Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Bohlen wirbelte. Catharina, die noch nie in ihrem Leben getanzt hatte, ließ kein Musikstück aus, und im Gegensatz zu Lenes Ankündigung hatte Christoph nur Augen für sie.
Als es dämmerte, erinnerte das Läuten der Münsterglocken die ausgelassenen Tänzer daran, dass die Stadttore bald schließen würden. Nach und nach machten sich einzelne Gruppen auf den Weg. Catharina und Christoph hatten es nicht eilig. Bald waren sie die Letzten, die auf der Landstraße durch die sternenklare Nacht wanderten.
«Cathi, es tut mir wirklich Leid, dass ich im Sommer so aufdringlich war.» Er blieb stehen. «Und die alte Magd interessiert mich wirklich keinen Pfifferling. Ich möchte mit dir zusammen sein.»
Er wollte schon weitergehen, da hielt Catharina ihn fest. Zögernd legte sie eine Hand an seine Wange und ließ zu, dass er sie in die Arme nahm. Sie ließen den Abstand zu den anderen noch größer werden und gingen Hand in Hand nach Hause.
«Deshalb also hast du die zweite Dienstmagd eingestellt. Du hattest das schon seit längerem geplant.»
Catharina war im ersten Moment eher wütend als traurig. Sie saß mit Marthe allein in der Küche, Christoph und Lene waren irgendwo im Dorf unterwegs, und die Zwillinge spielten im Hof.
«Denk doch mal nach, Cathi. Christoph muss, wenn er unseren Gasthof übernehmen will, noch eine Menge lernen. Und es ist nun einmal üblich und auch vernünftig, wenn er das an einer anderen Arbeitsstätte tut.»
«Aber warum schickst du ihn nach Villingen, warum so unendlich weit weg? Du hast doch auch einen Schwager in Freiburg, Christophs Vormund, dem das Schneckenwirtshaus gehört? Dort kann er doch genauso viel lernen.»
«Eben nicht. Das Schneckenwirtshaus ist eher eine Schenke, dazu hat es nicht einmal den besten Ruf. Der Hof von Onkel Carl in Villingen ist viel größer, mit eigenem Gästehaus, ähnlich wie hier. Und außerdem –» Sie zögerte einen Moment.
«Was außerdem?» Catharina spürte jetzt, dass es noch einen anderen Grund gab.
«Cathi, ich will ehrlich zu dir sein. Es ist mir nicht verborgen geblieben, wie nah ihr beiden euch gekommen seid. Aber ihr seid doch praktisch Geschwister, lebt unter einem Dach. Und ihr seid noch viel zu jung. Stell dir vor, du würdest ein Kind bekommen.»
Jetzt wurde Catharina trotzig. «Vor dem Gesetz dürften wir aber heiraten, und du könntest es nicht verbieten.»
«Nein. Aber ich kann vielleicht verhindern, dass in eurem Alter mehr passiert als irgendeine Küsserei auf dem Lehener Bergle.»
Catharina sprang auf. «Wer hat das erzählt? Hat dir das Lene zugesteckt?»
Marthe lächelte. «Beruhige dich, Lene kann im rechten Moment schweigen, auch wenn sie sonst ein loses Mundwerk hat. Der Müller hat euch im Sommer beobachtet.»
Catharina starrte vor sich hin. Sie waren auf dem Lehener Bergle also nicht allein gewesen. Im Nachhinein war ihr dieser Gedanke furchtbar unangenehm.
«Und – wann wird Christoph gehen?»
«Noch bevor im Höllental der erste Schnee fällt. Genauer gesagt, in zwei Tagen.»
Wortlos rannte Catharina hinauf in ihre Kammer und warf sich aufs Bett. Warum nur waren in ihrem Leben die schönen Zeiten immer von so kurzer Dauer?
Sie dachte an den Buchenhain am Fluss, der zu ihrem heimlichen Treffpunkt geworden war. Viel zu selten allerdings hatte sich ihnen die Gelegenheit geboten, unbemerkt davonzuschleichen. Dann aber saßen sie im weichen Gras am Ufer, schmiedeten Pläne für die Zukunft und küssten sich lange. Längst genoss Catharina die Zärtlichkeiten genauso wie Christoph.
So glücklich hatte sie sich noch nie gefühlt. Die Arbeit ging ihr noch schneller von der Hand als sonst, sie hätte die ganze Welt umarmen mögen. Abends lag sie neben Lene im Bett und dachte daran, dass sie nur eine hauchdünne Bretterwand von Christoph trennte.
Catharina richtete sich auf und betrachtete das Bild ihrer Mutter. Wie hätte sie sich wohl verhalten? Hätte sie ihnen auch Steine in den Weg gelegt? Lene trat in die Kammer und setzte sich zu ihr auf das Bett.
«Meine Mutter hat dir also gesagt, dass Christoph weggeht. Ich weiß es auch erst seit heute Morgen.»
Sie legte den Arm um Catharina, die mit den Tränen kämpfte.
«Ach, Cathi, das ist doch keine Trennung auf Ewigkeit. In zwei, drei Jahren kommt er wieder zurück, und wenn ihr dann immer noch zusammenbleiben wollt, verlobt ihr euch einfach, und dann kann nichts mehr passieren. Und bis dahin lassen wir beide es uns gut gehen. Tanzen kannst du auch mit anderen
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