Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
bedenken war. Außerdem war bald Mittagszeit, und diesmal schmeckte ich die Vor-, Haupt- und Nachspeisen besonders fein ab, der ritterliche Gast soll bestens bewirtet werden.
Später in meiner Stube, heute war mein freier Nachmittag, kleidete ich mich für einen prüfenden Rundgang durch das Gutshaus, verbunden mit einigen Anweisungen an das Hauspersonal, um. Als ich aber in meinem goldgelben Frühlingskleid und mit nur locker aufgestecktem Haar aus der Haustür trat, erwartete mich dort der Lakai Werner, um mir auszurichten, im Empfangssalon wolle sich mir unser Gast vorstellen. Ich bedankte mich für die Nachricht, und auf dem Weg zum Gutsgelände warf ich mir, der Vertreterin der jungen Herrin, meine Nachlässigkeit vor, nicht meinerseits ein Bekanntwerden mit unserem Besucher arrangiert zu haben.
Als ich nun den Empfangssalon betrat, erhob sich der maigrün Gekleidete aus seinem Sessel und trat mir mit zögerlichen Schritten entgegen. Doch je näher wir uns kamen, desto mehr drängte es mich, nach rückwärts zu entweichen - ein Trugbild? Der Ritter war von schlanker Gestalt, einen halben Kopf größer als ich, und er hatte messingblondes Haar - Raimund! Es war Raimund!
Jetzt standen wir uns gegenüber, blickten uns ungläubig an, bis er fragte: „Tora von Tornle?“
„Ja“, bestätigte ich . , und dann wispernd: „Raimund.“
„Ich habe es kaum zu glauben gewagt, aber du bist es tatsächlich.“
„Ach so“, stotterte ich, zitternd vor Erregung „früher, ja, damals halt, da habe ich ja noch ziemlich anders ausgesehen im Gesicht. Und, und dann auch das helle Haar damals.“
Er unterbrach mich mit einem unendlich lieben Blick: „Tora, du Einzige“, seine Augen wurden feucht, „meine Einzige. Ich habe dich all die Jahre gesucht, Tora. Und dich hat es hierher, genau hierher auf dieses Gut gezogen.“
„Ja, aber - bist du denn meinetwegen hier?“
Bevor er antwortete tupfte er sich mit dem Ärmelzipfel die Augenwinkel trocken: „Überwiegend deinetwegen, ja, meine Liebe. Aber mich interessiert auch das Befinden des Gutsherrn.“
Er führte mich an einen Zweiertisch, wo wir uns in die taubenblauen Sessel niederließen. Noch benommen von unserem unerwarteten Wiedersehen, reichte ich ihm über dem kleinen Nussbaumtisch meine Hände entgegen, die er sogleich umschloss. Ich musste fühlen, ob ich nicht träumte. - Nein, ich träumte nicht, ich spürte seine ureigene, nie vergessene Ausstrahlung, die von seinen Händen ausging. Für eine zeitlose Ewigkeit durchströmte uns stilles, helles Glück - nichts als Glück.
Schließlich unterbrach er behutsam die Stille: „Tora, Liebes, ich habe gehört, du bist Witwe.“
„Nein, Raimund“, stellte ich klar, während auch ich mir jetzt Freudentränen abtupfen musste, „ich werde hier nur für eine solche gehalten.“
„Ach so.“ Er lächelte mich unentwegt an, und ich ergoss meine nie für ihn versiegte Liebe in sein strahlendes Herz. Für einen kurzen, törichten Moment war ich froh, mein goldgelbes Kleid zu tragen, das mir so gut stand, wenngleich ich nicht vergessen hatte, dass ihm Äußerlichkeiten wenig bedeuteten.
„Du bist also hier als Klosterköchin beschäftigt, sicher erfüllt dich diese Tätigkeit“, hörte ich ihn nun sagen, was ich bestätigte:
„Ja, sehr. Mir gefällt es auf diesem Gut, ich fühle mich hier heimisch.“
Darauf wurde sein Ausdruck etwas ernster, er senkte einige Atemzüge lang seine Lider, sah dann wieder hoch und fragte mich mit tiefem Blick: „Tora, weißt du überhaupt, in wessen Dienst du hier stehst?“
Diese Frage verwirrte mich: „Sicher doch, im Dienst des Barons von Erlenrode. Du kennst ihn doch selbst, bist doch sein Gast.“
Ich fragte mich, weshalb er verlegen wurde und ungeschickt hervorbrachte: „Ich wollte nur wissen, ob du ihn je zu Gesicht bekommen hast, weil, naja, er gilt als ziemlich grantig.“
„Heute ist er weichherzig, denn ich habe durch spezielle Kost seine Brust von einem Eisenpanzer befreien können. Nur der Kummer um seine verstorbene Gemahlin hatte ihn so hart werden lassen.“
Zunächst verwundert über diese Aussage, klärte er mich dann auf: „Tora, seine Gemahlin lebt, sie hat sich nur getrennt von ihm.“
„Sie lebt? Oh. Dann habe ich das falsch verstanden. - Aber jetzt sag, Raimund, wieso hast du hier nach mir gefragt, wie hast du wissen können, dass ich auf diesem Gut zu finden bin?“
„Wissen nicht, aber aus guten Gründen hoffen können.“
Da wir nun zum zweiten Mal von einem
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