Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
hat das auch Nachteile - seine Launen, gnädige Frau. Die Lakaien beginnen bereits, ihn wieder zu fürchten.“
Damit hatte er zum ersten Mal etwas Nachteiliges über den Baron fallen lassen, woraus ich schloss, dass auch er unter dessen Verhalten zu leiden hatte. Ich wartete noch ein wenig, ehe ich ihm sagte, dass ich mir das Haus ohnedies erst von innen betrachten müsse, bevor ich mich zum Kauf entschließe, und wer weiß, welche Mängel ich dann entdecke. Darauf veränderte sich sein Ausdruck, augenscheinlich bereitete es ihm Behagen, dem Baron das soeben Vernommene ausrichten zu können, und er versprach, mir morgen für meine Besichtigung den Schlüsselbund zu bringen.
D as Fachwerkhaus wirkte von innen noch anheimelnder als von außen, auch wenn die Wände zwischen den braunen Holzbalken nach einem neuen Anstrich weinten. Im Parterre wie im ersten Stock befanden sich je vier Räume, durch deren Fensterscheiben helles Licht einfiel.
Ich spielte seit einiger Zeit mit einer Idee, auf die mich unbeabsichtigt unser Küchenjunge Raul Sauer gebracht hatte. Sein Vater brachte als Hauer kaum Lohn nach Hause, die Familie gehörte zu den Dorfarmen. Rauls Eltern waren noch jung, Anfang dreißig schätzte ich, und als Raul sie mir kürzlich vorgestellt hatte, war mir aufgefallen, dass sie aufgeweckte, angenehme Menschen waren, ebenso wie Raul selbst und dessen jüngere Schwester Lore. All dies hatte mich auf den Gedanken gebracht, diese Familie in mein künftiges Haus aufzunehmen, wo sie mietfrei das Erdgeschoß bewohnen könnten, und gegen eine gute Entlohnung könnte Frau Sauer die Reinhaltung des Hauses, einschließlich meiner Wohnräume, übernehmen. So hatte ich mir das ausgedacht, doch vorschlagen würde ich es ihnen erst, wenn der Hauskauf beschlossen sein sollte.
Wie ich mich nun in dem großen Garten umsah, überraschte es mich, dass er noch malerischer war, als man von der Straße her erkennen konnte. Alleine wegen der gluckernden und gurgelnden Lorunda, die sich, vom Gutsgelände herkommend, auch hier durch ihren Weg bahnte, und an der beschaulichsten Stelle ihres Ufers war unter einer Erle eine kunstvoll beschnitzte Bank aufgestellt. Ich war mir sicher, dass die Gärtner des Gutes diesen Garten auch noch pflegen würden, wenn er in meinem Besitz stünde, wie könnten sie auch anders. Am liebsten wollte ich das Grundstück umgehend kaufen, selbst für neunzehnhundert Mark. Doch damit würde ich Ritter von Erlenrode wie auch Herrn von Kahl, die sich beide so tapfer für mich einsetzten, enttäuschen.
S eit dem kurzen Gespräch mit Ritter von Erlenode, nahm ich Frowin morgens wieder mit in den Küchengarten. Ich wollte damit ein neuerliches Gespräch mit dem jungen Herrn verhindern, damit ich nicht ein zweites Mal vor seinen Augen meine Fassung verliere. Außerdem musste ich ihn mir aus dem Kopf schlagen, da er mir mehr bedeutete, als ich mir vordem eingestanden hatte, denn jedesmal, wenn ich ihn irgendwo entdeckte, vollführte mein Herzschlag Galoppsprünge. Ich verstand meine eigenen Gefühle nicht und hielt mein Betragen für unverantwortlich.
Inzwischen waren unsere Küchenjungen so gut eingearbeitet, dass ich jedem Koch und auch mir selbst nunmehr ein über den anderen Nachmittag frei geben konnte, wie das in jeder Großküche üblich war. Seitdem nutzte ich meine freien Nachmittage, um Elgrin zu besuchen, die seit kurzem in Frau Scholls Apotheke ausgebildet wurde. Oder ich ritt zu Marlis und Jörg. Wobei ich Marlis meist Arzneien gegen ihre morgendliche Übelkeit und zur Stärkung ihres Bäuchleins mitbrachte, denn die Überglückliche war mit ihren neunundzwanzig Jahren endlich guter Hoffnung.
Bei diesen Gelegenheiten halfen mir Marlis und Jörg in Blankenburg, die Einrichtung für mein neues Haus auszuwählen. Einige Möbel- und Wäschestücke zahlte ich auch schon an, um sie mir zu sichern, und ließ sie in den jeweiligen Geschäften lagern. Obgleich der Baron von seiner hohen Preisvorstellung nicht ablassen wollte. Herr von Kahl hatte ihn darauf hingewiesen, dass das Haus inwendig für teures Geld renoviert werden müsse, und bei seiner Beschreibung über den Zustand der Innenwände hatte er ungeniert übertrieben. Auch Ritter von Erlenrode redete sich, nach Herrn von Kahls Schilderung, bei seinem Vater fast die Zunge wund, um ihn davon zu überzeugen, dass es unchristlich sei, einer alleinstehenden Frau und zudem Angestellten seines Gutes, einen Wucherpreis abzuverlangen.
Doch der Baron blieb
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