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Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Die Hexe von Freiburg (German Edition)

Titel: Die Hexe von Freiburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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suche, müsste viel älter sein.»
    «Dann sucht Ihr meine Mutter. Die ist vor ein paar Jahren gestorben. Was wolltet Ihr denn von ihr?»
    Catharina wusste nicht, ob sie dieser Frau trauen konnte. «Ach, nichts Wichtiges. Entschuldigt bitte die Störung.»
    Alle Hoffnungen, die sie auf die alte Gysel gesetzt hatte, fielen in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Enttäuscht wandte sie sich um und wollte schon gehen, als die Frau sie festhielt.
    «Einen Moment, wartet. Wolltet Ihr meine Mutter um Hilfe bitten?»
    Catharina nickte. «Sie hat mir schon einmal geholfen, als ich ein junges Mädchen war.»
    Die Frau zog sie ins Haus. In dem karg eingerichteten Raum hing immer noch alles voller Kräuter, frischer und getrockneter, doch in der Ecke, in der sich damals der große Bottich befunden hatte, lagen jetzt große Bündel von Weidenruten und halb fertigen Körben.
    «Seid Ihr auch Hebamme?», fragte Catharina.
    «Nein. Ich lebe vom Kräutersammeln und Korbflechten. Setzt Euch dort auf die Bank und sagt mir, warum Ihr Hilfe braucht. Ihr müsst keine Angst haben, ich kann schweigen.»
    Erleichtert erzählte sie der Frau, dass sie verheiratet und von einem anderen Mann schwanger sei. Sie versuchte sich so kurz wie möglich zu fassen, doch Gysel hakte immer wieder nach.
    «Eure Blutungen sind also zweimal ausgeblieben, und Eure Brüste spannen. Ist Euch morgens schlecht?»
    Catharina verneinte.
    «Müsst Ihr oft pinkeln, habt Ihr Blähungen?»
    «Ja, seit ein paar Tagen. Und ich habe Sodbrennen.»
    Gysel schob ihre Hand unter Catharinas Hemd und legte sie auf ihren Bauch.
    «Es sind schon Frauen hergekommen, deren Bauch war bereits rund wie eine Kugel. Dann ist es zu spät. Aber bei Euch habe ich den Eindruck, soweit ich das beurteilen kann, dass Ihr erst im zweiten Monat seid. Das ist gut.»
    «Könnt Ihr mir helfen?»
    «Nein. Ich kenne mich zwar in diesen Dingen aus, aber ich habe noch nie einen Abortus vorgenommen. Ich rate Euch, zur Seboltin zu gehen. Sie hat bei meiner Mutter gelernt und ist sehr erfahren. Sie wohnt wie Ihr in der Stadt, hat aber keine Zulassung mehr.»
    Nachdem Gysel ihr erklärt hatte, wo Ursula Seboltin wohnte, brachte sie sie zur Tür.
    «Seid vorsichtig. Ihr wisst, dass auf das, was Ihr vorhabt, die Todesstrafe steht.»
    Bei diesen Worten zuckte Catharina zusammen, doch sie wusste, dass ihr kein anderer Ausweg blieb, und bat Gott inbrünstig um Verzeihung für das, was sie vorhatte.
    «Nennt also niemals Euren Namen», fuhr die Kräuterfrau fort. «Ihr könnt der Seboltin zwar vertrauen, aber falls sie je einmal in Schwierigkeiten gerät, ist es besser, wenn sie Euch nie gekannt hat. Die verschwiegensten Frauen sind schon zum Sprechen gebracht worden. Da würde die Seboltin keine Ausnahme machen.»

20
    Catharina krümmte sich vor Schmerzen. Bei jedem Krampf klammerte sie sich an die Holzbretter des Aborts und versuchte, nicht aufzuschreien. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, bis sie endlich ein warmes Rinnsal an ihren Schenkeln spürte. Sie wusste nicht, was da unter ihrem Körper im Abfluss verschwand, wollte es auch nicht wissen. Ihr war schlecht und schwindlig, und sie betete, dass alles bald vorbei sein würde. Nachdem die Krämpfe und Blutungen spürbar nachgelassen hatten, legte sie sich eine Binde aus Leinen zwischen die Beine, reinigte den Abtritt und ging zu Bett, wo sie erschöpft den Rest des Tages verbrachte.
    Ob die Leibesfrucht tatsächlich abgegangen war, würde sich nach den Worten der Seboltin erst in den nächsten Wochen herausstellen, aber Catharina war sich gar nicht mehr sicher, ob es das war, was sie wollte. Hatte sie tagelang ihre gesamte Willenskraft darauf verwandt, sich von dem Ungeborenen zu trennen, es aus ihrem Körper zu verbannen, ergriff sie mit einem Mal Angst, ihr Kind tatsächlich zu verlieren.
    Noch am Tag ihres Besuchs in Lehen war sie bei Ursula Seboltin vorbeigegangen. Die heimliche Hebamme, eine ältere Witwe, lebte in einem windschiefen Hinterhaus in der Neuburger Vorstadt. Freundlich und ohne nach Catharinas Namen zu fragen, hatte sie ihr zugehört und sie anschließend untersucht.
    «Nach allem, was ich sehe und was Ihr erzählt habt, schätze ich, dass Ihr schwanger seid, und zwar im Anfang des dritten Monats. Ihr müsst aber wissen, dass sich mit völliger Sicherheit eine Schwangerschaft erst im vierten Monat feststellen lässt. Da Ihr so frühzeitig zu mir gekommen seid, tut es jedoch nichts zur Sache, ob Ihr schwanger seid oder nicht, denn die

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