was Ihr wolltet. Darf ich jetzt gehen?«
»Noch eine kleine Weile. Ich habe immer mein Gebetbuch bei mir, das mir in allen Situationen Trost spendet. Später werden wir gemeinsam darin lesen. Aber vorher …« Sanft nahm er sie an der Schulter und schob sie zur Tür über den Flur und in den gegenüberliegenden Raum. Als sie sah, wohin es ging, wollte sie sich im ersten Moment sträuben, überlegte es sich aber anders. Wenn er sie dort haben wollte, bekam er sie dort hin, im Guten oder Bösen. Also war sie besser folgsam.
»Zieh dich aus.« Seine Stimme klang ruhig und er wandte sich halb ab, bis er sah, dass sie sich nicht bewegte. »Luzia, wir spielen hier nach meinen Regeln. Und die erste Regel lautet, dass du dich ausziehst.«
Ihr Mund wurde trocken, als sie sah, dass die Werkzeuge noch immer im Feuer lagen. »Bitte nicht«, brachte sie heraus. »Ich habe doch alles getan, ich habe doch gehorcht …«
Liebevoll strich er über ihre Wange. »Kleines! Sicher warst du brav. Das werde ich berücksichtigen, unbedingt. Ich sagte dir, es wird eine Strafe geben. Beginn dieser Strafe ist es, dass du dich ausziehen musst. Und jetzt tu es. Sonst müssen es wieder die Büttel erledigen. Wenn du folgsam bist, werde ich morgen früh meinen Weg nach Mainz antreten können. Sei sicher, dass sich das auf meine Laune auswirkt.«
Ihre Finger zitterten so, dass sie kaum die Schnürungen aufbekam. Endlich hatte sie die ungewohnt üppige Kleidung auf einen sauberen Stapel abgelegt und kam sich unendlich dumm vor, wie sie eine Hand vor die Brüste legte, die andere vor die Scham. Er lächelte freundlich. »Die Haare. Nimm die Nadeln heraus.«
Auch das tat sie und diesmal beobachtete er sie aufmerksam. Er trat auf sie zu und strich über das nun lose herabfallende Haar. »Deine Haare sind wundervoll. So ein hübsches Mädchen.« Seine Stimme ließ es in Luzias Bauch warm werden, aber sie spürte ganz genau den bedrohlichen Unterton. Schließlich ergriff er ihr Handgelenk und hob es in die Schelle. Mit einem lauten Klicken rastete das Schloss ein. Als er die zweite Hand ergriff, küsste er sogar galant mit einer leichten Verbeugung ihre Fingerspitzen, aber ungeachtet dessen ließ er auch hier das Schloss einrasten. Und wieder balancierte sie auf ihren Zehenballen und wusste, dass nach wenigen Minuten die Schultern wehtun würden.
»Ach«, seufzte er, »die Handschellen sind zu kurz. Wärest du nur wenig kleiner, müssten wir einen Klotz unterlegen. Nur passiert es oft durch mangelndes Vertrauen der Inquisiten, dass eine unbedachte Bewegung den Klotz kippt, und dann sind die Schultern ausgerenkt. Mein Kleines, ich will dir jeden unnötigen Schmerz ersparen. Du musst jetzt tapfer sein, versprichst du mir das?«
Es war nur eine rhetorische Frage, denn er rief sofort die Büttel herein, die eifrig kamen. Er deutete auf Luzia. »Wir können uns die Prozedur des Scherens sparen, weil die Schuld erwiesen ist.« Eiseskälte überfiel sie bei seinen Worten. Dieser Schuft! »Nur ein Geständnis fehlt. Sie ist sich des Ernstes ihrer Lage noch nicht bewusst. Bitte helft mit zwanzig Streichen nach!«
»Aber das stimmt doch gar nicht!«, schrie Luzia panisch. »Ich habe alles getan, was Ihr sagtet! Das dürft Ihr nicht!«
Ihre weiteren Worte wurden zu einem lauten Schrei, als die Rute das erste Mal ihr Hinterteil traf. Sie wand sich in ihren Fesseln, bettelte und jammerte, aber der eine zählte monoton bis zwanzig, während der andere zuschlug. Zentgraf Noß faltete die Hände vor der Brust, schloss die Augen und murmelte mit gen Himmel gerichtetem Antlitz ein Gebet. So ein Heuchler!
Luzias Gesicht war tränenüberströmt und sie schluchzte haltlos, als es vorbei war. Balthasar trat zu ihr und wischte zart mit dem Daumen die Tränen ab. »Du armes Kind! Wenn du dies schon so hart nimmst … Es ist alles nur zu deinem Wohl, bedenke das. Ohne Scham und Reue zeigtest du, welche Gabe Satan dir verlieh. Oh, grenzenloses Vertrauen muss er in dich setzen, dass selbst heilige Symbole auf einer Urkunde nicht vor deinen Untaten schützen. Jetzt bekenne frei heraus, wie er dich überredete. War es die Wollust? Verführte er dich mit Unzucht? Brachte er dir Genüsse wie kein sterblicher Mann? Streichelte er deine Brüste mit seinen Krallen, bevor er die Hexenmilch saugte? Wie
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