Die Hexe von Freiburg (German Edition)
du eine Geliebte hast.»
«Geliebte, Geliebte – was soll das? Vielleicht unterhalte ich mich mit ihr ein bisschen öfters und länger als mit den Frauen anderer Kunden. Sie hat mir von Anfang an Leid getan, weil sie mit diesem Tattergreis verheiratet ist.»
«Und aus lauter Mitleid gehst du ab und zu mit ihr ins Bett?»
Michael sagte nichts dazu. Das Gespräch schien ihm sichtlich unangenehm.
«Jetzt hör mir mal gut zu.» Catharina ging mit großen Schritten auf und ab. «Ich weiß, dass es zwischen uns nicht so ist, wie es zwischen Eheleuten sein sollte, und ich kann nicht sagen, ob es an dir oder mir liegt. Aber eins weiß ich: Ich will nicht zum Gegenstand irgendwelcher Tratschgeschichten werden. Ich habe die Nase voll von diesen Lügen. Mach, was du willst mit deinen Weibern, aber mache es heimlich und sorge dafür, dass die Gerüchte aufhören – egal wie. Du kannst ja Siferlin damit beauftragen, er scheint mir für solche Dinge bestens geeignet.» Sie blieb stehen und sah ihn an, doch er entgegnete immer noch nichts.
«Du schweigst? Weißt du was? Wenn mir solches Geschwätz nochmal zu Ohren kommt, werde ich ganz andere Gerüchte über dich in die Welt setzen.»
Michael lachte verächtlich. «Du drohst mir also. Du, Catharina Stadellmenin, Tochter eines kleinen Marienmalers, drohst mir!»
«Du weißt doch nichts Besseres, als mich immer wieder klein zu machen. Ich bin vielleicht von geringerem Stand als du, aber ich bin nicht dumm. Du weißt genau, dass du im Unrecht bist. Jeder geistliche und weltliche Richter würde bestätigen, dass du kein Recht hast, mich zu betrügen, da ich dir keinen Anlass dazu gebe. Also halt dich besser zurück – oder willst du, dass wir vor Gericht weiterreden? Und jetzt sage ich dir noch etwas: Geh deiner Wege, geh täglich zu deiner Rebecca, aber mache mir keine Vorschriften mehr über mein Leben.»
Bei ihren letzten Worten ging sie hinaus und warf die Tür hinter sich zu. Sie hatte sich die ganze Zeit beherrscht, aber jetzt, wo sie in ihrer Kammer auf dem Bett saß, sackte sie in sich zusammen und schluchzte wie ein kleines Mädchen. Diesen Zwist mochte sie gewonnen haben, aber sie wusste auch, dass es mit Michael auf Dauer nicht gut gehen würde.
Der Sommer verlief ohne weitere Zwischenfälle oder Streitereien. Michael schien großen Wert darauf zu legen, dass der Hausfrieden gewahrt blieb. Er verhielt sich Catharina gegenüber zurückhaltend, aber höflich. An manchen Abenden erkundigte er sich sogar, wie sie ihren Tag verbracht hatte. Ansonsten jedoch konnte von Familienleben keine Rede sein.
«Ich weiß gar nicht, für wen ich den ganzen Tag in der Küche stehe», murrte Barbara. «Der alte Herr liegt nur im Bett herum und hat keinen Appetit, Euer Mann ist ständig außer Haus, und Ihr rührt von dem, was ich Euch hinstelle, kaum etwas an. Wenigstens verschmähen die Männer in der Werkstatt mein Essen nicht.»
Catharina gab ihr Recht und nahm von nun an, wenn sich nicht gerade Besuch ankündigte, die Mahlzeiten mit den beiden Frauen in der Küche ein. Die belanglosen, fröhlichen Gespräche mit ihnen taten ihr gut, und bald ließ Barbara durchblicken, dass sie in die Verhältnisse in Catharinas Ehe eingeweiht war.
«Ich bin zwar nur Eure Köchin», sagte sie. «Aber wollt Ihr trotzdem meine Meinung wissen?»
«Ja», erwiderte Catharina. «Sprich nur.»
«Also: Ich sehe, wie Euer schönes Gesicht grauer und faltiger wird, und jünger werdet Ihr auch nicht. Seht Euch nach einem netten Mann um. Gott fordert von der Ehe, dass sich Mann und Frau achten und sich vereinigen. Er kann aber nicht erwarten, dass die Frau einsam ist und verkümmert, während ihr Mann seinen Spaß mit anderen Frauen hat. In diesem Fall braucht die Frau, wenn sie noch jung ist, einen Geliebten, sonst wird sie irgendwann krank.»
«Dann würde die Frau in den Augen Gottes aber dasselbe Unrecht begehen», sagte Catharina.
«Nein, denn Gott ist gütig und würde erkennen, dass es so etwas wie Notwehr ist. Das ist jedenfalls meine Ansicht. Ihr braucht jemanden, der zärtlich mit Euch ist und Euch schätzt.»
Sie sah zu Elsbeth und räusperte sich.
«Nun ja», sagte Elsbeth daraufhin in ihrer bedächtigen Art. «Es steht uns nicht zu, dass wir uns in Eure Angelegenheiten mischen. Wir möchten Euch nur wissen lassen, dass Ihr auf uns zählen könnt. Falls Ihr also jemanden kennen lernt – wir würden kein Sterbenswörtchen verraten.»
Als habe dieses Gespräch etwas in ihr
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