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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Catharina versuchte ruhig zu bleiben, aber innerlich kochte sie vor Wut. «Von mir aus geh doch zu deinen Huren, aber schmeiß dabei nicht unser Geld zum Fenster hinaus.»
    «Unser Geld!» Er prustete verächtlich. «Wer verdient denn das Geld? Wer geht denn von früh bis spät arbeiten? Du etwa?» Dann brüllte er sie plötzlich an: «Du hast überhaupt kein Recht, mir Vorschriften zu machen!»
    «Was ist denn hier los?» Michaels Vater stand in der Tür und sah sie verwirrt an.
    Wortlos nahm Michael die Brosche vom Boden auf und ging die Treppe hinunter. Der Alte machte einen Schritt auf Catharina zu und streckte unbeholfen die Arme nach ihr aus.
    «Bleibt mir vom Leib, oder ich schreie», fauchte Catharina. Mit offenem Mund starrte der Alte sie an. Dann drehte er sich um und schlurfte in sein Bücherkabinett. Alles ist hier aus den Fugen geraten, dachte Catharina, als sie sich ihren Umhang über die Schultern warf. Mit schnellen Schritten lief sie aus dem Haus, eilte, ohne nach rechts und links zu sehen, durch die stickigen, nach Kot und Abfällen stinkenden Gassen und erreichte endlich das offene Land. Nur weg aus der Stadt, aus diesem Haus, wo sie sich wie ein Tier fühlte, das in eine Falle geraten war.

17
    Der Wagen rumpelte über die steinige Straße. Vergnügt saßen Carl und Wilhelm auf dem Kutschbock und stießen bei jedem Schlagloch gegeneinander. Endlich konnten sie einmal dem Einerlei des Dorfes entfliehen. Es war ihr Einfall gewesen, Sofie und Catharina in den kleinen Badeort in die Berge zu fahren. Übermütig trieben sie das Pferd an.
    «Au», stöhnte Catharina, als das linke Hinterrad in ein tiefes Loch sackte und der Stoß sie aus ihren düsteren Gedanken riss. «Passt doch auf, wo ihr hinfahrt!»
    Sie teilte sich den Platz auf der Ladefläche mit Sofie und einer dicken Bäuerin, die sie unterwegs aufgelesen hatten. Auf deren Schoß saß ein riesiger Hahn mit zusammengebundenen Füßen und einer Kapuze über dem Kopf. «So bleibt er ruhig und hackt nicht», hatte die Bäuerin die seltsame Vermummung erklärt, woraufhin Sofie ängstlich von der Frau weggerückt war.
    Catharina hielt ihr Gesicht in die Sonne. Freiburg schien unendlich weit hinter ihr zu liegen, und sie begann, sich auf die Wochen mit Sofie zu freuen. Seit ihrem Streit vor zehn Tagen hatten Michael und sie nur das Nötigste gesprochen. Anstandslos hatte er ihr erlaubt, Sofie zu begleiten, und ihr bei der Abfahrt einen prallen Beutel Geld überreicht. Wahrscheinlich ist er froh, mich eine Zeit lang los zu sein, dachte sie grimmig. Es war keine Eifersucht, die sie bewegte, vielmehr Wut und Enttäuschung darüber, dass es sich ihr Mann so einfach machte. Dem Himmel sei Dank, dass sich Elsbeth so schnell erholt hat, dachte sie. Sie hätte es nicht übers Herz gebracht, die Köchin mit dem großen Haushalt allein zu lassen.
    Kurz vor Günterstal zog der Himmel zu. Sie ließen die Klosteranlage rechter Hand liegen und durchquerten das ärmlichste Dorf, das Catharina je gesehen hatte. Düstere, halb verfallene Hütten säumten den Weg, in dessen Mitte der Sturzregen des  Sommers eine tiefe Rinne ausgewaschen hatte. Niemand schien sich hier die Arbeit zu machen, die Straßen in Ordnung zu halten, und Wilhelm hatte Mühe, die Räder neben der Rinne zu halten. Ein Horde halb nackter Kinder mit aufgeblähten Bäuchen lief neben dem Wagen her und streckte ihnen bettelnd die Hände entgegen. Die Frauen pressten ihre Bündel fester an sich.
    Am Ende der Dorfstraße sahen sie einen Menschenauflauf. Als sie näher kamen, erkannten sie mit Entsetzen, dass ein Mann an einen verkrüppelten Baum gebunden war und die aufgebrachte Menge mit Steinen nach ihm warf. Blut lief ihm über Stirn und Brust.
    «Die bringen den Mann um», rief Wilhelm und hielt an.
    «Seid Ihr verrückt geworden», schrie ihn die Bäuerin an. «Fahrt um Gottes willen weiter.»
    Doch ein halbwüchsiger Bursche hatte bereits die Gelegenheit genutzt und war am Wagenrad hochgeklettert. Er zerrte an dem aufgeregt kreischenden Hahn. Da sprang Wilhelm auf, schlug dem Jungen die Peitsche ins Gesicht und trieb das Pferd in Galopp. Mit einem Aufschrei fiel der Angreifer hintenüber vom Wagen.
    Der Schreck saß allen noch in den Knochen, als sie ein gutes Stück hinter dem Dorf das Pferd zum Stehen brachten.
    «Ich kann das nicht glauben», sagte Catharina. «Wie kann direkt vor den Toren dieses reichen Klosters solch ein Elend herrschen?» Sie legte der zitternden Sofie ihren Umhang um die

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