Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Catharina, auch wenn das eine Verrückte war: Es wurde ein Protokoll aufgenommen, und jetzt steht mein Name im Zusammenhang mit Hexerei in den Gerichtsakten.»
«Mach dir deswegen keine Sorgen», versuchte Catharina sie zu beruhigen. «In den Akten wird schließlich auch vermerkt, dass es sich um eine bösartige Verleumdung handelt. Und dein Mann sollte sich das mit dem Rücktritt nochmal überlegen.»
Doch Jacob Baur blieb bei seinem Entschluss. Böswillige Zungen behaupteten, mit seinem Rückzug aus dem öffentlichen Leben gestehe er ein, dass es in seiner Familie tatsächlich nicht mit rechten Dingen zugehe. Obwohl zunächst nur wenige Bürger von den Vorfällen im Hause Baur wussten, dauerte es nicht lange, bis die übliche Gerüchteküche in Gang kam: Margaretha Mößmerin und ihre Tochter Susanna hätten Baur in den Ruin getrieben, hieß es, und gewiss seien da böse Mächte mit im Spiel. Zwar wagte niemand, Beschuldigungen in dieser Richtung offen auszusprechen, doch die beiden Frauen wurden von aller Welt geschnitten. Erschienen sie auf dem Markt, verstummten sofort die Gespräche in ihrer Nähe, zu den Feierlichkeiten oder Festessen in den Bürgerhäusern wurden sie nicht mehr eingeladen.
Nur wenige Monate nach Baurs Rücktritt aus dem Stadtrat wurde Margaretha erneut als Hexe denunziert. Der Ballierer Friedlin Metzger, ein stadtbekannter Querulant, suchte das Gespräch mit dem Münsterpfleger Wetzel und eröffnete dem erstaunten Mann, er könne die Mößmerin jetzt endgültig der Hexerei überführen, er habe handfeste Beweise. Und als Folge müsse der Stadtrat neu besetzt werden, denn die Mößmerin habe fast alle Ehefrauen dieser ehrwürdigen Ratsherren in den Sumpf des Bösen hineingezogen.
Dummerweise war Friedlin an einen der wenigen Freunde geraten, die Jacob Baur noch geblieben waren, und so erfuhren Margaretha und ihr Mann umgehend von diesen infamen Anschuldigungen. Wetzel veranlasste sofort, dass Friedlin wegen Verleumdung verhaftet wurde, was weiter keine Schwierigkeiten bereitete, denn der Ballierer hatte wegen Diebstahl, Schulden und Sachbeschädigung schon etliche Male im Turm gesessen. Doch hartnäckig verbreitete er selbst im Gefängnis weitere Lügengeschichten über Margaretha. Über zwei Monate lang lag er angekettet im Martinstor, dann erst gab er auf. Nachdem er seine Anschuldigungen widerrufen hatte, wurde er entlassen und musste zum Zeichen seiner Sühne eine Pilgerreise nach St. Jakob de Compostela antreten.
24
Die letzten Jahre ihrer Ehe wurden Catharina zur Hölle. Sie konnte von Glück sagen, wenn Michael nach seinen Zechereien so betrunken war, dass er halb tot in sein Bett stolperte oder bei irgendeinem Weibsbild übernachtete. Voller Angst lauschte sie an diesen Abenden auf seine Schritte, ob sie sich auch nicht ihrer Kammer näherten, denn er schlug sie nun häufiger.
Der Ablauf war stets derselbe: In seiner Trunkenheit versuchte er einen Streit vom Zaun zu brechen. Wagte sie Widerworte, strafte er sie mit Schlägen, schwieg sie, wurde er erst recht wütend und fluchte, er werde ihr die «Bockigkeit», wie er es nannte, schon noch aus dem Leib prügeln.
Einmal wurde er deswegen vor das Collegium der Achter zitiert, einen Ausschuss von acht Meistern, die dem Zunftmeister zur Seite standen. Catharina hatte von seinem letzten Angriff ein blaues Auge und einen handtellergroßen Bluterguss auf der Wange davongetragen.
«Das muss ein Ende haben», hatte Barbara in der Küche geschimpft. Sie war außer sich. Mittlerweile war sie zwar schon an die sechzig, hatte aber keinen Deut ihres Temperaments eingebüßt. «Alle Welt soll sehen, was Euer Mann Euch antut.»
Und sie schleifte Catharina gegen deren Willen am helllichten Tag über den Markt. Die Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. Da in der Nachbarschaft längst bekannt war, dass es in Bantzers Ehe nicht zum Besten stand, gab Catharinas zerschlagenes Gesicht Anlass zu neuem Gerede, das schließlich auch einigen Ratsherren zu Ohren kam. Wie es bei Familienangelegenheiten üblich war, wandten sie sich an die Zunft mit der Bitte, die Sachlage zu überprüfen. Nur unwillig kamen die Herren der Schmiedezunft diesem Anliegen nach, da es sich bei dem Beschuldigten nicht um irgendeinen Gesellen, sondern um ihren eigenen Zunftmeister handelte.
Obwohl die Vorladung, wie Catharina später erfuhr, eher den Charakter einer freundschaftlichen Ermahnung gehabt hatte – «Ihr müsst die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren
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