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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wo Saxton Gillian gefunden hat. Wo sie nach der Vergewaltigung ihre Freundinnen eingeholt hat. Stimmt’s?«
    »Ja. Und?«
    »Ich hab dich gehört. Eben, als du meinen Namen gerufen hast.«
    Selena begriff, worauf Jordan hinauswollte. »Aber könnte man vielleicht noch mehr als eine Stimme hören? Zum Beispiel zwei Leute, die miteinander kämpfen?«
    »Ich weiß nicht. Warte hier.« Er lief zurück in den Wald und fing an, mit den Füßen Laub hochzutreten. »Kannst du das hören?«
    Selena lauschte angestrengt. Die Geräusche des Tages – Vögel und Lastwagen in der Ferne – waren lauter, aber hier und da vernahm sie ein leises Rascheln. »So eben«, rief sie. »Aber ganz schwach.« Selena trabte zurück zu der Lichtung. »Ich schätze, es sind ungefähr fünfzig Meter«, sagte sie. »Aus fünfzig Metern Entfernung hört man so einiges.«
    »Ja«, stimmte Jordan zu, »und in der Zeit, die man braucht, um fünfzig Meter zu gehen, kann man auch nicht viel machen.« Er griff nach den Knöpfen seiner Hose, und Selena trat einen Schritt zurück. »Mach dir keine Hoffnungen; ich will nur mal was ausprobieren. Geh ganz langsam los.«
    Selena sah ihn mißtrauisch an. »Was hast du vor?«
    »Eine Vergewaltigung simulieren.«
    Sie blickte auf seine Hose, dann auf seine Hand. »Allein?«
    » Simulieren «, wiederholte Jordan. »Nicht stimulieren .«
    Selena ging los, sehr viel langsamer, als ein junges Mädchen gehen würde, erst recht, wenn es möglichst schnell zu Hause sein wollte, bevor seine Eltern merkten, daß es nicht da war. Einmal blieb sie stehen, um sich einen Stein aus dem Schuh zu schütteln, und ein zweites Mal, um eine Kröte zu betrachten, die mit schwarzen Knopfaugen zu ihr hochschaute. Dann war sie am Waldrand. »Ich bin da.«
    »Schon?«
    »Wenn ich langsamer gegangen wäre, hätte ich Moos angesetzt.«
    »Siebenundachtzig Sekunden«, sagte Jordan, als er bei ihr war.
    »Gillian hat gesagt, die Vergewaltigung hätte fünf Minuten gedauert. Doch als sie ihre Freundinnen einholte, waren die nur knapp fünfzig Meter entfernt.«
    »Und wenn sie so langsam gegangen wären –«
    »– dann hätten sie einen Kampf hören müssen«, beendete Selena den Satz.
    Jordan wandte sich ihr zu. »Vorausgesetzt«, sagte er, »es hat überhaupt ein Kampf stattgefunden.«

Juni 2000
Salem Falls,
New Hampshire
    Nach dem Mittagsansturm und vor dem Andrang am Abend mußte Delilah sich übergeben. Sie saß an dem kleinen Tisch in der Küche, ein feuchtes Geschirrtuch gegen die Stirn gedrückt. »Roy, sie hat hohes Fieber«, sagte Darla.
    »Mir geht’s gut. Mir wird bloß übel, wenn ich Muschelsuppe koche.«
    Roy verschränkte die Arme vor der Brust. »Du hast Hackbraten gemacht.«
    Delilahs tränende, rotgeränderte Augen richteten sich auf Roy, und sie brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Dann bin ich wohl krank, Boß«, sagte sie leise.
    Er ging neben ihr in die Hocke. »Jetzt mach ich mir aber wirklich Sorgen. Die Delilah, die ich kenne, würde das nie im Leben zugeben.«
    Delilah stützte ihren schweren Kopf auf die Hände. »Vielleicht fühle ich mich in einem anderen Leben gut genug, um darüber zu diskutieren.«
    »Du hast dir eine Sommergrippe eingefangen«, sagte Darla und fügte mit Blick auf Roy hinzu: »Ich hoffe nur, sie hat heute morgen nicht alle Gäste angesteckt.«
    Roy musterte skeptisch ihre massige Gestalt. »Ich könnte sie hoch zu mir tragen …«
    »Nein, ihr Sohn kommt sie abholen. Ich hab ihn angerufen.« Darla zwinkerte ihm zu. »Also, was machen wir jetzt?«
    »Roy springt für mich ein, nicht wahr, Roy?« sagte Delilah. »Sonst können wir den Laden nämlich dichtmachen … und das würde Addie glatt umbringen.«
    »Das kann ich nicht«, flüsterte er. »Du weißt, warum.«
    Delilah zuckte die Achseln. »Manchmal haben wir keine Wahl und müssen hinnehmen, was das Leben uns beschert. Und jetzt beschert das Leben dir einen Kochlöffel.«
    Im selben Augenblick kam Delilahs Sohn in die Küche. Er arbeitete in einem Sägewerk und war mindestens so groß und imposant wie seine Mutter. Sie ließ sich von ihm aufhelfen. »Ihr kommt schon ohne mich klar«, sagte sie und ging.
    Roy warf einen Blick auf die schwarze Grillplatte. Richtig kochen würde er ja gar nicht. Er würde bloß zu Ende bringen, was Delilah angefangen hatte.
    Ganz langsam bewegte er sich auf die Seite der Küche zu, wo gekocht wurde. Er ertastete die Rillen auf dem Schneidebrett, in das fast zwanzig Jahre lang Messer ihre

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