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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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Hand gesehen habe, dachte ich, du würdest ganz gut zu uns passen.« Sie deutete mit ihrem Kopf zu Carlo.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Wir treten auf Jahrmärkten auf, er als Monster …«
    Rosa unterbrach die Frau mitten im Satz und hielt ihr die Hexenhand vors Gesicht. »Niemals werde ich meine elende Hand zur Schau stellen. Eher sterbe ich!«
    Die Frau lächelte beruhigend. »Schschsch, nicht so aufregen, das ist nicht gut für deine Heilung.«
    »Und welche Scheußlichkeit stellst du aus?«, zischte Rosa empört. »Zwei Köpfe hast du ja nicht. Bist du dann vielleicht die Frau mit den Elefantenbeinen?«
    »Nichts dergleichen.« Siranush biss sich auf die Lippen, und ihre dunklen Augen blitzten. »Ich verkaufe Terra armena.« Und nach einem winzigen Zögern fügte sie noch hinzu: »Der verdankst du im Übrigen auch dein Leben.«
    Rosa schluckte, sie benahm sich unmöglich. Siranush hatte ihr das Leben gerettet, dafür sollte sie dankbar sein oder wenigstens freundlich.
    »Was ist Terra armena?«, fragte sie, um möglichst schnell von ihrer Gemeinheit mit den hässlichen Elefantenbeinen abzulenken. Rosa wusste, dass Terra das lateinische Wort für Erde war, aber von Terra armena hatte sie noch nie gehört.
    »Terra armena ist Heilerde, manche nennen sie auch Bolus armenicus.«
    Diesen Namen hatte Rosa von ihrer Mutter schon mal gehört. Hatte sie nicht den Umschlag für ihren Knöchel damit gemacht?
    »Es ist nicht nur irgendeine Heilerde, wie die von der Insel Lemnos aus der östlichen Ägäis oder die aus Sinob vom Schwarzen Meer.« Siranush redete lauter und lauter, so als ob sie diesen Vortrag schon oft gehalten hätte. »Unsere Erde ist rot wie Blut, und weil sie so einzigartig und kostbar ist, wird sie nicht lose gehandelt wie irgendeine Erde.« Siranush kramte in einer Kiste, die hinter ihr stand, und zog einen Beutel hervor, der ganz aus goldenen Fäden gewebt und mit vielen Türkisen und Silberperlen verziert war. Ganz ähnlich wie die Stickereien auf Siranushs Jacke. Sie öffnete die dicke Kordel, die mit goldenen Perlen geschmückt war. »Schau her, kleine Gadu.«
    Siranush hielt Rosa eine dicke dunkelrote Münze entgegen. Als Rosa sie in die Hand nahm, setzte sich sofort roter Staub an den Rillen ihrer Fingerkuppen ab.
    »Unsere Erde wird zu Talern gepresst und mit einem Siegel versehen, um sie zu schützen, denn es gibt so viele Betrüger, die irgendeinen Dreck als Terra armena verkaufen.«
    Rosa gab den Taler zurück. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Siranush war offensichtlich unendlich stolz auf diese Erde.
    »Und wie hat sie mir das Leben gerettet?«
    »Nun, du hattest am ganzen Körper offene Wunden, als wir dich gefunden haben, an einigen hatten auch schon die Geier herumgepickt. Mücken saßen darauf, du warst vollständig ausgetrocknet und hattest Fieber. Ich habe die Erde mit Bergquellwasser angerührt, auf deine Verletzungen geschmiert und dir tropfenweise Wasser eingeflößt.«
    »Warum hast du mich nicht einfach sterben lassen?«
    »Ich habe deinen Finger gesehen und mir gedacht, Gott hat diese besondere, schöne Frau ganz sicher nur gemacht, damit Siranush sie findet. Ich denke, wir werden einen großartigen Auftritt haben, Carlo, du und ich, und sehr viel Geld verdienen. Und Geld, Achtschigges, Geld ist das Wichtigste!« Siranushs Augen leuchteten auf, als sie über Geld sprach, und sie berührte dabei ihren Schmuck, wie um sich zu vergewissern, dass er noch da war. Dann legte sie den Taler zurück in den Beutel, verschloss diesen und deponierte ihn wieder in der Truhe.
    »Carlo, lass uns einen schönen Platz für die Nacht suchen!«, rief sie dem Mann mit dem schrecklichen Gesicht zu, dann zwinkerte sie Rosa an.
    »Du wirst dich schon an ihn gewöhnen, Carlo ist der beste Mann, nein, was sage ich, der beste Mensch, den ich jemals getroffen habe. Und glaub mir, ich bin sehr, sehr weit herumgekommen.« Sie fiel ein wenig in sich zusammen und seufzte, als wäre sie sehr müde vom vielen Reisen. Dann aber reckte sie ihre Schultern wieder.
    »Heute Abend musst du ein paar Schritte gehen. Wir werden dir dabei helfen.« Siranush kletterte nach vorne zu Carlo und überließ Rosa ihren Gedanken.
    Sie starrte über die weite Ebene und versuchte, aus dieser Siranush schlau zu werden. Ja, diese seltsame Frau hatte sie gerettet, angeblich, weil sie ihr nützlich sein konnte. Das behauptete sie jedenfalls. Aber Rosa konnte nicht glauben, dass Siranush sie ohne ihren Hexenfinger eiskalt

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