Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hexe und der Herzog

Die Hexe und der Herzog

Titel: Die Hexe und der Herzog Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
erkannte ihren Namen und kam angewedelt. »Das Einzige, was mir noch von zu Hause geblieben ist.«
    »Zugestoßen scheint ihr aber nichts zu sein«, sagte Lena, die sich daran erinnerte, was Niklas über die übertriebene Tierliebe der jungen Braut berichtet hatte. »So munter, wie sie aussieht. Ihr könnt ganz beruhigt sein. Aber was den Herzog betrifft …«
    »Wird man mich jetzt köpfen?« Katharina riss die Augen auf. »Wo hier in Tirol die Sitten doch so hart sein sollen!«
    »Ihr solltet Euch an Euren Herrn Vater wenden«, schlug Lena vor. »Den Herzog von Sachsen. Das erscheint mir das Allerbeste. Er wiederum begleitet Euch dann zu Eurem Gemahl. Gemeinsam werdet Ihr gewiss eine Lösung finden.«
    »Meinen Vater, ja, du hast recht. Aber wo nur finde ich ihn in diesem Labyrinth?« Sie zog die Schultern hoch wie ein verängstigtes Kind.
    Niklas, dachte Lena, Niklas, der jeden Winkel hier genau kennt. Aber war es ratsam, den Bastard des Herzogs womöglich zu dessen Leiche zu bestellen?
    Ein Poltern, dann wurde die Küchentür aufgerissen.
    »Wer zum Teufel wagt es, nachts in meine Küche einzudringen?«
    Niemals zuvor war Lena so froh gewesen, ihn zu Gesicht zu bekommen. »Gut, dass Ihr kommt, Meister Matthias«, sagte sie geistesgegenwärtig. »Die Herzogin hat sich aus Versehen zu uns herunter verirrt.«

     
    Kramer schoss aus tiefem, traumlosem Schlaf hoch und schaffte es gerade noch, den Eimer zu packen, bevor er sich würgend erbrach. Kaum kam er wieder nach oben, durchlitt er einen schweren Niesanfall.
    Er ließ sich auf das Bett zurücksinken. Die Zwinge, die seine Schläfen über Stunden unbarmherzig zusammengepresst hatte, lockerte sich. Für diesmal schienen die Dämonen der Nacht verschwunden.
    Seltsamerweise fühlte er sich erleichtert, beinahe frisch. Noch ein paar Augenblicke und er konnte die Kerze entzünden und sich an den Tisch setzen, um mit seinen Aufzeichnungen weiterzufahren. Der Anfang der gelehrten Niederlegung, um die es ging, stand bereits fest. Er hatte ihn so viele Male durchgelesen, dass er ihn auswendig wusste.
    Zur Bulle Innozenz’ VIII. gegen die Ketzerei der Hexen, die jüngst erlassen wurde, sollen verschiedenste Fragen erörtert werden. Drei von ihnen müssen hauptsächlich drei Punkte klären: erstens den Ursprung der Hexerei, zweitens den Fortgang, drittens das letztendliche Mittel …
    Der Dominikaner erhob sich sehr langsam, um keinen Rückfall zu riskieren, ging zum Fenster und öffnete es. Die kalte Luft stach wie mit Nadeln, und dennoch hätte er jubeln können. Noch war es draußen schwarz wie in der tiefsten Hölle, aber er spürte, dass die Nacht nicht mehr lange währen würde. Jetzt wäre er am liebsten ganz oben gestanden, auf einem der Bergrücken, um auf die schlafende Stadt herunterzuschauen. Aber es musste auch so gehen. Wenn er sich reckte, konnte er genügend Häuserzeilen sehen, hinter deren dunklen Fenstern die Menschen schliefen.
    Menschen, die von Dämonen heimgesucht wurden. Und diesen Dämonen würde er schon bald den Garaus bereiten.
    Hufschlag auf gepflastertem Boden erregte seine Aufmerksamkeit. Ein Mann führte sein Pferd aus dem Stall, saß auf. Von der Gestalt her musste es derjenige sein, mit dem die Wirtin so ungeniert geturtelt hatte.
    Auf frischer Tat ertappt – denn dass dieser Mann sich nach erfolgter Buhlnacht mit der schwarzen Els wie ein Dieb davonschlich, stand für Kramer außer Frage. Sein Mund verzog sich zu einem grausamen Lächeln.
    Ein Zeichen, das Zeichen, um das er Gott auf Knien angefleht hatte.
    Kein anderer als der Herr hatte ihn direkt in diesen Sündenpfuhl geführt. Von hier aus würde er aufs Neue seinen Kreuzzug gegen das Böse beginnen. Er spürte, wie die Kraft in seine Glieder zurückkehrte. Das Restchen Käse hatte er mit ein paar gierigen Bissen verschlungen. Jetzt hätte er einen ganzen Laib auf einmal vertilgen können, so ausgehungert war er mit einem Mal.
    Die Hufschläge wurden langsam leiser, schließlich verhallten sie ganz.
    Kramer schloss das Fenster und kehrte zum Tisch zurück. Die Blätter zu berühren, die seine Handschrift trugen, machte ihn stolz und froh zugleich. Die Feder. Das Tintenfass. Und seine Gedanken, die schon bald der ganzen Welt bekannt sein würden.
    Alles genau so, wie es sein musste.
    Was scherte ihn diese Memme von Bischof, der argumentierte und winselte wie ein angsterfüllter Wurm?
    Die Stadt hatte auf ihn, Kramer, gewartet. Innsbruck brauchte ihn. Und all die Hexen, die bislang

Weitere Kostenlose Bücher