Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)
sie, wie die Phasen des Mondes zustande kamen und dass er nicht selbst leuchtete, sondern das Licht der Sonne reflektierte wie eine weiße Wand. Das alles hatte sie schon gehört, aber der es sagte, hatte es selbst nicht geglaubt und verlacht. Die Erde war eine Kugel. Darum konnte die Neue Welt besiedelt werden und zum höheren Ruhme des Herrn von Heiden befreit. Bei nächster Gelegenheit musste sie den Professor fragen, warum niemand herunterfiel auf der unteren Seite der Kugel. Wenn es jemand wusste, dann Lukas Wegener.
Der Raum war still und sie verlor jedes Zeitgefühl darin. Irgendwann ließ sie das Buch einfach sinken und wollte nur einen Moment die Augen schließen. Sie schlief tief und traumlos.
Kapitel 7 - Magdalene
Luzia wachte in einer angenehmen Gelöstheit auf. Sie hatte das Gefühl, nichts Dringendes vorzuhaben und noch ewig so weiterdösen zu können. Es war warm und still und wenn sie nicht leichten Hunger verspürt hätte, dann gäbe es keinen Grund zum Aufstehen. So öffnete sie die Lider und schaute geradewegs in die dunklen Augen von Lukas Wegener. Sie staunte selbst darüber, dass sie nicht überrascht zurückzuckte. Lukas lächelte kurz. »Ich wollte dich nicht wecken. Oder nein, doch … du sahst so … friedlich aus …«
Luzia merkte, dass er etwas anderes sagen wollte. Neben ihrem Bett erhob er sich aus der hockenden Position, klappte den heruntergefallenen Band zusammen und stellte ihn ins Regal.
»Das Buch gefällt mir«, sagte sie.
»Du hast gerade einmal acht Seiten gelesen.«
»Das sind acht Seiten mehr, als ich die letzten zehn Jahre gelesen habe. Bei Büchern dachte ich mir immer: Lass andere vor. Aber das da verstand ich alles. Ist das Buch von Euch, Herr?«
Er nickte, ohne sie anzusehen. »Für meine Studenten. Manchmal erschreckt es mich, mit welchem Grundwissen sie an die Universität geschickt werden. Ein reicher Vater macht noch keinen guten Gelehrten.«
»Wie spät ist es eigentlich?«
»Bald zehn Uhr. Dunkle Nacht. Wollen wir es versuchen?«
Ernst nickte sie. Es wurde Zeit, Magdalene zu helfen. Lukas reichte ihr einen weiten, grauen Kapuzenmantel seiner Schwester. Er öffnete die Kellertür, durch die man ins Laboratorium kam, sah sich auf dem Hof um und gab ihr ein Zeichen. Sie wartete, bis er ein Ventil öffnete und aus einem Rohr Dampf oberhalb der Tür abgeblasen wurde. Schnell lief sie im Schutz des entstandenen Nebels die wenigen Schritte zur Hintertür des Hauses und verschwand im Treppenflur. Es dauerte einige Minuten, bis er nachkam, das hatten sie so ausgemacht. Er ging vor ihr die Treppe hoch und rief oben laut nach dem Mädchen Trine als Zeichen, dass alles in Ordnung war und Luzia kommen konnte. Trine stand vor der Haustür und knickste, dann stieg sie ein paar Stufen empor und blieb vor dem Fenster auf die Gasse stehen. Überall sonst im Haus waren sorgfältig die Läden vorgelegt. Luzia fühlte sich sicher.
Im Treppenflur hockte sie sich vor die Vertäfelung. Lukas beobachtete genau, wie sie hinter dem Spalt zwischen Wand und Täfelung tastete. Ihr Lächeln sah siegesgewiss aus, doch gleich danach drehte sie sich bestürzt zu ihm. »Sie sind weg!«, rief sie. Entsetzt starrte Lukas sie an, aber sie ließ sich durch ihn nicht ablenken. Konzentriert klopfte sie auf die Täfelung und nickte schließlich. Sie lief die Treppe hinunter bis zum Absatz und tastete dort. Einen Augenblick später hielt sie lose Blätter in der Hand, die sie Lukas reichte. Er blätterte sie durch, dann drückte er sie an seine Brust und murmelte ein Dankgebet. Schließlich stand er auf und half Luzia hoch. »Danke, Luzia, vielen Dank. Du rettest damit meiner Schwester das Leben. Verlange von mir, was du nur willst, ich will es dir geben.«
Er ließ die Hand nicht los, mit der er ihr hoch geholfen hatte. Verlegen wusste sie nicht, was sie tun sollte. Sie wurde rot und schlug den Blick nieder. »Es ist doch alles meine Schuld. Das war das Mindeste. Ich nahm die Papiere aus der Mappe und steckte sie unbemerkt hinter die Vertäfelung. Eine Rechnung über Tischwäsche und eine Aufstellung von Möbeln ließ ich drin, die zerriss ich dann am Bach. Welch Glück, dass Noß sich damit die Hände nicht schmutzig machen wollte.« Sie lächelte. »Ich erschrak, als ich vorhin die Papiere nicht gleich fand. Sie rutschten hinter dem Holz die Treppe hinunter. Ihr solltet jetzt schnell den Taufschein jemandem bringen, der ihn beglaubigt, und dann Magdalene befreien.«
»Zuerst sorge ich für
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