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Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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habe?«
    »Ja.« Die Spiessin klang plötzlich kleinlaut. »Zumindest hab ich es versucht. Aber es gab da im letzten Augenblick – gewisse Komplikationen.«
    Was ging es diese Hexe in der Silbergasse an, dass ein Italiener den für Sigmund präparierten Pokal in einem Zug geleert hatte? Die Angst, sich in vergeblicher Liebesglut nach diesem Fremden zu verzehren, der bereits am nächsten Tag die Hofburg wieder verließ, hatte wie ein hungriges Frettchen an ihrer Seele genagt. Doch zum Glück war ihr bis auf ein paar schlaflose Nächte und die lästigen Winde, die ebenso gut auch vom sauren Kraut stammen konnten, nichts Übles zugestoßen. Schon genug, dass der Herzog mit dieser lächerlichen Saphirkette herumspazierte wie ein Auerhahn, der sich zum Balzen anschickt. Den Hals hätte sie dieser kleinen Sächsin umdrehen können, die so dreist in Besitz nehmen würde, was doch einzig und allein ihr gebührte.
    Nein, das konnte und wollte Alma von Spiess nicht zulassen. Deshalb war sie hier, um etwas Besseres zu bekommen.
    »Ein Liebeszauber ist kein süßer Saft, an dem man nach Belieben schlecken kann …«
    »Spar dir deine Belehrungen! Ich weiß sehr gut, was ich tue.« Die Spiessin zog den kleinen Beutel hervor, den sie bislang unter ihrem Umhang verborgen hatte. »Und was es mir wert ist, wirst du gleich erkennen. Macht dich das hier vielleicht geneigter, mir behilflich zu sein?«
    Sie zählte drei Münzen auf den Tisch, keine abgescheuerten dünnen Vierer wie beim letzten Mal, sondern größere, die so silbern wie das Mondlicht schimmerten.
    Wilbeth griff nach einer von ihnen. Dann schob sie die Münze in den Mund und biss darauf.
    »Sie sind echt«, sagte Alma. »Natürlich sind sie echt, auch wenn du sie noch nie in Händen gehalten hast. Mit dem neuen Konterfei des Herzogs werden sie erst anlässlich dieser verfluchten Hochzeit im ganzen Land eingeführt. Ein einziger von diesen Pfundnern ist zwölf Kreuzer wert.« Wie inbrünstig sie diese Alte hasste, die sie die ganze Zeit über so hochnäsig musterte, als sei sie eine lästige Bettlerin! Auf der Stelle teeren und federn müsste man dieses Weib! Doch Alma schluckte ihren Grimm hinunter, da sie nun einmal keine andere Wahl hatte. »Also?«
    Wilbeth zog die dichten Brauen hoch.
    »Ich könnte Euch noch einmal helfen«, sagte sie schließlich. »Vorausgesetzt, Ihr haltet Euch diesmal genauer an meine Vorgaben …«

     
    Wie einen höhnischen Wind hatte Alma diese Stimme noch jetzt im Ohr. Was hatte das Weib denn gesagt?
    Stellt zwei Kerzen nebeneinander! Steckt in das Wachs der rechten den abgeschnittenen Nagel Eures rechten Ring fingers! Diese Kerze stellt Euch dar …
    Alma war kalt und glühend heiß zugleich. Seit Tagen schon liefen diese merkwürdigen Schauer über ihren Körper. Sie verspürte den Drang, sich alle Kleider vom Leib zu reißen, wie es angeblich Frauen taten, deren Gebärzeit bereits vorbei war. Sie aber war doch noch so blühend und jung – es musste folglich andere Gründe haben, weshalb ihr so sonderbar zumute war.
    Ob die Alte sie heimlich verhext hatte?
    Alma wandte sich erneut den Kerzen zu, rang um Sammlung.
    Nehmt ein Haar von Euch und bindet es um beide Kerzen! Dies wird Euren Liebsten unwiderstehlich an Euch fesseln. Er sieht in Euer Herz und erkennt Euren geheimsten Wunsch. Ritzt nun den Anfangsbuchstaben Eures Namens in die rechte, den seines Namens in die linke Kerze! Dann entzündet beide Kerzen!
    Ihre Zähne schlugen aufeinander. Die Hände zitterten so sehr, dass die Dochte erst beim dritten Versuch brannten. Als Alma zu sprechen begann, erschien ihr die eigene Stimme fremd, doch sie murmelte den Spruch, den die Alte ihr aufgetragen hatte, von Anfang bis Ende fehlerfrei.
    Du siehst mich nicht, doch ich kann dich sehn.
    Dass sich das ändert, dafür wird was geschehn.
    So wie diese Kerzen werden bis Vollmond
    Auch unsere Herzen füreinander brennen.
    Ermattet sank Alma auf ihr Bett zurück. Jetzt galt es abzuwarten, bis das Wachs gänzlich heruntergebrannt war.
    Drei ganze Tage blieben noch. Dann endlich war Vollmond – und das große Mummenfest würde beginnen.

     
    Wie Sigmund sich aufführte – wie ein übermütiges Kind, dem man neues Spielzeug geschenkt hatte! Die Münzschläger hatten ihre Hämmer sinken lassen und staunten. Sogar Andres Scheuber legte schließlich seine Feder aus der Hand und sah zu, wie der Erzherzog mit beiden Händen in die Kiste griff und Münzen wie Blütenblätter unter die Männer

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