Die Hexe von Freiburg (German Edition)
große Rede halten, nur so viel: Ich bin glücklich über den heutigen Tag, aber es ist auch eine große Verantwortung, die ich als Zunftmeister übernehme. Umso mehr», dabei wandte er sich den drei Gesellen und Hartmann Siferlin zu, «muss ich mich auf euch verlassen können, denn ich werde jetzt oft außer Haus sein. Dir, lieber Hartmann, übertrage ich hiermit volle Entscheidungsgewalt in allen Geschäften.» Krachend ließ er sich auf seinen Stuhl fallen.
Siferlin, der als Einziger nur Wasser trank, verzog wie üblich keine Miene. Catharina biss sich auf die Lippen. Dieser Siferlin ist kalt wie ein Fisch, dachte sie und bezweifelte, dass Michaels Entscheidung richtig war. Nicht für einen halben Pfennig traute sie diesem Mann. Benedikt, der ihr gegenübersaß, schien genauso zu denken. Er verdrehte die Augen.
Nach dem Essen holte Michael die Köchin und die Hausmagd an den Tisch. Der gute Wein brachte Barbara in Stimmung, und sie trug ihre komischen Geschichten vor, die großes Gelächter ernteten. Alle wunderten sich, als Michael auf einmal aufstand und verkündete, dass er noch einmal wegmüsse.
«Ich habe etwas im Zunfthaus vergessen. Feiert nur weiter, ich bin bald wieder da.» Er schwankte hinaus.
Doch für die Gäste war dies das Zeichen zum Aufbruch. Marthe half noch beim Abräumen der Tafel, dann brachte Catharina sie zur Tür.
«Ich soll dich herzlich von Christoph grüßen», sagte Marthe. «Und dir ausrichten, dass Sofie Anfang September für zwei Wochen zur Kur geht. Willst du sie nicht doch begleiten? Dir täte es sicher auch gut, und ich glaube, Sofie mag dich. Besprich es doch mit deinem Mann und gib uns dann Bescheid, ja?»
Catharina versprach es.
Als sie sich zum Schlafengehen richtete, kehrte Michael zurück. Er war verschwitzt, und seine Augen funkelten. Wahrscheinlich ist er jetzt völlig betrunken, dachte sie, konnte es ihm heute aber nachsehen. Er machte sich ein wenig frisch, schlüpfte dann unter ihre Bettdecke und schlief mit ihr. Es sollte das letzte Mal sein.
Am nächsten Morgen erwachte Elsbeth mit Gliederschmerzen und glühender Stirn. Das Fieber, das in der Stadt umging, hatte sie befallen. Catharina bekam es mit der Angst zu tun und wollte nach dem Bader schicken.
«Nein, nur das nicht.» Elsbeth schüttelte matt den Kopf. «Es wird schon wieder, ich bin zäh.»
Abwechselnd machten Catharina und die Köchin ihr frische Wadenwickel und flößten ihr heißes Dünnbier ein. Gegen Mittag wollte Elsbeth aufstehen, um sich an die Hausarbeit zu machen.
«Du bleibst im Bett, bis du ganz gesund bist», sagte Catharina und drückte sie sanft, aber nachdrücklich in ihr Kissen zurück. «Barbara und ich werden die Zimmer aufräumen, und was wir nicht schaffen, bleibt eben liegen.»
Catharina wartete, bis die Kranke in einen unruhigen Schlaf gefallen war, und machte sich dann an die Schlafzimmer. Als sie in Michaels Kammer trat, schüttelte sie den Kopf. Seine Kleider lagen wie Kraut und Rüben herum. Sie sortierte die schmutzige Wäsche aus und legte die sauberen Sachen in seine Kommode. Die oberste Schublade klemmte, so voll gestopft war sie. Catharina nahm ein paar Kleidungsstücke heraus und entdeckte dabei ein kleines, in Seide gewickeltes Päckchen. Was war das?
Unruhe beschlich sie, als sie das Päckchen öffnete. In dem Papier lag eine fein ziselierte silberne Brosche. So selten sie bisher Schmuck in der Hand gehalten hatte, sah sie doch auf den ersten Blick, dass es sich um beste Goldschmiedearbeit handelte. Als sie die Brosche umdrehte, stockte ihr der Atem: «In Liebe für R. – Michael», war dort in winzigen Buchstaben eingraviert. Zitternd wickelte sie das Schmuckstück wieder ein. Wie Schuppen fiel ihr von den Augen, woher Michael gestern Abend so erhitzt zurückgekommen war. Und die Geschichte mit dem Kerzenleuchter war auch eine Lüge gewesen.
Müde setzte sie sich auf den Bettrand. Was hatte das alles noch für einen Sinn? Diese Ehe, die wohl immer kinderlos bleiben würde, Christophs Liebe zu ihr, die sich nie erfüllen durfte, sie selbst eingesperrt in diesem öden Haus, während ihr Mann sich in den Armen einer Geliebten wälzte.
Als Michael zum Mittagessen kam, fing Catharina ihn in der Diele ab.
«Wer ist R.?» Sie warf ihm die Brosche vor die Füße.
Michael erbleichte, und seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen.
«So, du schnüffelst mir nach? Meine eigene Frau wühlt in meinen Sachen wie eine billige Dienstmagd!»
«Du gibst es also zu?»
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