Die Hexe und der Herzog
schönen Zimmer in einen Schweinestall verwandeln, dann noch unverschämt werden, wenn ich auf meine verbrieften Rechte poche – und jetzt das!« Sie deutete in die Richtung, in die die beiden abgezogen waren.
Els wusste sofort, was Barbara meinte.
Die Frau war stehen geblieben und hatte sich zu ihnen umgedreht. Um ihren Gesichtsausdruck erkennen zu können, war es schon zu dunkel. Gut sichtbar war jedoch, was ihre hoch erhobene Linke gerade ausführte: Mittelfinger und kleiner Finger waren ausgestreckt und zeigten das Signum des Bösen.
»Hexe!«, schrie die Frau dazu mit schriller Stimme, als wäre das noch nicht genug. »Freu dich bloß nicht zu früh! Du wirst deine verdiente Strafe schon noch kriegen. Satan, dein Bräutigam, erwartet dich bereits in der Hölle!«
Els lugte nach oben, wo aus den Fenstern plötzlich neugierige Köpfe herausgestreckt wurden.
»Wir sollten kein Aufsehen erregen«, sagte sie. »Du weißt doch, wie schnell die Leute sich das Maul zerreißen.«
»Die reden, ganz egal, was du machst.« Barbara zog die Freundin nach drinnen. »Und bescheißen lass ich mich von niemandem! Schon gar nicht jetzt, wo man mit leeren Wohnungen so gutes Geld verdienen kann. Lass uns drinnen etwas Heißes trinken! Mein heutiges Wochenbett hat mir ordentlich zugesetzt.«
»Der Wöchnerin ist doch nichts zugestoßen?« Els genoss die Wärme des dampfenden dunklen Saftes, den Barbara großzügig in die Becher gegossen hatte. In der Stube war so gut eingeheizt, dass sie ihren Umhang ablegen konnte.
»Margarete, die Frau des Baders, ist wohlauf, obwohl Margarete wahrlich nicht mehr die Jüngste ist. Mit fast vierzig noch einmal gebären – das ist keine einfache Angelegenheit. Aber ich hatte ihren Damm so behutsam mit Rosenöl massiert, dass das Kindlein beinahe wie von selbst herausgeflutscht ist.« Sie legte den Kopf zur Seite. »Nein, es ist eine andere, die mir Bauchschmerzen bereitet: ihre Stiefschwester, um viele Jahre jünger. Gundis hat mich zur Seite gezogen, fahl wie Wachs, und aufgeregt auf mich eingeredet. Am Hof arbeite sie seit einiger Zeit, hat sie gesagt. Da kannst du dir gewiss denken, was sie von mir wollte.«
»Sie ist doch nicht etwa schwanger?«
Barbara nickte grimmig. »Richtig geraten! Kein Bräutigam weit und breit in Sicht, dem sie das Kleine unterschieben könnte, und gewartet hat sie auch schon viel zu lang. Schlangenkrautblättertee oder besser noch Sadesud hat sie von mir verlangt, beides Mittel, die sie jetzt nur noch in Lebensgefahr bringen würden. Ich hab natürlich abgelehnt, was sonst sollte ich tun, aber damit wird sie sich nicht zufrieden geben, das ist so gewiss wie das Amen in der Kirche. Ihre Not ist riesengroß, denn natürlich soll niemand etwas von ihrem unseligen Zustand erfahren, am allerwenigsten Margarete …«
Els stand so abrupt auf, dass der Stuhl hinter ihr umfiel.
»Ich muss nach Hause«, sagte sie. »Bibiana kommt in letzter Zeit allein nicht mehr gut zurecht.«
»Und Lena?« Barbaras Stimme klang vorsichtig. »Steckt sie noch immer in der Gesindeküche und kann euch nicht helfen?«
»Lena? Die macht ohnehin nur, was sie will.« Els trug schon wieder ihren Umhang und war beinahe an der Tür. »Du wirst deine leeren Zimmer doch nicht ausgerechnet an den Hof vermieten?«, fragte sie streng.
»Weshalb denn nicht?«, erwiderte Barbara lächelnd. »Der Herr Quartiermeister war heute bereits da und hat alles gründlich in Augenschein genommen. Deshalb hab ich die leidige Angelegenheit von vorhin auch beschleunigt.«
»Und darauf lässt du dich ein?« Els’ dunkle Augen sprühten Blitze.
»Sie verlangen lediglich, dass alles besenrein ist. Und dass du gefüllte Wassereimer auf dem Dachboden aufstellst, falls Feuer ausbricht. Bezahlen jedenfalls wollen sie das Dreifache.« Barbara begann zu kichern wie ein junges Mädchen. »Wasser auf dem Dachboden – als ob das bei dieser Kälte nicht im Nu einfrieren würde! Aber warum nicht, wenn sie darauf bestehen? Eine saubere Stube können sie bekommen, und mein Jockel wird ihnen selbstverständlich eimerweise Wasser nach oben tragen.«
»Aber du weißt doch, was der Herzog …«
»Ach, sei doch nicht immer so penibel, Els! Dem Silber ist es doch ganz einerlei, aus welcher Truhe es stammt. Hauptsache, es springt direkt in meinen Beutel.«
»Was soll das heißen, es hat nicht gewirkt?« Missmutig starrte Wilbeth Alma von Spiess entgegen. »Habt Ihr denn auch wirklich alles getan, was ich Euch aufgetragen
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