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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Zeit ist doch etwas vorgefallen, oder irre ich mich? Erst Maeve und jetzt Yvonne. Und zwischendurch ich. Oder vielleicht auch Norani? Ihr beide scheint euch jedenfalls gut zu kennen. Hör zu, es passt mir nicht, nur so eine kleine Abwechslung zu sein.«
    Lucians Gesicht entwich alle Farbe. »Das ist nicht wahr!«
    »Ist es doch«, zischte Ravenna. Sie wollte ihn anschreien und sich ihm gleichzeitig an den Hals werfen. Sie wollte ihn wegstoßen und sich an ihn klammern. Seit Yvonnes Erscheinen vor dem Hexengericht war sie völlig durcheinander.
    »Ramon ist mein bester Freund und Norani hat ihm versprochen, dass … ach, was rede ich!«, brauste Lucian auf. »Glaubt Ihr denn wirklich, dass die Liebe eine unteilbare Angelegenheit ist? So etwas wie ein Pflaumenkern, aus dem immer nur ein Baum wächst? Ihr liegt völlig falsch! Und wenn Ihr wüsstet, was ich alles liebe, dann hättet Ihr wirklich Grund zur Eifersucht: meine Freunde, meine Schwestern und meinen König, mein Schwert, die Magie und diesen Ort hier, von dem ein Teil leider zu Asche verbrannt ist! Liebe ist unendlich, Ravenna. Sie ist magisch, sie ist heilig. Wenn Ihr nur die geringste Ahnung hättet, was es bedeutet, eine Hexe zu sein, dann wärt Ihr nicht so borniert!«
    Mit diesen Worten ließ er sie stehen. Sprachlos starrte ihm Ravenna nach, als er zu dem Brunnenrohr stapfte, das neben dem Eingang aus der Wand ragte. Er wusch sich mit dem eiskalten Wasser, bis seine Haare tropfnass waren. Dann ging er in den Hof zurück und verschwand auf der Stiege, die ins Obergeschoss des Eingangsgebäudes führte. Sie hörte, wie er die Tür hinter sich zuknallte.
    Ravenna starrte auf die Fenster im ersten Stock. Kerzenschein flackerte auf und wanderte unruhig von Zimmer zu Zimmer. So wütend hatte sie Lucian noch nie erlebt. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass er überhaupt derart wütend werden konnte. Und das Problem war, sie hatte ihn so wütend gemacht.
    Als sie sich umdrehte, stand Ramon hinter ihr. Noranis Gefährte musterte sie mit dem einen Auge, das ihm verblieben war. Ravenna merkte, dass sie zitterte.
    »Was bedeutet borniert?«, fragte sie.
    Ramon grinste. »Engstirnig«, sagte er. »Aber er meint es nicht so.«
    »Na, ganz toll«, meinte Ravenna.
    Ramons Grinsen wurde breiter. »Lucian mag Euch wirklich. Auch wenn Ihr noch immer ein dürres, unglückliches Mädchen seid. Ich kann Euch versichern, dass zwischen ihm und Norani nie etwas vorgefallen ist. Sie und ich – wir sind seit langem Gefährten. Wir waren es schon, als Maeve noch lebte.«
    Ravenna nickte. Langsam entspannte sie sich und ihr wurde bewusst, wie albern sie sich benommen hatte. »Ich packe alles vollkommen falsch an«, gestand sie in kläglichem Ton. »Ich zerstreite mich mit meinen Freunden, wenn ich sie am dringendsten brauche, und bringe meine Schwester hierher, obwohl mein Gefühl mir sagt, dass das keine gute Idee ist.« Hilflos zog sie die Schultern hoch.
    Ramon lächelte sein schiefes Lächeln. Es erfasste nur die Gesichtshälfte, die Beliars Lanze nicht zerschmettert hatte. Sein Schild zeigte einen Halbmond, und Ravenna fand, dass das irgendwie zusammenpasste.
    »Ihr macht Eure Sache sehr gut«, versicherte er. »Wirklich. Es ist schwer, unter diesen Umständen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ihr müsst in sehr kurzer Zeit sehr viel lernen, doch Ihr erweist Euch als ausgesprochen unerschrocken und seid schnell von Begriff.«
    Ravenna musterte den jungen Ritter mit einer hochgezogenen Augenbraue. »Das sagst nicht du, das sagt Norani«, bemerkte sie.
    Ramon grinste breit. »Genau.«
    Sie aß mit den anderen Mädchen im Speisesaal, nahm ein heißes Bad und schlief in dem Bett mit den roten Kissen, doch sie blieb allein im Zimmer.
    Lucian hielt sich in dieser Nacht bei seinen Freunden auf, die das Gebäude über dem Gewölbegang und den Stallungen bewohnten. Sie sah ihn erst wieder, als sich der Festzug der Hexen zum Aufbruch bereitmachte. Er stand mit den anderen Rittern in der Nähe der Pferde und hörte sich an, was Marvin zu berichten hatte. Der Späher hatte den Hexenbanner im Wald aufgespürt und mit seinen Begleitern verhindert, dass der Mann auch noch die letzten Beckensteine mit seinem Gegenzauber verdarb. Nur so war es möglich gewesen, dass die Magie der Hexenringe gemeinsam gewirkt hatte und Norani den Dämon austrieb, der in den Hexenjäger gefahren war.
    »Ich kenne nun fast alle Siegel«, meinte Ravenna, an Mavelle gewandt, während sie Willow die Nase

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