Die Hexe und der Herzog
wirksamsten Arzneien für Euch mischen. Doch besser, wenn es ohne geht, meint Ihr nicht auch?« Sein Lächeln vertiefte sich. »Jetzt weint Ihr wenigstens nicht mehr. Das macht mir Mut.«
Was bildete er sich überhaupt ein, dieser fette Kerl, der sich in alles einmischte! Katharina suchte noch nach einer passenden Entgegnung, um ihn in die Schranken zu weisen, als sie spürte, wie ihre Wut plötzlich verflog. Der Medicus konnte ja schließlich nichts dafür, dass die Berge so hoch waren, der Schnee so kalt und sie Sigmund so alt und widerlich fand. Sie verstand van Halen besser als all die anderen hier, deren kehlige Laute in ihren Ohren wie Tierknurren klang. Eigentlich mochte sie ihn sogar.
»Wo ist das Mädchen aus der Küche abgeblieben?«, fragte sie. »Lena ist doch nicht etwa krank?«
»Lena?«, wiederholte der Medicus gedehnt. »Ihr habt Euch den Namen gemerkt?«
»Ihr müsst mich nicht für blöd halten, nur weil ich hier noch fremd bin«, sagte sie spitz. »Also?«
»Sie wird ihrer Arbeit nachgehen. Wie wir alle hier in der Hofburg.«
»Ich möchte, dass sie zu mir gebracht wird. Ich habe mich noch nicht einmal richtig bei ihr bedankt. Schließlich war Lena die Einzige, die sich um mich gekümmert hat.«
»Sind Eure Hoheit da nicht etwas ungerecht?«, wandte van Halen ein. »Wo Euer Gemahl sich doch Tag und Nacht um Euch sorgt!«
»Mein Gemahl? Was soll ich mit dem bloß anstellen?«, murmelte sie mehr für sich.
»Herzog Sigmund möchte Euch seine Münze zeigen«, sagte van Halen. »Der Ritt nach Hall wird Euch ablenken, die frische Luft Euch beleben. Und sicherlich habt Ihr anschließend guten Appetit.«
Katharinas Blick wurde noch skeptischer. Spielte er auf die Ereignisse der Hochzeitsnacht an? Eine Aussprache mit Sigmund war bislang noch nicht erfolgt, ihre Jungfernschaft nach wie vor intakt. Sollte etwa sie den ersten Schritt machen? Das konnte niemand von ihr erwarten!
»Ich bringe Euch in Eure Gemächer, Eure Hoheit.« Wie sie die Stimme der Spiessin hasste, die sich schon wieder angeschlichen hatte, diese gequetschte Freundlichkeit, die vor Hinterlist nur so troff! »Ihr solltet Euch umziehen …«
»Die Zeiten, da ich eine Erzieherin brauchte, liegen hinter mir, werte Alma«, entgegnete Katharina kühl. »Und ich denke, auch am Hof zu Innsbruck ist das An- und Auskleiden der Herzogin wohl eher Sache der Kammerfrauen. Sagt meinem Gemahl, dass er nicht lange warten muss. Ich werde mich beeilen.«
Und wirklich verging erstaunlich wenig Zeit, bis sie wieder zurück war, gehüllt in ihr unvorteilhaftes Rauchwerk, wie Alma von Spiess mit Genugtuung registrierte. Eine ganze Truhe feinster Pelze hatte Sigmund für sie anfertigen lassen. Dieses Gör aber bevorzugte hartnäckig das unförmige Kleidungsstück, das sie wie eine hochschwangere Kuh aussehen ließ.
»Ihr begleitet uns?« Katharinas Stimme strotzte vor Abneigung.
»Die Hofmeisterin sollte stets in Eurer Nähe sein, meine Liebe«, entgegnete an Almas Stelle Sigmund, der für den Ausritt bereit war. »Dann wird es Euch niemals an etwas fehlen.« Er machte jedoch keinerlei Anstalten, auf sein Pferd zu steigen, sondern starrte stattdessen auf Katharinas Stiefel. »Aber Ihr habt ja Eure Sporen vergessen!«
»Wer Pferde liebt, der braucht keine Sporen.« Katharina saß auf. »Das hat Vater mir schon beigebracht, als ich zum ersten Mal im Sattel war.«
Zur Überraschung aller entpuppte sie sich als versierte Reiterin. Die braune Stute unter ihr schien die Könnerschaft zu spüren und gehorchte bei der ersten Berührung, als seien sie schon viele Male zusammen geritten. Es fiel Katharina leicht, im Damensattel das scharfe Tempo zu halten, das Sigmund vorlegte, während die Spiessin immer weiter zurückfiel, bis die Reitergruppe schließlich sogar stehen bleiben und auf sie warten musste. Selbst als ein Eichelhäher in den Weg flog und die Stute scheute, behielt Katharina die Oberhand, beruhigte sie und ritt nicht minder zügig weiter.
Vor der Münze zu Hall angelangt, glühten ihre Wangen, und die Augen leuchteten.
»Wir sollten gemeinsam auf die Beiz reiten!« Auf einmal konnte Sigmund kaum noch die Augen von seiner jungen Frau wenden, als sei ihm jetzt erst wieder bewusst geworden, welch Reize sie zu bieten hatte. »Und das schon sehr bald, denn im ersten Frühjahr ist es für mich stets am allerschönsten.«
»Ihr könntet mir kaum einen größeren Gefallen erweisen«, erwiderte Katharina. »Ich liebe die Jagd mit dem
Weitere Kostenlose Bücher