Die Hexe und der Herzog
Pfeffersäcke Euch damals aufgezwungen haben, widersprechen jedem Geschäftsgebaren unter Christenmenschen.«
Die Miene des Herzogs war grimmig geworden.
»Wie recht Ihr habt! Am liebsten würde ich sie auf der Stelle wie Läuse in meiner Faust zerquetschen. Doch leider reichen die Verträge, die wir geschlossen haben, bis weit in das nächste Jahr hinein. Allerdings ist für Abhilfe bereits gesorgt. Merwais, mein neuer Jurist, brütet seit einiger Zeit über dem Fall – und wehe, er findet keinen Ausweg!«
Antonio de Caballis führte den Herzog in den obersten Raum, wo man einen Imbiss vorbereitet hatte, bevor der Herrscher wieder nach Innsbruck aufbrechen würde. Sigmund ließ sich Wildschweinschinken und Rebhuhnpastete munden und trank dazu einige Becher von dem würzigen Kretzer. Das triefende Schmalzgebäck jedoch, das später aufgetragen wurde, ließ er unberührt.
»Junge Weiber und alte Fresssäcke passen nun einmal schlecht zusammen«, sagte er. »Schließlich gibt es noch andere Genüsse als die Freuden der Tafel.« Gedankenverloren spielte er mit den Münzen in seiner Hand. »Denn was zählt letztlich mehr als tüchtige Manneskraft, wenn die Braut im Schlafgemach wartet?«
Er leerte seinen Becher und erhob sich, sichtlich zum Aufbruch drängend.
»Lasst den Münzschreiber ruhig für zwei Tage nach Hause reiten!«, sagte er. »In der Zwischenzeit kann sein Stellvertreter für ihn einspringen. Nach seiner Rückkehr wird Scheuber wieder umso eifriger bei der Sache sein.«
Der Bischof erkannte den Besucher sofort, machte aber keinerlei Anstalten, seinen Weg im Kreuzgang zu unterbrechen. Auf seinen jungen Notarius gestützt, schritt er langsam und konzentriert weiter, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt.
»Nicht eine meiner Nachrichten habt Ihr beantwortet!« Grußlos war Heinrich Kramer auf ihn zugestürzt. »Und Euch tagelang geweigert, mich zu empfangen. Der Heilige Vater in Rom wird sicherlich …«
»… Mitgefühl zeigen gegenüber einem leidgeplagten Bruder im Herrn, dem die Gicht schwer zugesetzt hat.« Georg Golser zwang sich zu einem Lächeln und deutete auf den linken Fuß, der mit Fell umwickelt war. »Der schmerzhafteste Anfall seit Jahren. So bitterlich muss ich jetzt für Jakobes berühmtes Nierenragout büßen. Nun will nicht einmal der weiteste Schuh mehr passen. Und hätte mir dieses freundliche Murmeltier sein weiches Fell nicht zur Verfügung gestellt, ich käme wohl gar nicht mehr aus der Stube.«
Sein Gesicht war schmal und blass. Die Strapazen der letzten Tage waren deutlich in ihm zu lesen.
»Aber was soll all das Lamentieren? Unser Erlöser und seine heiligen Märtyrer haben schließlich ganz andere Qualen auf sich genommen«, fuhr er mit einem kleinen Lächeln fort.
»Das heißt, die päpstliche Bulle kann nun endlich veröffentlicht werden?«
Nicht ein Wort des Mitgefühls! Stattdessen harte, zwingende Augen, in die man kaum schauen mochte. So einem Mann wie diesem Dominikaner war der Bischof bislang noch nie begegnet.
»Hatten wir nicht fest vereinbart, dass dies erst nach der Hochzeit des Herzogs geschehen würde, Pater?«, erwiderte er. »Und heizt Ihr nicht dennoch bereits jetzt in Euren Predigten den Menschen ein, damit sie ihre Schwestern und Brüder der Hexerei und anderer Gräueltaten bezichtigen?«
Die beiden Männer starrten sich wortlos an.
»Am Bodensee sind meine Predigten stets wohlwollend aufgenommen worden und, wie das Resultat zeigt, auf durchaus fruchtbaren Boden gefallen«, sagte Kramer schließlich, der immer wieder zu dem Notarius schaute, als ob dessen unerwartete Anwesenheit ihn irritierte. Rasso Kugler dagegen schien gänzlich unbeeindruckt und blickte gelassen zurück. »Dort konnten wir glücklicherweise einen großen Teil von dem Unheil ausrotten.«
»Aber hier sind wir in Tirol, in der Bischofsstadt Brixen«, konterte Golser scharf. »Das hab ich Euch schon einmal in aller Deutlichkeit zu verstehen gegeben, wenn Ihr Euch freundlicherweise erinnern wollt. Ich bin der Hirte dieser Stadt und dieses Landes. Und weder in Sankt Michael noch in Unserer lieben Frau am Sand will ich künftig noch einmal solche Hetzereien von der Kanzel hören!«
»Der hiesige Dom fasst von allen Kirchen bei Weitem die meisten Menschen. Wenn Ihr also zustimmen würdet …«
»Niemals!« Der Bischof schien plötzlich zu schwanken und stützte sich noch schwerer auf seinen jungen Begleiter. »Der Dom – vergesst ihn!«
»Worauf wartet Ihr denn?«,
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