Die Hexe von Freiburg (German Edition)
mir geht. Falls wir es nicht schaffen, unsere Liebe aufzugeben, dürfen wir uns nicht mehr sehen. Und damit würde ich nicht nur dich verlieren, sondern auch deine Familie, die mir fast so viel bedeutet wie du. Ich will weiterhin bei euch ein und aus gehen können.»
Christophs Gesicht verdüsterte sich. Er nickte. «Ich werde versuchen, vernünftig zu sein. Wir müssen wenigstens Freunde bleiben.»
Für den Rest des Weges schwieg er.
Müde und niedergeschlagen kam Catharina nach Hause. In einer ähnlich düsteren Stimmung saß Michael am Esstisch. Es war Anfang Juni, und wie jedes Jahr um diese Zeit hatten die Wahlen zum Magistrat stattgefunden.
Catharina setzte sich neben ihren Mann.
«Du bist nicht gewählt worden, nicht wahr?»
Er nickte. «Zwei Stimmen nur haben mir gefehlt.»
Er tat ihr Leid, wie er da so zusammengesunken auf seinem Stuhl saß. Tröstend legte sie den Arm um ihn.
«Nächstes Jahr wirst du es schaffen, ganz bestimmt.»
Wenige Wochen später bat Elsbeth Catharina um ein Gespräch unter vier Augen. Die Hausmagd sah sehr ernst aus.
«Du willst uns doch nicht etwa verlassen?», fragte Catharina besorgt.
«Nein, nein, das ist es nicht. Dem Himmel sei Dank, wenn Ihr mit mir zufrieden seid.» Verlegen sah sie Catharina an. «Es geht um Euch.»
«Um mich?»
«Ihr wisst, dass mich der Klatsch anderer Leute nicht kümmert. Aber auf dem Markt habe ich in letzter Zeit verschiedentlich gehört, wie über Eure Ehe geredet wird. Ich denke, dass Ihr das wissen solltet.»
«Und was reden die Leute über uns?»
«Dass Ihr – nun ja, dass es in Eurer Ehe nicht zum Besten steht, dass Ihr wohl unfruchtbar oder kalt wäret, sonst würde Euer Mann nicht sein Glück bei einer anderen suchen.»
Zornesröte stieg Catharina ins Gesicht. «Was sagst du da? Eine andere Frau?»
«Ich weiß nicht genau, was an dem Geschwätz dran ist, aber ich hab neulich mit eigenen Augen beobachtet, wie Euer Mann mit dieser Frau zusammentraf.»
«Mit welcher Frau?»
«Ich glaube, sie heißt Rebecca, die junge Frau vom Tuchhändler, dem alten Bosch. Man sagt, er sei schon fast blind und seine Angestellten und seine Frau würden ihm auf der Nase herumtanzen.»
Catharina ließ sich auf die Küchenbank sinken. In Liebe für R., dachte sie. Was war Michael doch für ein Lügner! Die ganze Zeit also hatte er sie angelogen und sich weiterhin mit dieser Frau getroffen. Sie musste jetzt genau überlegen, was zu tun war. Sie war nicht wagemutig genug, um davonzulaufen. Sie wusste genau, dass sie hier bleiben und bis zum Schluss an der Seite dieses Mannes verharren würde, denn sie hatte ihm vor Gott, vor der Kirche und vor Zeugen die Ehe versprochen, in guten wie in schlechten Zeiten, bis dass der Tod sie scheide.
Einen kurzen Augenblick lang ging ihr durch den Kopf, in ein Kloster einzutreten. «Keusch lebe ich ja schon», dachte sie bitter. Ihr fiel Hildegard von Bingen ein, von der sie eine kleine Schrift über Heilwissen gelesen hatte. Diese außergewöhnliche Frau hatte sich in der Ruhe des Klosterlebens ganz ihrer Bestimmung widmen können, sie forschte, schrieb Bücher, komponierte und stand im Briefwechsel mit den berühmtesten Männern ihrer Zeit. Sie war eine anerkannte Gelehrte, und das als Frau.
Catharina seufzte. Was für ein Unsinn. Sie war weder so klug wie Hildegard von Bingen, noch hatte sie göttliche Visionen – allenfalls Albträume. Und sie würde sich nie den strengen Regeln des Konvents unterwerfen können. Außerdem waren das andere Zeiten gewesen. Sie wusste, dass in den großen Handelsstädten wie Köln oder Frankfurt vor Jahrhunderten reiche Kauffrauen gelebt hatten und Meisterinnen, die Lehrlinge ausbilden durften. Auch in anderen Städten hatte es reine Frauenzünfte gegeben. Was war dagegen heute eine Frau wert, wenn sie nicht an der Seite eines Mannes stand?
Nein, sie hatte keine andere Wahl, als sich – wie es die Köchin ausdrücken würde – an dem für sie bestimmten Plätzchen, so gut es ging, einzurichten. Aber sie würde Michael Bedingungen stellen.
«Weißt du eigentlich, was über mich geredet wird?»
Michael sah sie überrascht an. «Nein, was denn?»
«Dass ich unfruchtbar sei, zum Beispiel.»
Er zuckte die Schultern. «Tatsache ist, dass wir nun mal keine Kinder haben.»
«Dann pass nur auf, dass nicht Rebecca, die Frau des Tuchhändlers, Kinder von dir bekommt.»
Michael wurde rot. «Was redest du da?»
«Ich rede gar nichts. Die Leute auf dem Markt posaunen herum, dass
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