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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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war im Gewühl verschwunden.
    Ein gellender Schrei ertönte nur wenige Schritte neben ihnen, und Catharina zuckte zusammen. Er kam von einem dicken Kerl, dem der Bader gerade einen Backenzahn gezogen hatte. Zusammengekrümmt saß er auf dem Schemel und spuckte dicke Blutschlieren auf den Boden. Dann nahm er einen herzhaften Schluck von dem Branntwein, den der Bader bei jeder Zahnbehandlung großzügig zur Verfügung stellte.
    «Du kannst mich ruhig wieder festhalten, wenn du heute so schreckhaft bist», neckte sie Christoph. Catharina musste lachen. Es war fast wieder wie früher mit ihrem Vetter. Vielleicht nicht ganz, denn sie spürte einen wohligen Schauer im Bauch.
    In den Lauben entlang des Heiliggeist-Spitals roch es verführerisch nach Honigkuchen, allerlei Braten und Suppen. Sie kauften sich jeder ein Stück knusprige Hammelkeule, dazu einen Krug Dünnbier, und setzten sich auf eine Bank. Da sie nur wenig Geld dabeihatten und es üblich war, für jede Vorführung einen kleinen Obolus zu entrichten, mussten sie sich auf zwei, drei Darbietungen beschränken. Dabei gab es so viel zu sehen: Jongleure und Gymnastiker, Taschenspieler und Zauberer, einen Tanzbären und dressierte Ziegen, einen Mann, der Eisenketten wie Papierbänder zerriss, und jede Menge Musikanten.
    Sie hatten sich gerade darauf geeinigt, erst in das Raritätenkabinett und dann zu den Wanderschauspielern zu gehen, als Christoph unvermittelt aufsprang und zu der Menschenmenge am Bierstand eilte. Catharina sah noch, wie ein Mann mit einem großen albernen Hut davonrannte – Johann!, schoss es ihr durch den Kopf –, als Christoph auch schon zurückkam. Er sah ärgerlich aus.
    «Was war denn los», fragte sie.
    «Ach, nichts. Ich dachte, ich hätte einen Bekannten gesehen, aber ich habe mich wohl getäuscht.» Unwirsch verjagte er zwei abgemagerte Hunde, die unter der Bank in den Essensresten wühlten.
    Vor dem Zelt mit den «seltsamsten Kreaturen der Schöpfung», wie der Ausrufer mit schriller Stimme ankündigte, mussten sie lange warten, so groß war der Andrang. Endlich durften sie, zusammen mit etwa zwanzig anderen Neugierigen, eintreten. Im Zelt roch es nach Schweiß und Unrat, und es war so dunkel, dass sie die Gestalten auf dem lang gestreckten Podest nur schemenhaft wahrnehmen konnten. Jetzt griff Catharina ohne Scheu nach Christophs Arm. Ein bärtiger Mann mit langen Haaren, die ihm fettig über die Schultern hingen, ging mit zwei Talglichtern voraus.
    «Hochverehrtes Publikum, bitte halten Sie Abstand. Unsere Kreaturen sind nicht an menschliche Zivilisation gewöhnt, und wir können keine Verantwortung für eventuelle Zwischenfälle übernehmen.» Dann beleuchtete er die erste Sensation.
    Ein Aufschrei entfuhr den Zuschauern: Im flackernden Licht der Kerzen erkannte man einen riesigen schwarzen Hund mit zwei Köpfen, aus den beiden leicht geöffneten Mäulern hing dunkelrot die Zunge heraus. Regungslos starrte er sie an.
    «Ist der tot?» Catharinas Stimme bebte.
    «Hier sehen Sie Zerberus, unseren doppelköpfigen Hund aus England. Eine perfekte Nachbildung aus Wachs und Fell, das Original finden Sie in der Londoner Anatomie. Zerberus diente als treuer und, wie Sie sich denken können, äußerst wirkungsvoller Wachhund einem königlichen Bannwart und erreichte immerhin das erstaunliche Alter von zehn Jahren.»
    Sie gingen ein paar Schritte weiter.
    «Und jetzt kommen wir zu einer ganz besonderen Spezialität, unserem Automatenmenschen. Dieser künstliche Mensch ist eine hochkomplizierte Konstruktion des berühmten Professors Suliman aus Konstantinopel. Einzigartig im Habsburgerreich. Wir würden den Automat gern für Sie öffnen und Ihnen den Mechanismus veranschaulichen, aber leider ist der Apparat so empfindlich, dass wir das nicht riskieren können. Indem ich diesen Hebel hier am Rücken umlege, erwecke ich den Automatenmenschen zum Leben.»
    Der Automat, ganz nach der spanischen höfischen Mode gekleidet, hatte bisher regungslos auf dem Podest gestanden. Jetzt hob er zitternd das Kinn und ging mit ruckhaften Bewegungen und starrem Blick auf die Menge zu, die verschreckt zurückwich. Catharina meinte, ein leichtes Knirschen in den Bewegungen zu hören. Ein Kind, das den Automaten berühren wollte, wurde von dem Bärtigen heftig zurückgerissen.
    «Bittschön, nicht anfassen, meine Herrschaften. Diese Konstruktion ist Hunderte von Goldstücken wert.» Eilig drängte er die Menge zum Ende des Zelts.
    «Und hier sehen Sie die

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