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Die Hexen - Roman

Die Hexen - Roman

Titel: Die Hexen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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vielleicht noch, doch bald wirst du ihn durchschauen und dann kann er dir nichts mehr anhaben. Vertrau einfach auf deine Gabe. Sie wird dich nicht im Stich lassen.«
    Ravenna schluckte. »Aber wie soll Morrigan mich denn anerkennen?«, fragte sie. »Ich meine … sie kennt mich doch gar nicht.«
    Sie hatte es tatsächlich geschafft – die Magierin von Mabon lachte herzlich. Dann nahm sie Ravennas Gesicht zwischen beide Hände. »Keine Sorge, mein Kind. Du wirst Morrigan begegnen, wenn es dir bestimmt ist, und davon gehen wir alle aus, denn sonst wärst nicht du durch das Tor gekommen, sondern eine andere. Und nun geh und bitte Darlach, dein Pferd zu satteln! Du übernachtest heute auf Constantins Burg. Dort bist du wenigstens vor besprochenen Salamandern und dem Neid deiner Mitbewerberinnen sicher. Und du wirst morgen früh rechtzeitig zu Marlons Begräbnis zur Stelle sein.«
    Die Abendsonne tauchte das Rheintal in goldenes Licht. Mücken tanzten in der Luft und die Gräser raschelten. Auch diesmal war der Ritt ohne Zwischenfälle verlaufen und Ravenna genoss es, die weite Ebene zum ersten Mal ohne Verkehrsadern, Staudämme und Hochspannungsleitungen zu erleben.
    Der Turnierplatz war bereits abgesteckt. Am oberen Ende stand ein Birkenhain, von dessen Rand das Gelände sanft zum Flussufer abfiel. Bunte Wimpel und Banner flatterten im Wind. Die Gäste, die auf der Burg keinen Platz mehr gefunden hatten, übernachteten in Zelten, die man hinter den Tribünen aufgestellt hatte. Schmiede, Sattler und Kunsthandwerker hatten ihre Stände errichtet, der Duft von über Holzkohle gegrilltem Fleisch lag in der Luft, und die Gaukler erprobten Saltos, Stelzenlauf und andere Kunststücke, mit denen sie die Gäste des Königs unterhalten würden. Aus einem der Zelte drang Lautenspiel und eine Frauenstimme sang ein melancholisches Lied.
    Mit klopfendem Herzen suchte Ravenna nach Lucian und seinen Freunden. Vor den Toren der Burg hatte Darlach ihr freundlich erklärt, sie solle nur ruhig weiterreiten, denn der Turnierplatz war nicht zu verfehlen. Er hatte Recht gehabt. Den eigentlichen Kampfplatz bildete ein langgezogenes Rechteck, in dessen Mitte man eine Bande errichtet hatte. Dort würden morgen die Gegner aufeinander losstürmen.
    Zimmerleute verrichteten soeben die letzten Handgriffe an der Ehrentribüne. Ihre Hammerschläge hallten durch das Tal. Die jungen Männer aus Constantins Burg schwangen Sensen und mähten das kniehohe Gras entlang der Bande. Anschließend rafften sie die Halme zusammen, warfen sie auf Handkarren und brachten sie den Pferden der Gäste als Abendfutter. Es war seltsam, Ritter bei dieser bäuerlichen Arbeit zu beobachten, doch die jungen Männer schienen Spaß an der ungewohnten Tätigkeit zu haben. Sie schufteten mit bloßem Oberkörper, riefen sich lockere Sprüche zu und erfrischten sich zwischendurch mit Milch, die mit Honig und Eiern verquirlt war.
    »Habt ihr schon die neue Anwärterin gesehen?«, hörte Ravenna eine Männerstimme, als sie ihr Pferd zu der Gruppe lenkte. Das Gras dämpfte Willows Hufschläge und die Stute schnappte zwischendurch nach den Halmen. »So ein spindeldürres, unglückliches Mädchen. Also, mir persönlich sind Frauen mit mehr Temperament lieber.«
    »Weil du selber so ein spindeldürrer Flegel bist, Ramon!«, rief sein Gefährte, der mit einem Holzrechen zugange war. »Wenn ich mich recht entsinne, war dir das Temperament deiner Liebsten ein bisschen zu viel des Guten!«
    »Oho, Norani konnte auch kalt sein wie Eis, mit einem Blick, der dich ans Bett nagelte, wenn ihr etwas nicht passte.« Der junge Ritter lachte, während er und sein Freund sich gegenseitig aufzogen.
    »Als die Neue hier ankam, hatte sie tatsächlich Hosen an«, wusste ein anderer Mann. Da begriff Ravenna, dass von ihr die Rede war. Lautlos brachte sie das Pferd zum Stehen und stützte den Ellenbogen auf das Sattelhorn. »Wenn das die Zukunft ist und die Frauen nicht mehr wissen, dass sie Frauen sind, dann bin ich doch froh im … wie nannte sie es doch gleich, Lucian?«
    »Im Mittelalter«, erwiderte der Angesprochene, und der andere fuhr großspurig fort: »Dann bin ich doch froh, im Mittelalter geboren zu sein! Unserem Freund hier gefällt das d ürre Ding allerdings recht gut, wie man hört.«
    Wieder brach die Runde in fröhliches Gelächter aus. Lucian lud einen Arm voll Gras auf den Karren und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Zu mir war Ravenna sehr freundlich«, sagte er. »Ich sollte

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