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Die Hexe von Hitchwick

Die Hexe von Hitchwick

Titel: Die Hexe von Hitchwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Gaede
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geworden die Aufgabe zu erfüllen, sie am Leben zu erhalten. Die Zeiten wandelten sich, nachdem sie das Erbe ihrer Mutter angenommen hatte. Sie fragte sich, ob sie es bis jetzt gut gemacht hatte? Zum größten Teil schon, sonst wäre sie kaum in der Lage sich jetzt im Spiegel zu betrachten. Und doch hätte sie das ein oder andere anders angehen sollen, vielleicht wäre das Resultat dann ein anderes gewesen.
Ihre Augen fixierten einen kleinen Fussel auf dem Revers ihres Mantels, flink nahm sie die Kleiderbürste vom Schränkchen, das unter dem ovalen Spiegel stand, und befreite ihre Schultern von sämtlichen Staub und Fusseln.
Sie legte die Bürste wieder beiseite, lächelte ihrem Spiegelbild aufmunternd zu, straffte die Schultern, zog ihren seidigen Schal etwas enger und verließ das ihr geliebte Haus.

„Aber wir haben keine Erlaubnis wieder ins Haus zu gehen“, sagte Leonie trotzig.
„Das ist unser Haus. Und wenn du unbedingt eine Erlaubnis brauchst, um unser Haus zu betreten, dann bitte; dein Vater hat uns die Erlaubnis gegeben. Deswegen wartet er auch dort auf uns“, gab Mrs. Smith bissig zurück, wandte sich jedoch nicht zu ihrer Tochter um, die auf dem Rücksitz saß und nichts lieber gemacht hätte, als vor die Vordersitze zu treten.
„Ich bin dir sehr dankbar, dass du uns fährst. Es wäre für John ein ziemlicher Umweg gewesen“, sagte Mrs. Smith in einem völlig entgegengesetzten Ton zu ihrer Freundin.
„Kein Problem. Ihr solltet aber wirklich erst mit der Polizei Kontakt aufnehmen, bevor ihr das Haus betretet. Wegen der Spuren.“
„Das wird John sicher bereits gemacht haben.“
Leonie öffnete den Mund, schloss ihn wieder und verschränkte die Arme vor der Brust. Es hatte eh keinen Sinn, wer würde ihr schon zuhören, auch wenn sie diejenige gewesen war, die von diesem Ding angegriffen wurde. Fairerweise musste sie einräumen, dass ihre Eltern nichts davon wussten. Ein Einbruch, etwas hören, war nun einmal etwas anderes, als angegriffen zu werden. Von einem Schatten und Einer-was-auch-immer angegriffen zu werden, war dummerweise auch wieder etwas anderes, als von einem Skimasken tragenden Menschen überfallen zu werden. Es blieb ihr also nichts anderes, als sich still zu ärgern.
„Hier kannst du halten, du musst nicht in die Einfahrt fahren.“
Der Wagen hielt, Leonie murmelte einen leisen, unverständlichen Abschiedsgruß und war aus dem Wagen geschlüpft, bevor ihre Mutter überhaupt mit der Verabschiedung angefangen hatte. Automatisch schlug Leonie den Weg zur Haustür ein, als ihr Blick das Haus streifte, blieb sie stehen. Nach Jasmines Verschwinden hatte sich das Gefühl eines sicheren Zuhauses verändert, auch wenn es nicht gänzlich verschwunden war, hatte es tiefe Risse bekommen. Nachts bekam sie oft Besuch von einer unbestimmten Angst. Stille erzeugte Unwohlsein und gebar Gedanken voller Wut und Unbehagen. Und doch war es eine Zuflucht gewesen, vor neugierigen Blicken, nervenden Fragen, einfach der Außenwelt, die kein bisschen weniger bedrohlich war als die Nachtmahre.
Weg!
All die Splitter der Geborgenheit waren weg. Jeder Muskel in ihrem Körper verkrampfte sich bei dem Gedanken, sich dem Haus, was einst ihr Heim gewesen war, auch nur zu nähern. Sie wollte dort nicht wieder hinein. Tief in ihrem Inneren war sie froh gewesen, dass diese beiden Pseudo-Sergeants ein Betreten-Verboten erlassen hatten, dumm nur, wenn sich ihre Eltern weigerten es einzuhalten.
Wenn sie mit ihrem Vater …
Leonie brach den Gedanken ab. Ihr Vater war noch um einiges sturer als ihre Mutter. Er stellte die Regeln auf, an die sich die anderen zu halten hatten, nicht umgekehrt. Er war niemand, der sich über Gesetze hinwegsetzte, er zahlte brav jeden Strafzettel, der ins Haus flatterte, schimpfte nie über die Regierung, egal, was in der Zeitung stand. In der Familie herrschten seine Regeln, natürlich auch die ihrer Mutter, allerdings hatte sie noch nie erlebt, dass er sich von etwas hatte überzeugen lassen, was er zuerst inakzeptabel fand.
„Was stehst du hier rum, komm schon!“, sagte Mrs. Smith und packte ihre Tochter am Ellenbogen.
„Lass mich los!“, schnappte Leonie und entwand sich dem Griff ihrer Mutter.
„Kein Absperrband. Zufrieden? Das bedeutet, wir dürfen unser eigenes Haus wieder betreten.“
Dürfen und wollen sind zwei verschiedene Paar Schuhe, dachte Leonie.
Sie wollte dieses Haus der Schrecken nicht in eine Million Jahren wieder betreten. Es lag ihr fern, ihre Mutter

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