Die Hexe von Freiburg (German Edition)
Sofie an ihrem Bett sitzen.
«Wir müssen weg hier», stammelte Catharina. «Es brennt. Das Gasthaus brennt.»
«Du hast nur geträumt. Versuch wieder zu schlafen.»
Der Morgen graute schon, als Catharina endlich in den Schlaf fand. Sofie blieb die ganze Zeit an ihrer Seite. «Was für eine feine Frau», war Catharinas letzter Gedanke.
Viel schlauer war er nicht geworden bei seinen Nachforschungen, dazu hätte er länger verweilen müssen, und die Gefahr, entdeckt zu werden, wäre zu groß geworden. Aber wenigstens wusste er nun, womit diese Frau seinen Brotherrn betört und geblendet hatte. Durch die Astlöcher der Badehäuser hatte er alles genau gesehen: diese runden weißen Brüste, die zarte Haut der Schenkel, dieser fleischige und doch straffe Hintern – Siferlin stöhnte auf und schloss schmerzvoll die Augen. Zur Hölle mit diesen Weibern. Aufgebracht gab er seinem Pferd die Sporen und preschte durch den Wald.
Warum war sein Herr so mit Blindheit geschlagen? Listige Tücke und Betrug, was sonst sollte diese Frau im Sinn gehabt haben, als sie darum bat, ihre Freundin begleiten zu dürfen. Und dann auch noch zu einer Badekur. Waren diese Badeorte doch für ihre Sittenlosigkeit und Unzucht bekannt. Er, Hartmann Siferlin, hätte dazu niemals seine Einwilligung gegeben. Doch Bantzer hatte nur mit den Schultern gezuckt und dankend abgewehrt, als er ihn fragte, ob er im Kurhaus für ihn nach dem Rechten sehen solle. Was war ihm anders übrig geblieben, als ihr auf eigene Faust hinterherzureisen? Er war sich sicher, dass die Gier nach einem Buhlen oder nach noch schlimmeren Ausschweifungen sie aus dem Haus getrieben hatte.
Wie arglos sein Herr war, er wusste so gar nichts von der Bosheit der Weiber. Warum nur war Bantzer nicht ledig geblieben? Wie hieß es im Buch der Prediger: Mit einem Löwen oder Drachen zusammen zu sein wird nicht mehr frommen, als zu wohnen bei einem nichtsnutzigen Weibe. Gering ist jede Bosheit gegen die Bosheit des Weibes. Und in einer anderen Schrift hatte er gelesen: Es frommt nicht zu heiraten. Was ist das Weib anders als die Feindin der Freundschaft, eine unentrinnbare Strafe, eine häusliche Gefahr, ein ergötzlicher Schaden, ein Mangel der Natur, mit schöner Farbe gemalt …
Siferlin spürte die Enttäuschung in sich nagen. Nun musste er ohne Beweise für die Verderbtheit dieser Frau heimkehren. Hätte er nur die Möglichkeit gehabt, sie auch nachts zu beobachten – da hätte er gewiss entdeckt, was er suchte. Doch ihre Kammer lag weit oben unterm Dach, niemals hätte er unbemerkt dorthin gelangen können. Und was das gemeinsame Bad der beiden Frauen im Holzzuber betraf – von seinem heimlichen Posten aus hatte er nichts Abwegiges bemerken können. Wenn man von der Hingabe einmal absah, mit der sich die beiden Frauen einseiften. Oh, wie die nassen Leiber geglänzt hatten, wie hier ein paar Brüste, dort ein unbedecktes Geschlecht durch die dampfende Hitze zu sehen gewesen waren. Nein, nein, nein, ihn würde die Stadellmenin nicht hintergehen, er würde jegliche Unkeuschheit dieser Frau aufdecken und sie eines Tages ihrer gerechten Strafe zuführen. Und Michael Bantzer würde endlich erkennen, was für einen ergebenen Diener er in ihm besaß.
18
Michael sah sie ernst an. «Ich habe dich vermisst. Wirklich.»
Catharina antwortete nicht. Sie saßen allein beim Abendessen. Der alte Bantzer lag, wie zumeist in letzter Zeit, tagsüber im Bett und geisterte dafür nachts ruhelos durchs Haus.
«Nun komm schon, Catharina, so etwas kann doch vorkommen. Es war nur ein Geplänkel mit dieser Frau. Ich schwöre dir, das ist jetzt vorbei.»
Was erwartete Michael eigentlich von ihr? Dass sie aufsprang und ihm dankbar um den Hals fiel?
«Ich gehe zu Bett», sagte sie. «Ich bin müde von der Heimreise.»
In der Tür drehte sie sich noch einmal um. «Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn ich meine Verwandten ab und zu hierher einlade.»
Er schüttelte beflissen den Kopf.
In der nächsten Zeit spürte sie deutlich, wie sich Michael um sie bemühte. Er war zwar nach wie vor oft den ganzen Tag außer Haus oder kam abends erst spät wieder, aber er wurde offener und ließ sie viel mehr als früher an seinem Leben und seinen Aufgaben teilhaben. Im Laufe der Monate entwickelte sich fast so etwas wie eine Freundschaft zwischen ihnen, eine Freundschaft allerdings, die ohne jede Zärtlichkeit oder Begehren war.
Ihre Lehener Verwandtschaft traf sie jetzt fast jede Woche. Entweder kam Sofie
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