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Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition)

Titel: Die Hexe muss brennen. Historischer Roman. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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erkannte in diesem Moment, dass sie sich in seinen dunklen Augen verlieren könnte, wenn sie nur lange genug hineinsah. Unendliche Dankbarkeit überflutete sie. Ihr Retter war nicht so alt, wie sie vermutet hatte. Edles Grau färbte seine Schläfen, aber er besaß die stattliche Figur eines jungen Mannes. »Danke«, flüsterte sie und senkte ihren Blick mit Willensanstrengung. Sie gewann wieder Kontrolle über ihre Stimme. »Mehr als Todesangst. Er tut einem mehr an als nur den Tod.«
    »Dieses Schwein«, quetschte er heraus und ballte die Fäuste. Er wandte sich ab und Luzia hörte seine Zähne knirschen. Energisch ging er durch die Tür in den Schutzraum und schenkte sich auch einen Becher Kaffee aus der furchterregenden Apparatur auf dem Herd ein. Er setzte sich ihr gegenüber und brachte sogar ein Lächeln fertig. »Wir haben uns noch nicht einmal vorgestellt. Ich bin Freiherr Lukas von Wegener.«
    »Luzia Heußer«, murmelte sie in ihre Kaffeetasse und mied seinen Blick. »Ihr seid Herrin Magdalenes Bruder.«
    »Was ist jetzt mit dem Taufschein?«
    »Ich habe ihn gestohlen. Zentgraf Noß zwang mich dazu. Er versprach mir … Ach, er versprach mir nichts und ich bekam auch nichts. Es war nur ein Beweis seiner Macht über mich. Ich wollte unbedingt etwas tun, ihm zu gefallen, dass er mich nicht so quält. Ich hätte alles getan.«
    »Ja, das glaube ich. Genauso beschrieb Magdalene es. Wo ist jetzt der Taufschein?«
    »Er ist … es ist schwer zu erklären. Herr, lasst mich in die Wohnung, dann hole ich ihn zurück.«
    »In der Wohnung ist er nicht. Ich habe den Schrank auseinandergenommen, jeden Teller hochgehoben und jede Rückwand abgeklopft. Er ist nicht im Schrank, nicht darunter und auch nicht dahinter. Wir haben das ganze Haus durchsucht«
    »Er ist weggezaubert.«
    Seine Augen wurden starr. »Ist das wieder so ein verteufelter Scherz von Zentgraf Noß?«
    »Das denke ich auch. Er sieht es als Scherz, ganz sicher. Und es ist ja auch eine Ironie, weil Ihr über Verborgenes forscht - oder stimmt das nicht?«
    »Sicher. Ich berechne die Beeinflussung von Planeten durch ihre Nachbarn in der Sonnenumlaufbahn, auch wenn man sie nicht sieht. Das hat nichts mit Zauberei zu tun, nur mit Mathematik. Ist das wieder so etwas, zu dem Zentgraf Balthasar dich zwingt? Will er auch noch mich quälen?«
    »Nein, bitte, ganz ehrlich. Zentgraf Noß hat nichts damit zu tun. Beziehungsweise … Ach, es ist kompliziert und ich gehe nicht damit hausieren. Eigentlich weiß es nur ein einziger Mensch - Zentgraf Noß. Ich sagte es ihm, damit er mich nicht für eine Hexe hält, aber damit habe ich genau das Gegenteil bewirkt. Jetzt ist er felsenfest davon überzeugt. Was ihn allerdings nicht daran hinderte, meine Fähigkeiten für seinen Betrug zu nutzen. Wenn er zu der Meinung gekommen ist, es mit einer Hexe zu tun zu haben, dann macht er alles, um das zu beweisen, und wenn das auch noch so unehrenhaft ist. Er hat mich gezwungen, die Papiere zu stehlen, um einen Beweis gegen Magdalene zu haben.«
    »Aber wie? Wie hast du das gemacht? Die Papiere lagen in einem verschlossenen Schrank, der nicht aufgebrochen wurde. Woher wusstest du, wo sie waren? Und was hat das mit meiner Forschung zu tun?«
    »Zentgraf Noß sagte mir, wo sie sind, und ich öffnete das Schloss mit einem Dietrich. Das ist mein Talent. Ich muss nur ein Schloss sehen und weiß, wie ich es öffne. Weil diese Gabe mir zur Flucht verhalf, damit ich Magdalene retten kann, ist es eine himmlische Gabe. Seht es als Gottesurteil: Zentgraf Noß nahm mich gefangen und zwang mich dazu. Als er mich allein ließ, flehte ich zu Gott, was ich nie vorher in meinem Leben tat, und bat ihn, mich fliehen zu lassen. Ich wuchs über mich hinaus, vollbrachte Dinge, von denen ich nie im Leben gedacht hätte, dass ich dazu fähig bin, und hatte Erfolg. Vor lauter Aufregung merkte ich gar nicht, wohin ich floh, bis ich vor diesem Haus stand. Jetzt weiß ich, dass Gott mich hierher führte, um diesem Ungeheuer das Handwerk zu legen. Lacht mich aus, Herr, aber das ist meine Überzeugung.«
    »Ich lache nicht. Es ist ein Wunder, wenn jemand Zentgraf Noß’ Fängen entflieht.«
    Sie erzählte ihm ganz genau, was sie wusste. Schnell kam sie auf die Tricks, die auf der Bühne verwendet wurden, Dinge verschwinden zu lassen, wo Fingerfertigkeit wie Zauberei wirkte. Er hörte so fasziniert zu, dass er die Sorge um seine Schwester zu vergessen schien. Als sie nichts mehr zu sagen wusste, stand er auf und

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