Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
Frau, so früh wie möglich einen Gatten zu nehmen und sich ihm demütig hinzugeben, wird von den Kanzeln gepredigt. Magdalene … Sie will nicht. Ich fragte sie warum, und sie sagte, sie könne den Gedanken nicht ertragen, von einem Mann berührt zu werden. Was soll ich da tun? Zähmen kann ich sie nicht. Sie liegt mir am Herzen und ich will sie glücklich sehen. Wenn eine Ehe sie unglücklich machte, dann soll sie in Gottes Namen bei mir bleiben und meine Protokolle führen.«
»Herr, du bist auch nicht verheiratet.«
»Oh, das hat noch Zeit. Eine Frau muss früh und oft gebären, bevor ihr Körper steif und verbraucht ist. Ältere Gebärende sterben häufiger im Kindbett. Der Landesherr braucht Soldaten und jedes Jahr werden unzählige arme Seelen von Seuchen dahingerafft. So geht der einzige Weg, dass auch eine Frau etwas für die Gemeinschaft tut und ihre Pflicht vor Gott und der Welt erfüllt. Damit verhilft sie der Gerechtigkeit wenigstens zu einer Armee.« Luzia holte kurz Luft, entschied sich allerdings, bei diesem ersten Treffen mit ihrer Meinung hinter dem Berg zu halten. »Ein Mann hat da andere Möglichkeiten. Es wäre mir ein Triumph, meine Forschung eines Tages als Waffe gegen die Heiden zu sehen. Stelle dir vor, ich könnte im Voraus stundengenau den Zeitpunkt festlegen, zu dem eine Entscheidungsschlacht erfolgreich abliefe! Oder ich destillierte in meinem Laboratorium den Trank, der Soldaten auf der Stelle von ihren Verletzungen genesen ließe, dass sie gleich weiterkämpfen könnten! Ich widme jede freie Minute meiner Arbeit. Da finde ich keine Zeit, mich nach einer Gattin umzusehen. Vielleicht - ich hoffe es - ergibt sich irgendwann etwas. Die Damen, die mir bisher vorgestellt wurden … Nun, ich bin wohl durch das kuriose Interesse Magdalenes zu verwöhnt. Es ist einer Frau nicht zuzumuten, sich für Alchemie und Astronomie zu interessieren.«
»Aber reicht es denn nicht, wenn sie hübsch ist und gut kochen kann?«
Er hob eine Augenbraue und sah sie an, dann lachte er. »Das war wieder ein Scherz, oder? Du willst etwas ganz bestimmtes von mir hören. Ja, ich gestehe, ich suche eine kluge Frau, die sich nicht gelangweilt abwendet, wenn ich von meiner Arbeit erzähle. Meine Wissenschaft ist mein Leben und ich brauche keine Frau, die mein Leben nicht teilt. Wir haben eine Köchin, zwei Mädchen und eine Wäscherin, ganz zu schweigen von all den dienstbaren Geistern, die nur kurz hier ihr Handwerk verüben. Die tun alle ihre Arbeit und ich muss mich um nichts kümmern. Was will ich da mit einer Frau, die sich beleidigt fühlt, dass ich ihr nicht meine Zeit widme? Sie wäre unglücklich und ich verbittert. Das ist nicht der Zweck einer Ehe. Wenn ich emeritiert bin, finde ich vielleicht die Muße.«
»Emeritiert? Das heißt - auf dem Altenteil? Wer ein Leben lang keine Partnerin hatte, kann sich im Alter nicht mehr daran gewöhnen. Außerdem besteht das Leben aus mehr als Arbeit und Essen. Mann und Frau sollten mehr gemeinsame Interessen haben als Tisch und Bett.«
»Vom Bett haben wir doch noch gar nicht geredet!«
Das kam spontan heraus und sofort sah Luzia, wie peinlich ihm das war. Er beugte sich zu seiner Kaffeetasse herunter, trotzdem erkannte sie den Hauch Röte, der sich über sein Gesicht zog. Sie konnte ein Lächeln darüber nicht vermeiden. »Das ist, glaube ich, eine der Angelegenheiten, die meine und Eure Welt am meisten unterscheiden, Herr. Die Kreise, in denen ich aufwuchs, sehen das ungezwungener. Was ich allerdings von Zentgraf Noß zu hören bekam, war … abstoßend.«
»Ja, Magdalene berichtete darüber. Wir reden da recht offen. Sie empfand es auch als abscheulich. Der Herr sagte: Wachset und mehret Euch. Warum machen die Pfaffen dann daraus eine so große Sünde? Äh, ich meine, Moral ist wichtig, aber … Es handelt sich doch nun mal um eine Tatsache … äh …«
Schon wieder verfingen sich ihre Blicke ineinander. Luzia konnte einfach nicht wegsehen. Er hatte wirklich unwiderstehliche Augen. »Kaffee«, murmelte sie.
Er fuhr zusammen. »Ja. Kaffee. Den habe ich von meinen Reisen mitgebracht. Ich bin weit herumgekommen. In Prag lernte ich Tycho Brahe und seinen Assistenten Johannes Kepler kennen. Er stellte mir ein beachtenswertes Horoskop. In Salerno studierte ich die Mathematik. Zurück kam ich über See und nahm dann den Landweg durch Holland. Dort fand ich in einer kleinen Stadt einen Brillenmacher, der seinen Kindern als Spielzeug missratene oder gebrochene Linsen
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